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Sarg-Legenden

Sarg-Legenden

Titel: Sarg-Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Man hat ihn dann begraben.«
    »Waren Sie dabei?«
    »Nein, ich war noch zu jung damals. Ich habe es mir nur erzählen lassen.«
    »Man hat sich also im Ort damit abgefunden, daß der Kilrain-Clan noch irgendwie lebt.«
    »Wir sprachen nicht darüber.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht!« sagte ich. »Gerade über diese Dinge wird geredet. Die Menschen sprechen gern über Vorgänge, die sie nicht begreifen. Es bilden sich dann immer wieder Geschichten und Legenden. Das ist eben so. Ich kann mir nicht vorstellen, daß in Trimball geschwiegen wird.«
    Der Gefesselte zuckte mit den Schultern.
    »Was redet man hinter der Hand? Als was sieht man die toten Kilrains an?«
    »Sie sind eben mehr als Menschen. Sie sind welche, die nicht sterben können.«
    »Lebende Leichen? Zombies?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Vampire?« fragte Sheila.
    »Nein, glaube ich nicht. Wir haben noch keinen gesehen, der aus seinem Sarg gekommen ist. Das tun Vampire doch – oder?«
    »Hin und wieder schon«, sagte ich und fragte dann: »Gibt es bei Ihnen auch einen normalen Friedhof? Auf dem die Menschen liegen, die in Trimball sterben?«
    »Den gibt es.«
    »Da passiert aber nichts?« fragte ich. »Da sind keine Geisterstimmen zu hören?«
    »Nein, nur bei den Kilrains.«
    »Ab heute haben wir Vollmond«, sagte Sheila leise. »Schau aus dem Fenster. Da kannst du ihn schon sehen.«
    Er stand tatsächlich wie gemalt am Himmel. Ein bleicher Kreis, der zudem noch bläulich schimmerte. In seiner Farbe glich er für mich der kalten Haut einer Leiche.
    »Richtig fröhlich können die Menschen in Trimball aber nicht sein«, sagte Sheila.
    »Ich weiß es nicht. Bei Vollmond haben sie alle Angst. Da geht keiner zum Friedhof. Niemand will die Stimmen hören. Sie sind einfach zu schrecklich.«
    »Gab es Tote?« fragte ich.
    »Wieso?«
    »Ist jemand aus dem Ort durch die Toten vielleicht umgebracht worden?«
    »Nein. Nicht daß ich wüßte. Aber alle fürchten sich, und wir wollen unter uns bleiben.«
    »Dafür schrecken Sie auch vor Gewalt nicht zurück, wie ich sehen konnte.«
    »Ich wollte die Frau nicht töten.«
    »Das will ich Ihnen mal glauben.«
    »Ich wollte nur, daß sich Conolly und der Fotograf zurückziehen.«
    »Und wer hat Ihnen den Auftrag erteilt?« hakte ich nach. »Oder taten Sie es aus freien Stücken?«
    »Nein. Man hat mich geschickt.«
    »Wer?«
    »Unser Bürgermeister.«
    »Aha. Was sagt eigentlich der Pfarrer dazu?«
    »Wir haben keinen.«
    »Oh…«
    »Er ist vor einigen Jahren gestorben. Wir haben keinen neuen bekommen. Wer in die Kirche will, der fährt in den Nachbarort. Wir sind ohne geistlichen Beistand.«
    »Und die Toten werden euch auch nicht helfen können«, sagte ich. »Gut, für mich ist das Thema erledigt.«
    »Was willst du tun, John?«
    »Bestimmt nicht hier in London bleiben. Es ist eine verdammt weite Strecke, aber ich fahre noch in der Nacht los, übernachte irgendwo und reise morgen früh weiter.«
    Buck O’Leary erschrak. »Sie wollen nach Trimball fahren?« flüsterte er heiser.
    »Es ist die einzige Chance. Außerdem unterhalte ich mich gern mit Toten.«
    Buck bekam eine Gänsehaut, das war deutlich zu sehen. Er traute sich erst nach einigen Sekunden zu fragen, was mit ihm passieren würde.
    »Sie bleiben hier in London. Die Kollegen werden Sie abholen und für ein paar Tage bei sich behalten. Ich werde das regeln…«
    Er begehrte auf. »Sie haben versprochen…«
    »Mein Versprechen halte ich auch, O’Leary. Ich werde nicht dafür sorgen, daß Sie auf die Anklagebank kommen. Doch einen kleinen Denkzettel müssen Sie einfach erhalten. Tut mir leid. Außerdem kann es für Sie besser sein, wenn Sie aus der Schußlinie sind.«
    Er sagte nichts mehr. Wahrscheinlich hatte er eingesehen, daß es nichts brachte, wenn er den Mund aufmachte.
    Sheila und ich verließen das Gästezimmer. Als wir außer Hörweite waren, fragte sie: »Und du willst wirklich gleich nach Trimball fahren, John?«
    »Das war kein Bluff.«
    Sheila schaute zu Boden. »Du gehst wahrscheinlich davon aus, daß es schon ziemlich brennt.«
    »Ja.« Ich griff nach dem Telefonhörer, wählte aber noch nicht. »Außerdem denke ich, daß dein Mann und mein Freund eine gute Unterstützung gebrauchen kann.«
    »Was hältst du überhaupt davon?«
    Ich legte den Hörer wieder auf. »Das weiß ich nicht. Tote, die in der Erde liegen und flüstern. Was sind sie? Ghouls? Sind es normale Zombies? Vielleicht auch Vampire? Es kann alles sein, Sheila. Doch eines steht

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