Sarg niemals nie
doch nicht!«, rief Percy. »Ich schwöre, ich wusste es nicht!«
»Aus welchem anderen Grund sollte sie sonst Dokumente fälschen?«, fragte ich. »So etwas hängt man sich doch nicht an die Wand, um es Besuchern zu zeigen.«
»Man könnte sie als Zielscheiben benutzen und mit Büchern danach werfen«, schlug John fröhlich vor.
»Sie ist nicht lange genug geblieben, um mich in ihre Pläne einzuweihen«, erklärte Percy. »Sie zeigte mir ein Übungsdokument, nahm das andere wieder mit und kehrte noch am gleichen Tag nach Bath zurück. Erst als sie gestern eintraf und mir erzählte, Mister Beard sei tot, wurde mir klar, was sie plante.«
Ich erstarrte. »Was meinen Sie mit dem anderen Übungsdokument?«
»Sie hatte noch ein weiteres Ihrer Dokumente dabei … Es ging dabei wohl um Schweine. Das hat sie mit nach Hause genommen. Ist das wichtig?«
Ich ließ Percy los und taumelte entsetzt zurück.
»Schon wieder betrogen! Doppelt betrogen!«
»Ist es inzwischen nicht schon dreifacher Betrug?«, wollte John wissen.
»Sie hat Sie vor drei Wochen um falsche Papiere gebeten, weil sie wusste, dass ich das Geld nicht selbst abholen konnte. Und warum war ich dazu nicht in der Lage?«
»Weil du im Gefängnis gesessen hast.« John fand offenbar großen Gefallen an der Intrige.
»Und warum saß ich im Gefängnis?«
»Weil du …« John unterbrach sich, der erhobene Zeigefinger verharrte in der Luft. »Oh, das hast du mir noch nicht verraten! Vermutlich war es der eifersüchtige Vater der jungen Dame oder sonst jemand aus ihrer Familie.«
»Nein, er war nicht eifersüchtig, sondern aufmerksam.« Ich wies auf Percy. »Ihr Vater hat vor etwas mehr als zwei Wochen eines meiner Übungsdokumente in der Bank gefunden. Ihre unvorstellbar gemeine Schwester, Percy, ließ es absichtlich dort liegen, damit ich verhaftet werde. Diese hinterhältige Dämonin!«
»Das musst gerade du sagen«, entgegnete John und lehnte sich an einen Sarg. »Immerhin bist du ein Vampir.«
»Sie sind ein Vampir?«, kreischte Percy.
»Natürlich bin ich kein Vampir, und ich wäre dir dankbar, wenn du das nicht immer wieder behaupten würdest, John.«
»Er verstellt sich nur«, erklärte John dem jungen Mann. »Er hatte es gerade mit einem Vampirjäger zu tun. Das war eine brenzlige Situation, wie Sie sich sicher vorstellen können.«
»Ein Vampir«, stieß Percy entsetzt und erstaunt zugleich hervor. »Als ich die Geschichte hörte, hielt ich sie für eine Übertreibung.«
»Welche Geschichte?«
»Wissen Sie das nicht? Sie sind aus dem Grab auferstanden und haben sich einem Vampirzirkel angeschlossen. Ein Totengräber in Bath schwört, er habe alles genau beobachtet.«
»Gustav.« Ich rieb mir seufzend die Schläfen. »Das hat mir gerade noch gefehlt.«
»Wahrscheinlich hat Inspector Herring deshalb nach dir gesucht«, meinte John.
»Ja, aber die Wachtmeister werden das gewiss durchschauen«, sagte ich. »Sie werden erkennen, dass ich die Sache nur inszeniert habe, und nach mir suchen.«
»Vampire.« Percy war noch immer fassungslos. »Gab es dort tatsächlich einen Zirkel von Vampiren?« Ängstlich wich er einen Schritt zurück. »Haben Sie sich denen wirklich angeschlossen?«
»Er ist im Grunde sogar der Anführer«, erklärte John.
»Würdest du bitte damit aufhören?«, rief ich. »Ich bin kein Anführer irgendwelcher Zirkel.«
»Und ich dachte die ganze Zeit, er habe nur Ihre Leiche gestohlen«, sagte Percy.
»Der Totengräber?«, fragte ich.
»Nein, der Ghul von Bath. So nennt man ihn. Seit mehr als einer Woche stiehlt er Leichen und Körperteile. Sie müssen doch davon gehört haben.«
»Hauptwachtmeister Barrow erwähnte etwas in der Richtung, aber ich saß zwei Wochen lang im Gefängnis, und später lag ich im Sarg. Und so kamen mir nicht allzu viele Gerüchte aus dem Ort zu Ohren.«
»Mir scheint, dass ein Sarg der beste Platz überhaupt ist, um etwas über einen Ghul herauszufinden«, überlegte John. »Früher oder später wirst du ihm begegnen.«
»Ja, aber bisher ist es offenbar noch nicht dazu gekommen.«
»Alle anderen haben das aber geglaubt«, berichtete Percy. »Niemand hat die Vampirgeschichte für wahr gehalten. Wer glaubt denn so etwas? Wir dachten, der Ghul habe Sie geholt. Wenn ich denen erzähle, dass die Vampirversion der Wahrheit entspricht …«
»Ich bin kein Vampir!«
Jemand klopfte höflich an die Tür.
»Sind Sie da drinnen fertig?«, fragte der Bestatter gedehnt.
»Beinahe!«, rief John zurück
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