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Sarg niemals nie

Sarg niemals nie

Titel: Sarg niemals nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Nieren, die mir bisher untergekommen sind.«
    »Sie waren gar nicht hier? Aber der Totengräber sagte doch, er habe Sie beobachtet.«
    »Hat er mich gesehen, oder hat er eine dunkle Gestalt in der Nacht gesehen? Die Leute verwechseln mich andauernd.«
    »Wie viele Grabräuber gibt es denn wohl? Normale Leute tun so was nicht.«
    »Sie schon.«
    »Wenn ich jemals normal war, dann kann ich mich nicht an die Zeiten erinnern, als … hören Sie, es ist eine sehr komplizierte Angelegenheit, die ich selbst kaum verstehe. Ich versuche, eine Leiche zu finden, weil ich das Geld benötige, aber ich werde von Vampiren verfolgt, und halb England ist aus verschiedenen Gründen hinter mir her. Mit John hier ist rein gar nichts anzufangen, und Sie bitten mich jetzt, einer Frau den Kopf abzusägen. Das wird mir alles ein bisschen zu viel.«
    »Still!«
    »Außerdem sind wir hergekommen, um Sie zu finden, weil Sie den Körper gestohlen haben, aber Sie sagen, Sie hätten ihn überhaupt nicht weggenommen, was ich auch gut verstehen kann, weil ich mir nicht vorzustellen vermag, dass jemand den Diebstahl einer Leiche zugibt …«
    »Seien Sie still!«, zischte Mary, und ich verstummte. Sie legte den Kopf schief und lauschte.
    »Was ist denn los?«
    »Stimmen«, sagte sie. »Und Fackeln.«
    Ich blickte in die Richtung, in die sie deutete, und bemerkte tatsächlich auf der Straße ein Murmeln und den orangefarbenen Widerschein von Fackeln.
    »Die ganze Stadt ist unterwegs!« Mary warf ihren Sack in das offene Grab und sah sich aufgeregt um. »Warum kommen die her? Sie ist ertrunken, weiter nichts. Ich schwöre, dass ich nichts damit zu tun hatte.«
    »Wer ist ertrunken?«
    »Niemand.«
    Sie fuhr herum und suchte nach einem Ausweg. »Sie haben schon fast das Tor erreicht, und die Mauern sind zu hoch für mich.«
    »Es ist wirklich schön, dass die Leute zur Abwechslung einmal jemand anderen verfolgen«, sagte ich, um ihr gehörig Angst einzujagen. »Ich frage mich, was sie mit dem Ghul von Bath anstellen, wenn sie ihn endlich geschnappt haben. Beziehungsweise sie , wie es inzwischen aussieht.«
    »Wenn Sie mir aus der Klemme helfen, zeige ich Ihnen die ganze Sammlung«, flehte Mary. »Nieren, Beine, Gehirne, alles.«
    »Und wenn ich Harry finde, darf ich ihn dann mitnehmen?«
    »Was immer Sie wollen. Sie können sogar einen zusätzlichen Kopf für ihn bekommen, ich habe mehr als genug.«
    »Abgemacht! Aber wie kommen wir hier heraus?«
    »Helfen Sie mir über die Mauer!«
    »Sie sagten doch, sie sei zu hoch.«
    »Nicht, wenn ich mich auf Sie stelle.«
    »Und dann ziehen Sie mich hinterher?«
    »Wenn ich es schaffe.«
    »Sie müssen sich schon bemühen, denn ich will wirklich nicht gepfählt werden.«
    »Oder gehängt.«
    »Sie können mir glauben, die werden einen Pflock benutzen«, versicherte ich ihr.
    Wir eilten zwischen den Grabsteinen und Statuen hindurch zur anderen Seite des Friedhofs. Vor einer kleinen Mauer mit einem hohen gusseisernen Gitter obenauf blieben wir stehen. Die Zwischenräume zwischen den Stäben waren zu eng, als dass wir uns hätten hindurchzwängen können, und es gab keine Möglichkeit, sich festzuhalten und hinaufzuklettern. Ichstellte mich mit dem Rücken zu den Stäben und faltete die Hände, Mary trat hinein und stieg auf meine Schultern.
    »Jetzt schaffe ich es nach oben!«, rief sie. »Aber wie geht es dann weiter?«
    »Packen Sie einfach zu«, schlug ich vor. »Ich schiebe Sie dann hinüber.« In diesem Moment erinnerte ich mich an John, der neben den offenen Särgen verklärt ins Gras gesunken war. »Verdammt! Können Sie sich festhalten?«
    »Ja, aber ich weiß nicht, wie ich …«
    »Bin gleich wieder da!«, rief ich und ließ ihre Beine los, um zum offenen Grab zurückzulaufen. Mary schrie hinter mir her. In der Nacht war ihre Stimme meilenweit zu hören, und die anrückende Meute verstummte jäh. Ich fluchte halblaut und eilte auf John zu.
    »Komm schon!«, rief ich mit unterdrückter Stimme. »Da rückt eine wütende Menge mit Fackeln und Mistgabeln und … und anderen hässlichen Gerätschafen an. Bemüh deine Phantasie und stell sie dir vor.«
    »Hast du den Schrei gehört, der sich gerade meiner Seele entrang?«, fragte John wehmütig. »Er war ein Ausdruck reiner Einsamkeit und eines gebrochenen Herzens.«
    »Das war der Schrei eines Mädchens, das an einem Gitter hängt«, klärte ich ihn auf. »Wir müssen von hier verschwinden, ehe eine Horde wütender Dorfbewohner anrückt und dich hängt, weil

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