Sarg niemals nie
Bath.«
»Wenn du aus Bath stammst«, sagte ein anderer in der Menge, »dann ist dies die Erde deiner Heimat. Vampir!«
Die Menge nahm den Ruf auf und schwenkte die Fackeln. »Vampir!«, riefen alle.
»Nein!«, schrie ich. »Nein, wartet! Lasst mich von vorn anfangen.« Die Menge verstummte, und ich erzählte so verständlich wie möglich meine Geschichte. »Ähm … ihr müsst wissen, dass ich hier in Bath gelebt und niemals jemandem etwas zuleide getan habe, aber auf einmal war ich …« Ich hielt inne und überlegte, wie ich fortfahren sollte, ohne Einzelheiten über meine Verhaftung oder meine Pläne in der Bank zu verraten. Ich konnte ja schlecht zugeben, dass ich ein Verbrecher war. »Wie dem auch sei, jedenfalls ging ich weg und wurde von fünf Männern aufgehalten, die …« Abermals stockte ich und war unsicher, wie viele Einzelheiten meiner unverhofften Erlebnisse mit den Vampiren ich verraten durfte. Sicher nicht alle, dachte ich. »Nun ja, jedenfalls bin ich nach London gefahren und habe dort eine Bank aufgesucht, aber man sagte mir … ähm … ich kann es eigentlich nicht wiederholen. Also, ich suchte in London ein Bestattungsinstitut auf, nahm diesen Sarg mit und … nein, das klingt auch nicht gut, nicht wahr? Der Sarg ist nicht für mich bestimmt. Und dann bin ich hergekommen und stieß auf … aber dann seid ihr … also habe ich mich im Sarg versteckt, und so habt ihr mich gefunden. Ja, ihr habt mich gefunden, und ich bin ganz sicher kein Vampir, es war offensichtlich nur ein Missverständnis, und nun kehren wir alle wieder nach Hause zurück.«
»Du hast dabei mich ausgelassen.« Gwendolyn drängte sich nach vorn.
»Darüber sollten wir ihnen lieber nichts erzählen.« Ich winkte ihr, leise zu sein, und beugte mich vor. »Damit würdest schließlich auch du belastet.«
»Das meinte ich nicht«, gab sie flüsternd zurück. Dann wandte sie sich an die Menge und hob die Stimme. »DieserMann, der hier so nachdrücklich seine Unschuld beteuert, hat noch gestern Abend meine Gedanken beeinflusst.«
»Ich habe deine Gedanken beeinflusst?«
»Mit deinen übernatürlichen Kräften.«
»Mit meinen übernatürlichen Kräften?«
»Warum wiederholen Sie alles, was sie sagt?«, wollte ein Mann wissen, der ganz vorn stand.
»Wie könnte ich deine Gedanken mit übernatürlichen Kräften beeinflussen, wenn ich gar keine solchen Kräfte habe?«
»Wenn du keine hast, wie hast du dann meine Gedanken beeinflusst?«
»Das habe ich nicht getan.«
»Du wagst es zu leugnen?«
»Dann nenn doch nur ein Beispiel! Was habe ich dir zu tun befohlen?«
»Da, genau das war es – du hast mir befohlen, etwas zu benennen.«
»Aber du stehst nicht unter meiner Gewalt.«
»Warum habe ich dann geantwortet?«
Fassungslos starrte ich Gwen an und schüttelte den Kopf. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich ein Vampir bin, oder? Ich meine, du kannst doch nicht annehmen, ich schliche nachts durch finstere Gassen und tränke das Blut der Unschuldigen, die ich dort überfalle. Ich bin es – Frederick! Du kennst mich seit Jahren. Vor drei Wochen waren wir noch verlobt.«
»Ach, wärst du doch kein Vampir, Frederick! Ich würde es mir so sehr wünschen, wirklich. Wenn du tot wärst, dann wäre alles viel einfacher.«
»Was?«
»Du verstehst sicher meine Schwierigkeiten«, fuhr Gwen fort. Sie beugte sich vor und sprach ganz leise. »Damit mein Plan gelingt, müssen zwei Menschen tot sein, und einer davon bist du. Mister Beard war wenigstens so vernünftig, tot zu bleiben. Er zieht nicht wie du durch ganz England, um mir mein Geld wegzunehmen.«
»Ich kann ihn übrigens nirgends entdecken, und das ist der springende Punkt«, erwiderte ich. »Es ist unerheblich, wie tot er ist, solange du keine Leiche hast, um es zu beweisen.«
»Gwendolyn!«, rief Herring. Er drängte sich zwischen uns und zog sie weg. »Geben Sie nicht nach! Er versucht schon wieder, Ihre Gedanken zu beeinflussen!«
Gwendolyn sah ihn kurz an, als wüsste sie nicht, was er da redete, doch dann riss sie die Augen auf und stöhnte kummervoll.
»Nein!«, rief sie und sank in Herrings Arme. »Lass mich in Ruhe!«
»Was tust du da?«, fragte ich.
»Ich spüre ihn im Kopf«, fuhr sie melodramatisch fort, hob einen Arm zur Stirn und taumelte rückwärts, als gäben ihre Beine nach. »Er will mich zwingen, etwas Böses zu tun. Ich soll mich dem Heer der Finsternis anschließen.«
»Ich habe kein Heer der Finsternis«, protestierte ich und wünschte fast,
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