Sarg niemals nie
es wäre doch so.
»Hinaus, Dämon, ich …« Sie hielt inne. »Oh, ich habe ihn vertrieben und bin wieder frei!«
»Gut gemacht, schöne Dame.« Herring hob den Pflock. »Aber nun müssen wir dieses böse Wesen vernichten.«
»Wartet!«, rief ich, während ich fieberhaft nachdachte. »Ihr könnt doch nicht … ich meine, das ist …«
»Vielleicht hat er ja recht«, sagte jemand in der Menge.
»Danke.« Ich suchte nach dem Sprecher. »Es ist gut, endlich eine vernünftige Stimme zu hören …«
»Immerhin ist Mitternacht«, fuhr er fort, »und wir befinden uns auf einem Friedhof. Er besitzt mehr Macht denn je. Wahrscheinlich kann ihm deshalb unser Knoblauch nichts anhaben. Bis zur Morgendämmerung richten wir nichts gegen ihn aus.«
»Nein, das meint er nicht«, erklärte ich der Menge. »Er wollte sagen, dass ich unschuldig bin und dass es falsch wäre, mich zu töten …«
»Wenn er nun versucht, uns zu essen?«, rief eine verängstigte Stimme.
»Oder wenn er unsere Gedanken beeinflusst wie die der Lady?«, fragte jemand.
»Sie hat doch nur so getan«, protestierte ich, doch die Menge übertönte mich. »Sie hat es nur gespielt.«
»Wenn er sich nun in einen Wolf verwandelt?«, rief einer. »Oder in eine Fledermaus?«
»Oder wenn er die Toten auf dem Friedhof zum Leben erweckt und eine Legion der Verdammten erschafft?«
»Jetzt übertreibt ihr aber wirklich«, wandte ich ein. »Ich könnte doch keine Toten erwecken, selbst wenn ich …«
Ein lautes Krachen unterbrach mich, als Johns Sarg umkippte. Die Meute wich in Panik vor der Kiste zurück, viele schrien vor Entsetzen. John setzte sich aufrecht, er schien vor Verzweiflung völlig benommen und seufzte schwer.
»Jawohl, Frederick.« Er blickte mich an. »Ich folge dir.«
»O nein«, stöhnte ich.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Herring, der es inzwischen selbst mit der Angst zu tun bekam. »Welche Teufelei hast du nun wieder ausgeheckt, Vampir?«
»Was redet er da?«, fragte John, während er aufstand und sich umsah. »Wer sind alle diese Leute, und was wollen sie mit den ganzen Geräten? Sind es Zigeuner?«
»Das ist eine wilde Meute, John«, erklärte ich ihm, »und man hält dich für einen auferstandenen Toten.«
»Das ist nun wirklich sehr weit hergeholt, findest du nicht auch?«, wandte er ein.
»Tja, die Leute haben gerade gesehen, wie du neben einem offenen Grab aus einem Sarg geklettert bist.«
»Nein, nein, nein.« John ging auf Herring zu. »Ich erkläre es Ihnen. Ich kann kein auferstandener Toter sein, weil ich gar nicht tot war, verstehen Sie?«
»Sie waren nicht tot?«
»Keineswegs«, versicherte John ihm.
»Tja«, sagte Herring, »das ändert natürlich alles.«
»Was?«, rief ich. »Sie glauben ihm so einfach?«
»Natürlich ändert es alles«, fuhr John fort. »Nur weil ich in einem Sarg lag, kann man noch lange nicht behaupten, ich sei ein Zombie. Es gibt einen wirklich guten Grund dafür, dass ich in dem Sarg lag.«
»Wirklich?« Herring kratzte sich am Kinn. »Nun, in diesem Fall sind Sie wohl kein auferstandener Toter. Tut mir leid.«
»Was?«, rief ich und stampfte hinüber. »Wie kommt es, dass alle sofort annehmen, ich sei ein Vampir, wenn ich aus einem Sarg steige, obwohl alles dagegen spricht, während Sie bei John sofort sagen: Tut mir leid … und alles ist wieder gut?«
»Wie es scheint«, sagte John, »haben wir es mit zwei unterschiedlichen Fällen zu tun. Ich bin ganz sicher kein auferstandener Toter, während du offensichtlich ein Vampir bist.«
»Offensichtlich? Was ist daran so offensichtlich? Ich habe nicht mal Reißzähne.«
»Weißt du …«, fuhr John fort. Er suchte nach den richtigen Worten. »Der Vampirismus hat … es ist wie das Charisma. Man hat es, oder man hat es nicht.«
»Charisma.«
»Genau. Du bist einer der glücklichen Menschen, die beides besitzen.«
»Vampirismus und Charisma«, bekräftigte Gwen.
»Jetzt reicht es mir!«, rief Herring. »Es ist an der Zeit, dich zu vernichten. Weder das Weihwasser noch das Kreuz konnten dir etwas anhaben, aber vielleicht hilft das hier.« Er zog den Mantel aus, zückte einen langen Strang mit Knoblauchknollen und hielt ihn mir vors Gesicht. »Weiche zurück, Dämon! Zurück in die Hölle, aus der du gekrochen bist!«
Ich atmete vor Schreck viel zu tief ein und hätte beinahe gewürgt, als mir der strenge Geruch in die Nase stieg. »Das ist schon ziemlich stark, aber wenn Sie glauben, das bringt mich um …«
»Nein, es bringt dich
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