Sarg niemals nie
haben mit dem anderen gesprochen.«
»War Beard ein Bestattungsunternehmer?«, fragte Mary. »Das erklärt natürlich sein Interesse an meinem Körper.«
»Wie widerlich!«, stieß Percy hervor.
»Ich rede nicht über Harry Beard«, sagte ich. »Ich rede über Archibald Beard.«
»Über denjenigen, der Gwen nicht hat«, kam mir John zu Hilfe.
»Was?«, erkundigte sich Percy noch einmal.
»Gwen ist jetzt bei Harry«, sagte Mary.
»Dann hat sie die Leiche gefunden?«, fragte Percy. »Warum benutzen wir einen falschen Toten, wenn wir den richtigen haben?«
»Sie hat ihn nicht gefunden«, widersprach ich. »Eigentlich war es eher andersherum.«
»Er hat uns gefunden«, bestätigte Mary.
»Was hat das zu bedeuten – er hat euch gefunden?« Percy war völlig verunsichert. »Ist das wieder eine Ihrer poetischen Umschreibungen? Ist er vor Ihnen vom Baum gefallen, und Sie drücken es beschönigend aus und sagen: Er hat uns gefunden ?«
»Welch fantastischer Einfall!«, rief John. »Ein Gedicht über einen Toten, der vom Baum fällt! Das ist gleichermaßen schauerlich wie naturalistisch.«
»Als ich sagte, er habe uns gefunden, meinte ich, dass er uns ständig gefolgt ist und unterwegs Leute ermordet hat«, erläuterte Mary. »In einem Leichenhaus hat er uns schließlich eingeholt.«
»Ich fürchte, das verstehe ich nicht«, gestand Percy ratlos.
»Das wollen Sie auch gar nicht«, erwiderte ich.
»Harry ist nicht so tot, wie bisher alle dachten«, hob John an. »Er ist nur gewissermaßen tot. Er ist das, was man als … untot bezeichnet.«
»Ist Harry ein Vampir geworden?« Percy riss die Augen auf.
»Ja«, bestätigte ich. »Deshalb haben wir keinen Sarg. Er wollte ihn zurückhaben.«
»Warum ist Gwen dann bei ihm?«, wollte Percy wissen.
»Sie lag in diesem Augenblick im Sarg«, berichtete John leichthin. »Wenn man es sich recht überlegt, ist das alles doch ganz einfach.«
»Gwen ist tot?«, schrie Percy. »Was haben Sie ihr angetan?«
»Sie war nicht tot«, widersprach Mary.
»Aber untot?«, fragte Percy. Seine Augen bekamen einen irren Glanz.
»Das dachte sie«, erklärte John, »aber sie war es nicht. Solche Fehler passieren eben, wenn man in einem Sarg aufwacht.«
»Lasst uns später über Gwen reden«, schlug ich vor. »Mister Gaddie kann jeden Augenblick hereinkommen. Ich wollte nur sagen, dass wir im Nu wieder draußensind, wenn Mister Gaddie die Angelegenheit ebenso rasch abschließen will wie Mister Beard …«
»Warten Sie – wie war das?«, unterbrach mich Percy.
»Mister Beard, der Bestatter«, sprang mir John bei. »Nicht Mister Beard der Vampir.«
»Archibald Beard«, ergänzte ich. »Nicht Harry.«
»Ich bezweifle, dass ich schon einmal das Vergnügen mit ihm hatte«, überlegte Mary.
»Aber Sie haben doch mit jemandem im Bestattungsinstitut geredet«, wandte ich ein.
»Spil… irgendwas«, bestätigte Mary. »Spilburn. Ein sehr dicker Mann, der ganz langsam spricht.«
»Sie meinen Spilsbury«, half ihr John. »Mit dem hatten wir auch zu tun.«
»Spilsbury ist tot«, erklärte Percy. »Ich habe die Leiche mit eigenen Augen gesehen.«
Mir blieb der Mund offen stehen.
»Da sagen Sie was«, überlegte ich, während ein übles Gefühl in mir aufstieg. »Spilsbury müsste eigentlich tot sein.«
»Blutleer«, fügte John hinzu. »Die Vampire.«
»Das war bestimmt derjenige, mit dem ich geredet habe«, beharrte Mary. »Sehr bleich und sehr verwirrt. Er wusste nicht recht, wo er war, konnte sich aber wenigstens erinnern, dass Sie drei den Toten mitgenommen haben, und dann sei noch ein anderer Besucher gekommen …«
»Harry!« Ich schnitt eine Grimasse. »Wie blind können vier Menschen eigentlich sein? Warum haben wir das nicht gleich erkannt?«
»Wir wussten doch schon, dass es Harry war«, wandte John ein. »Was regst du dich plötzlich so auf?«
»Vampire töten keine Menschen«, erklärte ich. »Sie rekrutieren Menschen. So wird man ein Vampir – man wird von einem Vampir gebissen.«
»Das heißt, der Bestattungsunternehmer Spilsbury ist jetzt ein …« John hielt inne und riss ebenfalls den Mund auf. »Ist dir klar, was das bedeutet?«
»Meine Vermieterin wird aufwachen!«, rief Mary. Sie war bleich vor Angst. »Ich bin mit der Miete im Rückstand. Und wie erkläre ich ihr die Sammlung im Keller?«
»Noch schlimmer«, ergänzte ich. Wir blickten zum Sarg. »Gustav.«
Als wir draußen vor der Tür laute Schritte vernahmen, zögerten wir keine Sekunde lang. Mary und
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