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Sarg niemals nie

Sarg niemals nie

Titel: Sarg niemals nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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ich.
    »Selbstverständlich komme ich«, erwiderte er brüsk. »Nach den Schwierigkeiten, die Sie uns bereitet haben, werde ich mich bei diesem Begräbnis doch vergewissern, dass alles korrekt abläuft. Um genau vier Uhr, und machen Sie keinen Ärger mehr! Komm mit, Percy!« Zielstrebig schritt Mister Gaddie zur Tür. Hilflos lächelnd hoppelte Percy hinterdrein.
    »Also dann«, sagte John, nachdem er die Tür geschlossen hatte. »Lasst uns schnellstens eine Beerdigung planen.«

London · Nachmittag
    »Das sieht schlecht aus.« Ich starrte ins Leere. Schließlich bückte ich mich und hob den Holzpflock auf. »Das sieht zappenduster aus.«
    »Wir brauchen einen Plan«, sagte Mary.
    »Diese Angelegenheit ist über jede Planung längst hinaus«, entgegnete ich. »Wir müssen einen Kriegsrat einberufen.«
    »So schlimm ist es doch gar nicht«, widersprach John fröhlich. »Wir haben eine Leiche, jetzt fehlt nur noch die Beerdigung.«
    »Wir können keine Beerdigung veranstalten«, wandte ich ein. »Wie wollen wir eine Beerdigung für einen Mann durchführen, der nicht tot ist, und dabei einen Ersatzkörper verwenden, der ebenfalls nicht tot ist?«
    »Mindestens ein Bestattungsunternehmer lebt doch noch, oder?«, warf Mary ein. »Er soll alles für uns erledigen, und Sie machen keinen Finger krumm. Der Tote ist ein Vampir, was die Sache sogar noch vereinfacht. Er wird tun, was immer Sie ihm befehlen. Sie sind sein dunkler Herr, wenn ich das richtig verstanden habe.«
    »Bin ich nicht«, widersprach ich, »aber das spielt anscheinend keine Rolle mehr.«
    »Ich wollte schon immer eine Trauerrede verfassen«, verkündete John und seufzte schwer. »Vielleicht etwas Melancholisches über ein einsames Leben ohne Liebe, das mit der kalten Umarmung der gefrorenen Erde endet.«
    »Einfach wird das nicht«, warnte ich ihn. »Mister Gaddie kann uns sowieso nicht leiden, und wenn auch nur die kleinste Kleinigkeit schiefgeht, bricht er die Geschäftsverbindung zu uns völlig ab, bezeichnet uns als Betrüger und gibt das Geld der Krone. Es macht sich nicht so gut, wenn der Körper, den er für tot hält, jederzeit aufstehen und Hallo sagen kann.«
    »Dann sorgen wir eben dafür, dass er es nicht tut«, schlug Mary vor und nahm mir den Pflock ab.
    »Warten Sie!« Ich betrachtete den Sarg. »Sie können doch Gustav nicht einfach so umbringen.«
    »Und ob ich das kann«, beharrte Mary. »Er ist ein Vampir.«
    »Darauf kommt es nicht an«, widersprach ich. »Er ist ein lebendes, atmendes … na gut, vielleicht kommt es doch darauf an. Aber das heißt noch lange nicht, dass wir ihn einfach töten dürfen.«
    »Wenn das Opfer nicht mehr lebt, zählt es nicht als Umbringen«, sagte Mary.
    »Ich glaube, der springende Punkt ist das Wort Opfer«, warf John ein. »Wenn wir ihn ein blutsaugendes Ungeheuer nennen, habe ich gleich viel weniger Mitgefühl.«
    »Spielt das Wort wirklich eine so große Rolle?«, fragte Mary.
    »Das Wort ist nicht das Entscheidende«, gab ich zu bedenken. »Gustav hat überhaupt nichts Falsches getan.«
    »Das weiß man nie«, widersprach Mary. »Zigeuner und Kindesentführer und so weiter.«
    »Also töten wir ihn einfach nur deshalb, weil er ein Zigeuner ist?«, fragte ich.
    »Wenn ich es genau betrachte«, meinte John, »kommt es mir auch nicht richtig vor, ihn einfach nur deshalb zu töten, weil er ein Vampir ist.«
    »Das ist kein Töten«, beharrte Mary. »Denn er lebt ja nicht. Er ist untot, also würden wir ihn in gewisser Weise … veruntöten. Das ist doch gar nicht so schlimm, oder?«
    »Doch, das ist schlimm«, antwortete ich. »Gleichgültig, wie wir es nennen, er kann reden und essen und so weiter, und nachdem wir es getan haben, wird er es nicht mehr können.«
    »Und er kann die Bäume sehen, einen Fluss rauschen hören und den Wind im Gesicht spüren«, fuhr John traurig fort. »Nicht jetzt, meine ich, weil Sie ihn mit einem Briefbeschwerer bewusstlos geschlagen haben, aber sonst könnte er es. Falls er sich nicht gerade in einer Bank befindet. Und in einem Sarg.«
    Mary verschränkte die Arme vor der Brust. »Dann sind wir wohl geliefert.«
    Ich dachte noch einmal in Ruhe darüber nach. »Andererseits, wenn ich behaupte, er könne essen, heißt das ja eher, er kann Blut trinken. Das zapft er sich vermutlich von unschuldigen, hilflosen Jungfern ab.«
    »Und von Kaninchen«, ergänzte John.
    »Und von Kaninchen«, bekräftigte ich. »Von unschuldigen, hilflosen Kaninchen.«
    Wir betrachteten

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