Sarum
berichtet hatte, erklärte jedoch: »Ich kann keine Aussage machen, das wäre nicht gut. Aber um Gottes willen, unternimm etwas! Beobachte den Schafstall!« Sein Herz wurde schwer, als er in den Augen des Jungen nur ungläubiges Staunen sah. In vier Tagen mußte Margaret vor dem Magistrat erscheinen. In jener Nacht wurde wieder ein totes Schaf gefunden. Samuel Shockley war ganz durcheinander. Sollte es möglich sein, daß die Parteigänger seines Helden Cromwell, die gestrengen Presbyter von Sarum, Betrüger waren? Oder sollte er glauben – fast war es schon soweit –, daß seine Schwester eine Hexe war?
Als er mit Sir Henry, den er eher fürchtete, allein im Herrenhaus war, nahm er all seinen Mut zusammen und fragte, was mit Margaret geschehen werde.
Der Baronet antwortete: »Sie muß vor mir erscheinen, und ich höre die Anklage. Wenn ich glaube, daß sie sich rechtfertigen muß, kommt sie ins Gefängnis, bis ihr ordnungsgemäß durch Richter und Geschworene vor den Assisen der Prozeß gemacht wird.«
»Und werdet Ihr sie vor Gericht bringen?«
»Wahrscheinlich«, antwortete Forest wahrheitsgemäß. »Außer wenn sie die Anklage widerlegen kann.« Er dachte an den Juden. »Wie wäre das möglich, Sir?«
»Durch Beweise. Durch zuverlässige Zeugen, die vors Gericht hintreten und beweisen, daß sie das, wofür sie angeklagt wurde, nicht getan hat.«
Ein Jude war keine Hilfe. Samuel überlegte, ob er Forest vom Schafstall erzählen sollte, aber er tat es nicht. Was wäre, wenn er vor dem Morgengrauen dorthin gehen und beobachten wollte, und der gestrenge Mann würde es ihm verbieten? Was würde der Magistrat vom Wort eines Juden überhaupt halten?
Nein, das mußte er allein herausfinden. Samuel schlief schlecht in jener Nacht. Immer wieder fiel ihm die Geschichte des Juden ein.
Bevor es Tag wurde, stand er auf und stahl sich aus dem Haus, aber obwohl er in der Nähe des Schafstalls blieb, bis die Sonne hoch stand, konnte er nichts entdecken. Und in den nächsten beiden Nächten war es das gleiche.
Sicher hatte der Jude die Unwahrheit gesagt. Wahrscheinlich haßte er den Prediger Gottes.
Am letzten Abend vor der Verhandlung dachte er an Margaret und daran, was sie ihm in seiner Kindheit bedeutet hatte, und große Trauer kam über ihn. »Irgendwie muß ich sie retten«, gelobte er sich. Dann weinte er sich in den Schlaf. Kurz vor der Morgendämmerung erwachte er. Das große Herrenhaus lag in tiefem Schweigen. Eilig schlüpfte Samuel in seine Kleider und lief hinaus.
Im Tal war es kalt und still. Er stand abwartend da. Der erste Lichtschein kam über die Hügelkämme. In angstvoller Erwartung sah Samuel nach allen Seiten. Nichts geschah. Doch plötzlich erblickte er, unten im Schatten, eine hohe Gestalt in einem schwarzen Umhang, die auf ihn zukam.
Obadiah Shockley bewegte sich lautlos am Fluß entlang. Das sollte sein letzter Gang hierher sein. Nur noch ein Schaf würde sterben, an dem Tag, an dem Margaret den Hof verlassen würde. Dieses Mittel hatte bereits Hopkins beeindruckt, und es würde als Beweis im Prozeß einschneidende Folgen haben.
Obadiah ging auf den Stall zu.
Samuel wußte genau, was er zu tun hatte. Schnell lief er nach unten, den Stall zwischen sich und Obadiah, und er erreichte die Tür, während Obadiah noch etwa hundert Meter entfernt war. Eine leichte Senke des Weges verdeckte dem Priester den Blick auf die Tür; das nutzte Samuel, um rasch hineinzuschlüpfen.
Sein Herz schlug rasend, als er ein Versteck suchte. Die Schafe wurden unruhig. In einer Ecke stand ein Handkarren neben zwei Heuballen; dort verkroch er sich. Obadiah kam herein und machte sich sofort ans Werk: Er ging auf ein beliebiges Schaf zu. Aus einem Beutel an seinem Gürtel schüttete er kleine Pillen in seine Hand. Offensichtlich hatte er sie gut präpariert, denn das Schaf fraß sie ihm friedlich aus der Hand. Dann verließ der Prediger den Stall mit einem letzten eiskalten Blick auf das Tier. Samuel wartete, bis er sicher sein konnte, daß Obadiah weit genug entfernt war, dann rannte er zu dem Schaf, stemmte ihm das Maul auf und holte die noch darin verbliebenen Pillen heraus. Es war eine eher improvisierte Gerichtssitzung, eine Verhandlung ohne Geschworene, denn seit einigen Jahren war die Tätigkeit der Richter weniger straff organisiert als in früherer Zeit. Zu seiner eigenen Bequemlichkeit hatte Sir Henry sie in die große Halle seines Hauses einberufen.
Die Verhandlung wurde ordentlich aufgezeichnet zur
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