Sascha - Das Ende der Unschuld
anzuschauen. Aber auch darauf konnte er sich nicht konzentrieren. Immer wieder gingen seine Gedanken auf Reisen. Während dieser seiner Phantasien war er zu guter Letzt auch zu einem Ergebnis gekommen. Er würde diesen Mann suchen, koste es, was es wolle. Und er würde nicht aufgeben, bis er ihn gefunden hatte.
Auf diese Weise wurde es halb zwölf Uhr am nächsten Mittag, bevor er auf der Couch endlich in einen unruhigen Schlaf fiel. Er würde erst in den Nacht wieder aufwachen, zu spät, um heute noch mit seiner Suche zu beginnen.
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Der Tag im Betrieb war aufreibend gewesen. Claus konnte verhindern, dass ein wichtiger Kunde zur Konkurrenz ging. Jetzt war es beinahe dreiundzwanzig Uhr und er saß noch immer vor dem Computer. Der Bildschirm flimmerte vor seinen Augen, er nahm die Lesebrille ab und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger ausgiebig die Augen. Er musste Schluss machen, morgen war schließlich auch noch ein Tag. Lustlos stand er auf und nahm seinen Mantel. Nichts trieb ihn in das viel zu große, leere Haus in Marienburg. Trotzdem stieg er in seinen Mercedes. Sein Betrieb lag an der Pipinstraße in der Kölner Altstadt, eigentlich fuhr er stets am Rhein entlang nach Hause. Diesmal jedoch machte er noch einen kleinen Abstecher.
Es war nicht weit bis zur Trinitatis Kirche. Kurz parkte er ein, schaute zum Eingang und wünschte sich, dem Jungen dort noch einmal zu begegnen. Vielleicht würde er diesmal die richtigen Worte finden, um ihn nicht gehen zu lassen.
Aber es war wohl nicht zu erwarten, dass er eine verpasste Chance noch einmal bekam. Deshalb stieg er erst gar nicht aus, sondern gab gleich Gas, um auf die Uferstraße und an der Rheinauhalbinsel vorbei nach Marienburg zu fahren.
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Sascha erwachte an diesem Abend gegen zehn. Die lange Nacht, die er allein und ohne Schlaf in der Wohnung verbringen sollte, schreckte ihn und er fuhr nach Köln, wo er zunächst wieder einen Blick auf die Umgebung der Kirche warf. Erst vor zehn Minuten parkte Claus genau dort, aber für Sascha war es besser, keine Ahnung zu haben, dass er ihn lediglich knapp verfehlte. Er blieb ebenfalls nur kurz, schalt sich dann einen Traumtänzer. Er ging etwas trinken, um schließlich wieder nach Hause zu fahren, ohne wirkliche Zerstreuung gehabt zu haben. Er legte sich ins Bett und konnte diesmal sofort einschlafen.
Am nächsten Abend hatte Sascha bereits zu Hause angefangen zu trinken. Er leerte den dort noch vorhandenen Biervorrat, hatte anschließend Lust auf mehr. So fuhr er leicht angetrunken nach Köln, ging am Altermarkt in eine Eckkneipe und trank weiter. Stur schüttete er ein Bier nach dem anderen in sich hinein, kümmerte sich um nichts und niemanden. Sobald ihn jemand ansprach, reagierte er sauer, so dass er die meiste Zeit allein blieb.
Schließlich schien das Bier ihm zu lasch, er begann, Whisky zu bestellen. Irgendwann später wollte er auf die Toilette und torkelte dabei unvermittelt in die Schussrichtung von Dartspielern. Ein Pfeil traf ihn am Oberarm. Das Wurfgeschoss verletzte ihn nicht, sondern prallte an seiner Lederjacke ab. Trotzdem hatte er es bemerkt, drehte sich um und starrte den erschrockenen Werfer aggressiv an. Ein Wort gab das nächste, bis Sascha schließlich auf den anderen losging. Er schlug zu und musste in Folge von zwei anderen Gästen festgehalten werden. Er wurde von Mehmet, dem Wirt, vor die Tür gesetzt und fand sich auf der Straße wieder. Wie paralysiert durchstreifte er anschließend die Gegend, um einen offenen Imbiss zu finden. Dort kaufte er einige Dosen Bier und wankte damit immer noch wie ferngesteuert zur Trinitatis Kirche. Mit glasigem Blick saß er dort und trank weiter, bis er die Augen nicht mehr offen halten konnte, zur Seite rutschte und übergangslos einschlief.
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Claus hatte auch an diesem Freitagabend lange gearbeitet. Bereits Mittags war er erfolglos an der Trinitatis Kirche gewesen. Er musste die tägliche Besorgungsroute, die er stets machte, um Lebensmittel zu kaufen, lediglich ein wenig abändern, um vor sich selbst behaupten zu können, dass er in Wahrheit nur zufällig dort vorbeiging. Obwohl die Stufen leer waren und er nicht an Zufälle glaubte, konnte er nicht anders.
Aber auch an diesem Tag wurde er enttäuscht und schalt sich einen Narren, weil er augenscheinlich auf ein Wunder hoffte.
Erst gegen ein Uhr in der Nacht schloss er das Büro ab. Er dachte unangenehm berührt an das lange Wochenende, das ihm bevorstand und hatte es selbst um diese Uhrzeit
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