Sascha - Das Ende der Unschuld
Gefahr mehr. Denn sein Schinder würde niemandem mehr etwas tun, er war tot.
Mit eingeschlagenem Schädel und eigentümlich verdrehten Gliedmaßen lag er direkt hinter der Schlafzimmertür. Seine weit offenen, entseelten Augen starrten Sascha im Halbdunkel des roten Lichts anklagend entgegen. Der Teppich neben ihm hatte sich mit Blut und einer weißlich gelben Masse vollgesogen. Neben seinem Kopf lag der einflammige, gusseiserne Kerzenständer aus dem Wohnzimmer.
Saschas Körper bebte, so sehr zitterte er. Das Grauen hielt ihn gepackt und er war sicher, nicht aus dieser Tür gehen zu können. Seine Gedanken gingen zurück und er wusste, er hatte bereits dicht neben dem Toten den Raum betreten. Dieses Wissen versteinerte ihn fast vollkommen. Verzweifelt versuchte er, seine Vernunft zu aktivieren. Adrian konnte ihm nichts mehr tun. Jetzt nicht mehr.
Der Mann, den er mehr als alles auf der Welt gehasst hatte, würde nie wieder jemandem weh tun können. Trotzdem konnte er den Blick nicht abwenden und war nicht in der Lage, in Richtung Tür zu gehen. Ohne die Leiche aus den Augen zu lassen, taumelte er rückwärts, bis er das Bett an seinen Beinen spürte und ließ sich langsam darauf sinken.
Er konnte keinen der Gedanken, die sich in seinem Kopf jagten, fassen und schaute mit leerem Gesichtsausdruck vor sich auf den Teppich. Er musste hier weg, das war das Einzige, was ihm klar war. Aber gleichzeitig wusste er, er würde es nicht können, solange Adrian ihn ansah. Er konnte nicht nachvollziehen, wie viel Zeit inzwischen vergangen war.
Schließlich jedoch hatte er sich soweit gesammelt, dass er nach der Bettdecke greifen und widerwillig auf den Toten zugehen konnte. Als er das Mordopfer abgedeckt hatte, schwand seine Panik allmählich. Er begann nachzudenken und ihm fiel ein, dass er vieles im Haus angefasst hatte. Würde der Verdacht jetzt nicht unweigerlich auf ihn fallen? Er wischte die Geldkassette ab, dann den Schlüssel und die Schublade. Schließlich ging er auf die Knie und sammelte das Geld wieder ein. Letztendlich sollte dies alles nicht zu allem Überfluss auch noch umsonst gewesen sein. Er schaffte es jetzt, hinaus auf den Gang zu gehen und blieb dort stehen. Gerade hatte er die Klinke zum Badezimmer abgewischt, als er von unten deutlich ein Geräusch vernahm. Eine Tür schlug zu. Er fuhr zusammen. Jetzt war es keine blinde Panik mehr, die ihn erschreckte. Immerhin konnte der Mörder noch im Hause oder zurückgekommen sein. Angestrengt lauschte er, aber der Laut wiederholte sich nicht. So schlich er immer noch unter angestrengtem Horchen zur Dusche, wischte auch diese ab. Den Hundertwasser vergaß er genauso wenig wie das Kombischloss des Tresors, den Küchenschrank und die Terrassentür. Dann wollte er nur noch raus und begann zu laufen, ohne nach rechts oder links zu sehen. Innerhalb von Sekunden hatte er das Haus verlassen und rannte wie vom Teufel gehetzt die Straße hinunter.
✵
„Erschlagen?“ Marc bekam große Augen.
„Du meinst, der Typ ist hinüber? So richtig echt? Er wird nie wieder einen hochkriegen?“
Sascha war nach seinem Besuch in Frankfurt sofort heim gefahren und hatte Marc ohne zögern erzählt, was er erlebt hatte. Jetzt saßen sie im Lokal, das zur Zeit noch immer weitaus gemütlicher als die Wohnung war und er konnte Marcs Äußerungen überhaupt nicht komisch finden.
„Ja, mit allem drum und dran. Und es war wirklich kein schöner Anblick.“
Marc grinste breit.
„Da könnte man doch tatsächlich wieder anfangen, an so was wie Gerechtigkeit zu glauben. Der Schöpfer da oben, der unser Leben auf dem großen Himmels-Computer schreibt, scheint manchmal tatsächlich so was wie Humor zu haben. Wie viel Kies hast du denn ... geerbt?“
„Unsere Ausbesserungsarbeiten sind gesichert.“
„Na fein, vielleicht hilft dem Zuhälterschwein diese gute Tat und er muss nur noch zwei Ewigkeiten in der Hölle schmoren. Du bist sicher, im Haus sind keine Spuren mehr von dir?“
„Ich glaube nicht. Ich habe versucht, an alles zu denken und falls nicht noch Fingerabdrücke aus der Zeit da sind, als ich dort wohnte ... ach Mist, wenn die Bullen mich damals nicht erkennungsdienstlich behandelt und vorsorglich eine Akte über mich angelegt hätten, bevor sie mich heimbrachten, müsste ich keine Angst haben. Eigentlich hätten sie das doch gar nicht gedurft, oder? Ich hatte nichts angestellt.“
„Mit hätte und eigentlich kommst du nicht weiter. Wollen wir doch einfach mal das Beste
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