Sasori, S: Schlangenfluch: Samuels Versuchung
schluckte und schüttelte den Kopf. Himmel, sah er mitgenommen aus. „Dann nenne mir kurz und knapp den Grund deines Besuchs. Auf mich warten wichtige Geschäfte.“
In großem Bogen ging Tom um das Löwenfell, nach wie vor den Blick auf das Reptil geheftet. Seine Unterlippe zitterte. Hatte er tatsächlich Angst vor einem ausgestopften Tier?
„Gefällt es dir, Tom? Geh nur hin und sieh es dir genau an. Ich habe es selbst erlegt. Hast du jemals etwas Beeindruckenderes gesehen?“
Toms Hände ballten sich zu Fäusten. „Ja.“
„Tatsächlich?“ Soweit er wusste, barg kein Zoo der Welt solch einen Koloss.
Tom schlotterte am ganzen Körper. Tränenströme fluteten seine Wangen und die Rotze lief ihm wie auf Kommando aus der Nase. James reichte seinem Neffen ein Taschentuch. Welche Katastrophe konnte einem überbehüteten Bengel wie ihm schon geschehen sein?
„Schick den da raus.“ Tom sah an ihm vorbei zu Dylan, der die Treppe herab kam. „Ich muss dir etwas sagen, was niemand sonst hören darf.“
„Dylan bleibt. Was du mir sagst, wird diesen Raum nicht verlassen.“ Dylan besaß nicht genügend Intelligenz, um Berichten komplizierter Teenagerkatastrophen folgen zu können. Davon abgesehen war er hundertprozentig loyal und verschwiegen. Das war wichtig, da James gleich mehreren verbotenen Hobbys nachging. Die Jagd auf aussterbende Tierarten war eines davon.
Tom zweifelte. Sein verunsicherter Blick verriet es. Zögernd näherte er sich der Trophäe und streckte seine Hand nach ihr aus. „Eine ähnliche Haut habe ich heute schon einmal berührt. Sie war warm, lebte, wie der Mann, über dessen Körper sie sich zieht.“
„Wie meinst du das?“
Nackte Panik glomm in Toms Blick auf. „Halb Mensch, halb Bestie. Er lebt hier in London. Ich habe ihn gesehen, berührt und geküsst.“ Er machte Anstalten, als ob er sich gleich übergeben müsste.
„Komm vom Teppich runter und weg von dem Krokodil. Hier, setz dich und erzähle haarklein, was du gesehen hast, und vor allem bei wem.“
Eine Chimäre? Eine Chimäre! Konnte es ein Zufall sein? Letzte Nacht in Schottland, heute Abend hier? „Dylan, hol die Drucke von oben. Beeil dich!“
Als Dylan zurückkam, riss er ihm die Papiere aus der Hand und breitete sie vor Toms aus den Höhlen quellenden Augen aus. „Ist er das?“
Tom schnappte nach Luft. „Wer ist der andere Mann?“
Dummes Kind! Wen interessierte das? Der Schlag auf den Hinterkopf kam hart, und Tom sah erschrocken auf.
„Sag es mir sofort. Ist er das?“
„Ja.“
„Name?“
„Samuel Mac Laman.“
„Wo war er gestern Nacht?“
„Ich glaube, irgendwo in Schottland.“
Er hatte es gewusst. Es gab sie, und nicht nur zusammengebastelt in dubiosen Laboratorien. Gene unterschiedlichster Spezies verwoben sich zu einer Komposition, die er unbedingt von Packman ausstopfen lassen musste. Wieder begann Tom zu schluchzen. Welch grässliche Angewohnheit, die nur Zeit kostete. Er packte seinen Neffen an den Schultern und schüttelte ihn. „Konzentrier dich. Beschreib ihn mir ganz genau.“
Was sollte dieses ständige Kopfschütteln? Hatte er nicht hingesehen? Stand er vor einem der wenigen übrig gebliebenen Rätseln der Menschheit und sah weg?
„Schuppen, dicht an dicht. Sie schillern wie dunkles Perlmutt.“ In Toms Augen stand reine Angst. Die Frage war nur, was hatte sein Neffe mit dieser Rarität der Natur zu schaffen?
„Du sagtest etwas von Küssen, ist dieser Samuel ein Freund von dir gewesen?“
Der Junge ließ den Kopf hängen. „Ja.“ Hilflos sah er sich im Raum um und versuchte, etwas zu formulieren, wofür er keine Worte brauchte. Das Verlangen, das immer noch in Toms Blick lag und nach Erfüllung gierte, mischte sich mit dem Ekel, den der Anblick der Chimäre in ihm ausgelöst hatte.
„Hat er dich nehmen wollen oder du ihn?“ Nach den Bildern kannte sich die Chimäre auf sexueller Ebene gut aus.
Tom lief dunkelrot an.
„Rede schon. Wir sind beide erwachsen, auch wenn ich es bei dir im Moment kaum glauben kann.“
„Ich ihn.“
Dann war sein Neffe erfreulich ehrlich. Bedauerlich, dass es in ihrer verwandtschaftlichen Beziehung noch nie so weit gekommen war, doch auch das konnte geändert werden. Er griff Tom zwischen die Beine. Der hielt still, riss nur erschrocken die Augen auf.
„Du empfindest noch etwas für dieses Monster. Sonst wäre dein kleiner Schwanz nicht ansatzweise so hart wie ein Stein.“ Nur um sich Appetit zu holen, rieb er daran. „Los, sag es.
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