Sasori, S: Schlangenfluch: Samuels Versuchung
aufhörten, hilflos zu zucken. Warum hatte Mia sie nicht erschlagen, als sie gesehen hatte, was da aus ihr rausgekrochen war?
Als sich Raven von ihm löste, war es schon dunkel. Schweigend kochte Raven Kaffee, und sie setzten sich ins offene Fenster, wie sie es als Kinder in Mhorags Manor jeden Sommerabend getan hatten. Nach einer Weile stieß Raven ihn an. „Geht es dir wieder besser?“
Samuel nickte. „Und dir?“
„Geht so. Petz Ian nicht, dass ich geweint habe. Er hält mich für einen gefühlskalten Rächer, und ein Teil von mir ist das auch. Wir sollten ihn im Jackes treffen. Er wartet sicher schon.“ Geschmeidig kletterte er von der Fensterbank und zog die Sonnenbrille wieder auf. „Auf diesen Jungen solltest du trotzdem mal einen Blick werfen. Er ist es wert.“
„Ich kenne ihn nicht. Denkst du, ein Typ wie ich hat keinen Stolz, dass er sich irgendeinem Bürschchen an den Hals wirft?“ Für die nächste Zeit hatte er genug von schwierigen Beziehungen und einfache würde es in seinem Leben nicht geben.
„Ich denke, ein Typ wie du sollte die seltenen Glücksfäden des Schicksals nicht übersehen. Das kannst du dir nämlich nicht leisten, Draco.“ Aus der Obstschale wählte Raven einen Pfirsich aus, roch daran und hielt ihn vor Samuels Nase. „Der Junge ist genau so. Ich übertreibe nicht. Sogar seine Haut ist so zart.“
„Du spinnst, und ich respektiere dich nur, weil du mein Bruder bist.“
„Und weil du die Gefühle liebst, die ich in dir wecken kann.“
„Falsch! Weil ich hoffe, dass du dich eines Tages nicht beherrschst und mich …“
Mit todernstem Blick legte ihm Raven den Finger auf den Mund. „Sag das nicht, Samuel. Nicht, bevor du dem Blondschopf eine Chance eingeräumt hast. Ich weiß, welche Wunden dir David in die Seele geschlagen hat, und ich weiß, dass der Junge sie heilen kann.“
Damals war die Tür zu Ravens Zimmer von außen verschlossen gewesen. Jemand hatte ihn eingesperrt, um zu verhindern, dass er Samuel zu Hilfe kam. Raven konnte die Wunden nicht kennen, nur ahnen.
*
Der Tierpräparator war ein begnadetes Genie und gehörte mit Gold aufgewogen. Mr. Packman, den Namen musste er sich für seine weiteren Fänge vormerken.
Die sandfarbenen Glasaugen sahen James vorwurfsvoll an, aber das half dem Tier jetzt auch nichts mehr. Er tätschelte den mächtigen Kopf. Es war ein erhebendes Gefühl, aus diesem interessanten Spiel als Sieger hervorgegangen zu sein.
„Fetter Brocken.“ Dylan pulte mit einem abgebrochenen Streichholz zwischen seinen eigenen gelben Zähnen. „Und das Einschussloch ist auch nicht mehr zu sehen.“
Einfältiger Lurch. Wenn es anders gewesen wäre, hätte ihm James die unverschämt hohe Rechnung wohl kaum bezahlt, sondern ihm ebenfalls eine Kugel in den Hinterkopf gejagt.
Wie ein dummes Kind grinste Dylan das stolze Tier an. Ihm mangelte es an Respekt vor der Beute. Ein Fehler, den der Philippino mittlerweile mit dem Tod gesühnt hatte. Eines war eine unumstößliche Wahrheit, Respekt durfte niemals mit nackter Angst verwechselt werden. Der Treiber hatte Angst gehabt und dafür mit dem Bein und schließlich mit dem Leben bezahlt.
„Schaffe das Schmuckstück in den Trophäensaal und wähle einen geeigneten Platz aus, der seiner würdig ist.“ Neben einem Komodowaran und dem Silberrücken war dieses Prachtexemplar sein wertvollster Besitz, obwohl die Kleinode in der Vitrine auch eine ganz herausragende Stellung einnahmen. Sein Handy brummte, und James trennte sich von seinen Überlegungen. Hendrik hatte ihm eine Mail geschickt, im Anhang waren zahlreiche Bilddateien. Er bat, sie sofort auszudrucken und sich dann wieder bei ihm zu melden.
James ging hoch in sein Arbeitszimmer. Als das erste Bild aus dem Laserdrucker kam, setzte er sich die Brille auf, um es besser erkennen zu können. Es waren Aufnahmen einer Infrarotkamera, die zwei Männer zeigten. Interessant, aber seit wann filmte Hendrik Liebesspiele? Der eine Mann war nackt und besaß einen ausnehmend ansprechenden Körperbau. Die Muskeln und Sehnen, die sich über die Schulter zogen, waren deutlich zu erkennen. Doch was waren das für Strukturen auf seiner Haut? Für Narbengewebe sah es zu gleichförmig aus. War der Mann tätowiert?
„Dylan!“ Er musste die Fotografien unbedingt vergrößert sehen.
Dylan stapfte ins Arbeitszimmer. „Was ist los, Boss? Willst du nen Kaffee? Oder nen Tee?“
„Lupe her! Schnell!“ Schuppenhaut. Arm, Bein, Rücken. Die Brust sah er nicht. Die
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