Sassinak
sagte: »Unter normalen Umständen ist dieser Kadett bestenfalls Durchschnitt und oft genug unbesonnen oder voreilig. Aber in Notfällen scheint alles zusammenzukommen, und dann macht er fünf Fehler, die zu der einen perfekten Kombination zusammenkommen. Wenn er diese Veranlagung im aktiven Dienst weiter unter Beweis stellt, könnte er sich für eine Ausbildung zum Spähschiffpiloten oder zum Juniorgeschützoffizier eignen.«
Gori dagegen war ein ruhiger, gelehriger, fast pedantischer junger Mann, der in akademischen Fächern und im Sport gute Leistungen gezeigt, aber nur durchschnittliche Initiative bewiesen hatte. »Der geborene Nachschuboffizier«, war in seinem Bericht vermerkt. »Gewissenhaft, präzise, tut genau das, was man ihm sagt, reagiert aber nicht besonders gut in chaotischen Situationen. Er dürfte in einer großen Mannschaft gut zurechtkommen und sich langfristig für einen Posten außerhalb der Kampfeinheiten auf einer festen Station empfehlen. Beachten Sie bitte, daß es ihm nicht an Mut mangelt. Er gerät bei Gefahr nicht in Panik, aber er übertritt seine Befehle selbst dann nicht, wenn dies wünschenswert ist.«
Kayli und Perran erwiesen sich als durchschnittlichen insofern, als sie über ausgeglichene Fähigkeiten verfügten. Körperlich waren sie etwas anderes. Kayli war eine auffällige, zierliche Brünette, die jede Nacht einen anderen Partner hätte haben können, wenn sie gewollt hätte. Sie wollte aber offensichtlich nur Gori. Sassinak war nicht überrascht, als sie erfuhr, daß sie bereits liiert waren und am Ende ihres ersten Kreuzflugs heiraten wollten. Allerdings überraschte sie Kaylis anhaltendes Desinteresse für andere Männer – sehr wenige Menschen gingen noch so ausschließliche Bindungen ein. Doch trotz aller Angebote verbrachte Kayli den Großteil ihrer Freizeit mit Gori, meistens in der Junioroffiziersmesse, wo sie ihre Bücher über einen Tisch ausbreiteten. Perran, die auf den ersten Blick nicht so attraktiv war wie Kayli, stellte sich als der Vamp in der Gruppe heraus. Sie hatte ein unstillbares Interesse an Elektronik – und an Männern. Bei Fords Bericht über ihre Pirsch auf den Seniorkommunikationstechniker lachte Sassinak zum ersten Mal seit Wochen wieder herzhaft.
Im Laufe der Reise sagte Claas zwar wenig, schien sich aber wohl zu fühlen, und Sassinak fiel auf, daß sie offenbar einen Teil ihrer Freizeit mit Perran verbrachte. Es schien eine seltsame Kombination zu sein, aber Sassinak war zu klug, um sich in etwas einzumischen, das funktionierte. Timran geriet in eine Klemme nach der anderen, immer eine Entschuldigung auf den Lippen, aber unerschrocken, wenn er aufs neue mit den unerbittlichen Gesetzen der Natur Bekanntschaft machte. Sassinak fragte sich, ob er je erwachsen werden würde – es schien zu diesem Zeitpunkt kaum wahrscheinlich. Nur ihre Erfahrungen mit anderen jungen Leuten dieser Art, die überraschenderweise zu fähigen Erwachsenen wurden, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu und ein paar Jahre Zeit ließ, machten sie zuversichtlich. Gori und Kayli nahmen einander in Anspruch, und Perran sah sich, nachdem sie ihren ersten Mann erobert hatte, bald nach dem nächsten um. Sassinak empfand eine Spur Mitgefühl für ihre unglücklichen Opfer; Perran war nicht besonders rücksichtsvoll, wenn es darum ging, sich eines früheren Liebhabers zu entledigen.
Dupaynil stieß auf Indizien für einige Unregelmäßigkeiten in der Mannschaft. Er gestand offen, daß es sich dabei wahrscheinlich um ganz unbeabsichtigte Fehler handelte – falsch in den Computer eingegebene Daten oder Mißverständnisse der einen oder anderen Art. Aber um all diese Fehler einzuschätzen, waren Stunden mühseliger Arbeit, eine Betrachtung der Daten im Zusammenhang und weitere Gespräche notwendig, um entscheidende Fakten zu bestätigen.
»Ich hatte keine Ahnung, daß die Personaldateien so nachlässig abgefaßt sind«, brummte Sass. »Die meisten müssen doch wohl irgendetwas bedeuten.« Sie waren wieder bei Prosser, und Sassinak achtete darauf, daß sie nichts über ihre Reaktion in dem Moment verriet, als sie das erste Mal die Holographie in den Dateien betrachtet hatte. Seine Augen standen nicht ganz so nah zusammen, wie sie sich zu erinnern glaubte. Dupaynil tat die Datei mit einem Achselzucken ab. Er fand nichts Bemerkenswertes daran.
»Haben Sie sich schon einmal Ihre eigene Datei ganz durchgelesen?« fragte Dupaynil mit einem durchtriebenen Lächeln.
»Hm, nein – nur
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