Satanica
einen Kälteschock bekommen. Als sie Atem holte, da hörte es sich an, als wollte sie trinken. Stöhnend würgte sie den Namen des Götzen hervor. Sie kannte nur ihn, sie kannte nur Baal, denn er allein zählte und war wichtig.
Hufschlag ertönte, wurde lauter.
Pferde kündigten sich an. Düstere Tiere, die ebenfalls zu den düsteren Gestalten der Horror-Reiter paßten.
Ich sah sie noch nicht, wußte nicht, ob sie den Friedhof hier schon erreicht hatten. Das mußte nicht sein, sie konnten sich noch in ihrer dämonischen Welt aufhalten. Das war nur ein kurzer Gedanke, den ich kaum beenden konnte, denn plötzlich veränderte sich die Lage.
Da erschienen die Reiter auf dem Friedhof. Als wären sie einfach dahingestellt worden, hielten sie sich in den Lücken zwischen den mit Kerzen bestückten Grabsteinen auf und wurden vom flackernden Licht der Flammen nachgezeichnet.
Sie waren zu viert gekommen, und sie standen auch an vier verschiedenen Stellen, als wollten sie die Himmelsrichtungen dokumentieren. Der Kreis der Frauen hielt das Grab noch umfaßt, nur berührten sich die Hände der Personen nicht mehr. Es gab Lücken.
Satanica lag rücklings auf der Grabplatte. Nackt, mit leicht gespreizten Beinen. Bereit für den Götzen, den sie so liebte.
Sie oder Anat?
Im Prinzip spielte es keine Rolle, war sogar unwichtig. Sie wollte hier etwas durchziehen, das ihr Macht geben sollte. Den Kreis zwischen der alttestamentarischen Zeit und den Kräften der Hölle schließen. Nicht grundlos hatte sie sich diesen Namen ausgesucht.
Wo hielt sich der Horror-Reiter mit dem B auf der Brust auf, der das Synonym für Baal war?
Ich sah ihn nicht. Es war zu finster, und die Gestalten hatten sich den Schatten ausgesucht.
Es war etwas geschehen, auf das mein Kreuz reagierte. Es strahlte Wärme ab.
Es war gut. Ich fühlte mich beschützt, und ich wollte auch nicht so lange warten, bis Baal selbst die Initiative ergriff. Da mußte ich schneller sein.
Es war eine Überraschung für die beiden Frauen, die ich nach wenigen Schritten zur Seite stieß, um mir eine entsprechende Lücke zu schaffen.
Ob sie hinfielen oder auf den Beinen blieben, interessierte mich nicht. Ich hatte nur ein Ziel vor Augen. Es war die Person, die rücklings auf der Grabplatte lag und mich anstarrte, wobei sie mich möglicherweise gar nicht sah, weil sie von dem Licht der Kerzen geblendet wurde.
Ich sprang auf die Platte, hatte Salomos Schwert mitgenommen, und die Spitze zielte gegen Satánicas Hals…
***
Es gibt Momente, da hat man das Gefühl, alles in einem gewissen Umkreis friert ein, wobei ich mich in diesem Fall nicht davon ausschloß.
Ich glich einem dieser Grabsteine, denn ich bewegte mich nicht. Nur meine Augen zwinkerten, als ich Satánicas Gesicht anstarrte, das allmählich ihr grimassenhaftes Aussehen verlor und immer mehr einen staunenden Ausdruck annahm. Sie konnte mit mir nichts anfangen und mußte mit der neuen Lage zunächst fertig werden.
Daß hinter mir eine Bewegung entstand, hörte ich. Die Frauen waren ebenfalls von meinem Erscheinen überrascht worden. Sie wußten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Sie kannten mich nicht, und möglicherweise glaubten sie sogar, daß ich dazugehörte.
Suko hatte mich ebenfalls beobachtet und teilte es mir auch mit. »Okay, John, es ist alles klar!« hörte ich die Stimme aus dem Hintergrund. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
»Das hatte ich auch nicht vor.«
»Sehr gut.«
Satanica zwinkerte mit den Augen. Auch ihre Lippen zuckten. Sie war aus ihrer Trance wieder erwacht, denn sie schaffte es sogar, mir eine Frage zu stellen.
»Baal, bist du…?«
Ich ließ sie nicht ausreden. »Nein, Debora Brixton, ich bin nicht der Götze.«
Wieder staunte sie. »Debora? Du kennst meinen Namen?«
»Sicher.«
»Woher?«
Ich deutete ein Kopf schütteln an. »Es ist nicht wichtig, glaub mir. Ich will nur etwas anderes.«
»Was denn?«
»Die Vergangenheit soll Vergangenheit bleiben. Ich hasse es, wenn sich die schrecklichen, blutigen und negativen Vorgänge in anderen Zeiten wiederholen sollen. Ich hasse den Götzen, und ich werde es nicht soweit kommen lassen, daß du dich ihm hingibst, Debora.«
Sie fauchte mich an. Das Schwert interessierte sie nicht. »Ich bin nicht Debora. Ich bin Satanica und jetzt auch Anat, denn ihr Geist steckt in mir, und er hat mich unbesiegbar gemacht.«
»Das kann stimmen. Da widerspreche ich nicht mal. Aber du solltest daran denken, daß auch ich nicht
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