Satans Bruder
benutzt. Es hat einige Zeit gedauert, aber inzwischen klappt es ganz gut.«
Als Nächstes kamen wir zu den Schlafräumen, drei kleinere Höhlen mit jeweils zwei Betten, auf denen Bücher und Spielzeug lagen. Auf dem Boden lagen Haufen schmutziger Wäsche.
»Was machen Sie mit der Wäsche?«, fragte ich.
»Die waschen sie selbst, mit der Hand. Es ist alles Baumwolle. Es macht ihnen Spaß. Sie betrachten es als ein Spiel. Die Kleider sind alt, aber von guter Qualität. Ich habe sie vor Jahren in mehreren Bootsladungen kommen lassen. Ich konnte nicht zu viel auf einmal bestellen. Das wäre zu auffällig gewesen. Kommen Sie, es gibt noch mehr zu sehen.«
Er führte uns in den Gang zurück, der sich so verengte, dass wir seitwärts gehen mussten. Am Ende standen wir wieder vor einer schmiedeeisernen Tür. Ihm fiel auf, wie ich das Netzmuster betrachtete.
»Japanische Schmiedearbeit«, erklärte er. »Schön, nicht wahr?«
Auf der anderen Seite lag eine steile Rampe, deren Ende nicht zu sehen war. Die Tür war mit einem massiven Schloss gesichert.
Moreland zog einen Schlüssel aus der Tasche, steckte ihn in das Schloss und stieß die Tür auf. Wir gingen bis zum Fuß der Rampe.
»Manchmal, wenn es sehr dunkel ist und ich sicher sein kann, dass sie sich gut benehmen, nehme ich sie mit in den Wald, zu nächtlichen Picknicks. Geistig sind sie noch Kinder, aber ihre Körper altern schneller als normal. Sie entwickeln Arthritis, Schleimbeutelentzündung, Wirbelsäulenverkrümmung, Knochenschwund und grauen Star ...«
Er stockte und starrte uns an. »Ich habe mehr über Medizin gelernt, als ich je für möglich gehalten hätte.«
»Haben Sie eine Vorstellung, wie hoch ihre Lebenserwartung ist?«, wollte Robin wissen.
Moreland zuckte mit den Schultern. »Das ist schwer zu sagen. Der Verfall ist rapide, aber sie haben schon so viele Krisen überlebt, dass man nicht sicher sein kann. Bei guter Pflege werden mich die meisten von ihnen, wenn nicht alle, wahrscheinlich überleben.« Er lehnte sich an die Wand. »Das ist der Grund, weshalb ich an die Zeit denken muss, wenn ich nicht mehr für sie da sein werde.«
»Warum sind Sie nicht an die Öffentlichkeit gegangen? Dann hätten sie bestimmt vernünftige Pflege«, sagte Robin.
»Meinen Sie wirklich, meine Liebe? Glauben Sie, es hätte ihnen geholfen, wenn sich Scharen von Wissenschaftlern und Ärzten auf sie gestürzt hätten? Es waren schließlich Wissenschaftler, die sie zu diesem Leben verurteilt haben. Wie lange, glauben Sie, würden sie die Hölle wohl überleben, die wir als die ›reale Welt‹ bezeichnen? Nein, das könnte ich niemals zulassen. Was sie wirklich brauchen, ist Kontinuität. Jemand muss sich weiter um sie kümmern, und zwar hier. Und ich möchte, dass Sie das tun, wenn ich nicht mehr bin.«
»Ich bin kein Arzt«, entgegnete ich - als ob das mein einziger Einwand wäre.
»Ich kann Ihnen beibringen, was Sie wissen müssen. Es ist nicht sehr schwer, glauben Sie mir. Ich habe eine Art Handbuch zusammengestellt -«
»Haben Sie nicht eben selbst gesagt, wie schwer es für Sie gewesen ist?«
»Aber Sie können doch lernen. Sie sind ein intelligenter Mann.«
Seine Stimme war lauter geworden, und als ich nicht antwortete, wandte er sich an Robin.
»Bitte, lehnen Sie nicht sofort ab. Hören Sie erst, was ich noch zu sagen habe.«
»Aber warum gerade ich?«, fragte ich ihn. »Und diesmal will ich die wirkliche Antwort. Sie kennen mich doch kaum.«
»Ich weiß genug über Sie. Ich habe Sie regelrecht studiert. Und jetzt, wo ich Robin kenne, bin ich noch überzeugter. Wenn sich zwei Menschen wie Sie die Aufgabe teilen würden, wäre es -«
»Wie haben Sie mich gefunden, Bill? Und bitte die Wahrheit.«
»Es war Zufall - oder Schicksal, nennen Sie es wie Sie wollen. Ich war auf Hawaii, hatte etwas mit Landau zu erledigen. Ich blätterte eine Zeitung durch und stieß auf einen Artikel über einen Fall in Kalifornien: ein kleines Mädchen, das langsam vergiftet wurde, um eine Krankheit vorzutäuschen. Sie haben dabei geholfen, die Sache aufzuklären. Und dann wurden noch andere Fälle genannt, wo Sie eine Rolle gespielt hatten - misshandelte Kinder, Morde und andere Abscheulichkeiten. Ein interessanter Mann, dachte ich. Ich stellte weitere Nachforschungen an und erkannte, dass Sie zudem auch ein ernst zu nehmender Wissenschaftler sind.«
»Bill -«
»Bitte, hören Sie mir zu: Intellekt und Menschlichkeit gehen nicht immer Hand in Hand. Man kann ein
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