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Satans Bruder

Satans Bruder

Titel: Satans Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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tun ... Samuel war ein guter Kerl, ein vorzüglicher Schreiner.«
    »Wie haben die Leute die Entschädigungen aufgenommen?«
    »Die Aufgeweckteren waren wütend und verängstigt, doch viele waren dankbar: die Vereinigten Staaten als großzügiger Spender ...«
    Er setzte seine Brille wieder auf.
    »Machen wir also noch einen Karton auf. Das meiste sollten Routinefälle sein, nicht solche Alpträume.«
    »Wenigstens haben Sie versucht, ihnen zu helfen«, sagte ich.
    »Dass ich hier blieb, hat mir mehr geholfen als ihnen. Bis dahin hatte ich gedacht, Medizin wäre nichts weiter als Diagnose, Dosierung und Schnitt. Meine Machtlosigkeit lehrte mich dann, dass es um viel mehr geht. Sie haben mit krebskranken Kindern gearbeitet. Sie verstehen, wovon ich rede.«
    »Als ich zur Medizin kam, war Krebs kein Todesurteil mehr. Ich habe genug geheilte Fälle gesehen, dass ich mir nicht wie ein Totengräber vorkam.«
    »Ja, das ist natürlich wunderbar. Aber Sie haben auch das Elend gesehen. Ihre Artikel über Schmerzkontrolle sind sehr wissenschaftlich, aber auch voller Mitgefühl. Ich habe sie alle gelesen - auch zwischen den Zeilen. Das war einer der Gründe, weshalb ich dachte, Sie würden verstehen.«
    »Was verstehen, Bill?«
    »Warum ein verrückter alter Mann plötzlich meint, sein Leben in Ordnung bringen zu müssen.«
    Bei den anderen Berichten handelte es sich tatsächlich um Routinefälle und Moreland wurde bald müde. Während ich die Akte einer Frau mit Diabetes durchlas, sagte er: »Ich werde Sie jetzt allein lassen. Arbeiten Sie nicht zu viel. Genießen Sie den Rest des Tages.«
    Er stand auf und ging zur Tür.
    »Noch eine Frage, Bill.«
    »Ja?«
    »Ich habe einen gewissen Tom Creedman kennen gelernt. Er hat etwas von einem Mord gesagt, vor einem halben Jahr, und von Unruhen, die zu der Blockade geführt haben sollen.«
    Er lehnte sich an den Türpfosten. »Und was hatte er sonst noch zu sagen?«
    »Das war alles. Ben hat mir erzählt, er hätte hier gewohnt und es wäre nicht sehr erfreulich gewesen.«
    »Das war es gewiss nicht.«
    Ich blickte zum Lagerraum. »War es dort, wo man ihn beim Schnüffeln erwischt hat?«
    »Nein, das war in meinem Büro, zwei Bungalows weiter. Er behauptete, er wäre zufällig hineingestolpert, als Ben ihn dort fand. Ich hätte die Sache auf sich beruhen lassen, doch dann zog er über Ben her, und so etwas tolerieren wir hier nicht. Ich musste ihn bitten, das Grundstück zu verlassen, und seitdem betont er gern die negativen Seiten meiner Person und unserer Insel.«
    »Ihr Haus nennt er übrigens das ›Messerschloss‹.«
    »Wahrscheinlich hat er Ihnen auch erzählt, die Sklaven hätten die Japaner damals abgeschlachtet. In Wahrheit sind die meisten bei einem dreitägigen Bombardement der Alliierten umgekommen. Am dritten Abend verkündeten die Amerikaner dann im Radio ihren Sieg und einige der Zwangsarbeiter kamen aus ihren Baracken und gingen auf Plünderungstour - verständlich, nach allem, was sie durchgemacht hatten. Sie stießen auf ein paar Überlebende und es kam zu einem Handgemenge, in dem die Japaner den Kürzeren zogen. Die Sklaven waren weit in der Überzahl. Mr. Creedman bezeichnet sich als Journalisten, doch er scheint sich kaum darum zu kümmern, ob eine Geschichte wahr ist oder nicht - was heutzutage wahrscheinlich ganz normal ist.«
    »Er hat auch gesagt, Sie hätten die Autopsie an dem Mordopfer vorgenommen. Glauben Sie die Theorie, dass der Mörder unter den Seeleuten zu suchen ist?«
    Er holte tief Luft. »Ich mache mir allmählich Sorgen, Alex.«
    »Worüber?«
    »Erst Pickers Unfall und nun dies. Ich würde gut verstehen, wenn Sie Aruk ganz furchtbar fänden, doch das ist es wirklich nicht. Ja, der Mord war schrecklich, aber es war der erste seit vielen Jahren; der einzige seiner Art in über drei Jahrzehnten.«
    »Von welcher Art reden Sie?«
    Er presste seine Hände zusammen und schaute zu dem Deckenventilator hoch, als wollte er die Umdrehungen zählen. Plötzlich öffnete er die Tür zum Lagerraum.
    »Ich bin gleich zurück.«

11
    Er brachte einen braunen Ordner mit weißem Etikett:
    Polizei Aruk
Ermittler: D. Laurent
Fall-Nr. 00345
    Die ersten vier Seiten waren ein mit Schreibmaschine geschriebener Bericht des Polizeichefs. Die Sprache war etwas gepflegter als der gewöhnliche Polizeijargon.
    Auf dem Südstrand hatten zwei Krebsfischer um drei Uhr früh die Leiche einer vierundzwanzigjährigen Frau namens Anne-Marie Valdos gefunden, eingeklemmt zwischen

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