Satans Bruder
Felsen an einem Gezeitentümpel. Die Menge an Blut am Fundort deutete darauf hin, dass das Verbrechen dort stattgefunden hatte.
Am Abend zuvor um neun Uhr waren andere Fischer an der Stelle gewesen, was Laurent erlaubte, die Zeit einzugrenzen, während der die Leiche dort gelegen haben konnte.
In dieser Zeit hatten Aasvögel schon ihre Arbeit begonnen, doch Laurent konnte sich in einem Gespräch mit »Dr. med. W. W. Moreland« vergewissern, dass die Leiche »Abschürfungen und meist oberflächliche Wunden von zahlreichen Messerstichen aufwies, die zu Verbluten und Tod geführt haben«.
Das Opfer hatte zwei Jahre auf Aruk gelebt. Sie war von Saipan herübergekommen und hatte als Kellnerin in Slims Bar gearbeitet, doch diese Stellung verlor sie nach drei Monaten, da sie ständig betrunken war und häufig nicht zur Arbeit erschien. Sie hatte in einem Zimmer im Dorf gewohnt, wo sie zwei Monate mit der Miete im Rückstand war. Sie war dafür bekannt gewesen, dass sie sich mit Seeleuten abgab. Die einzige Hinterbliebene war ihre Mutter in Guam, ebenfalls Alkoholikerin, die jedoch kein Geld hatte, um herzukommen oder für die Beerdigung zu bezahlen.
Die Vernehmung von Dorfbewohnern brachte keine Zeugen oder Hinweise zutage, außer dass die Grausamkeit des Mordes allgemein zu der Annahme geführt hatte, dass ein Marinesoldat der Täter sein musste.
Im letzten Absatz hieß es: »Der ermittelnde Beamte hat wiederholt versucht, mit Captain E. Ewing, dem kommandierenden Offizier des US-Stützpunkts Stanton, in Kontakt zu treten, mit dem Ziel, Angehörige des Personals bezüglich des Verbrechens zu befragen, doch diese Versuche blieben erfolglos.«
Ich wollte umblättern.
»Vielleicht tun Sie das lieber nicht«, sagte Moreland. »Als Nächstes kommen die Fotos.«
Ich dachte kurz nach und blätterte weiter.
Die Fotos waren nicht schlimmer als manche von denen, die Milo mir gezeigt hatte: Zuwachs für meine Alptraumsammlung.
Ich überschlug die Bilder und ging zu Morelands Bericht über.
Er war sehr gründlich gewesen. Er hatte jede einzelne Wunde inspiziert und aufgeschnitten, 53, wahrscheinlich mehr, wenn man davon ausgeht, dass die Aasvögel einen Teil unsichtbar gemacht hatten. Der tödliche Stich war wahrscheinlich der durch den Hals.
Doch offenbar keine Spur von der Vergewaltigung, von der Creedman gesprochen hatte.
Sämtliche Schnitte waren dem Opfer wahrscheinlich mit derselben Waffe zugefügt worden, einer sehr scharfen, glatten Klinge.
Die nächste Seite zeigte Morelands elegante Handschrift:
Dennis: Vielleicht behältst du dies lieber für dich. WWM. Postmortem-Verstümmelungen
A. Das linke Bein ist am Kniegelenk vollständig abgetrennt worden.
B. Der linke Oberschenkelknochen ist an drei Stellen sauber gebrochen und erhebliche Mengen Knochenmark sind entnommen worden.
C. Ein tiefer, 26 cm langer Schnitt reicht von der Schamregion bis zum Brustbein.
D. Die Leiche war ausgeweidet. Dickdarm und Dünndarm lagen auf der Brustregion, so dass beide Brüste bedeckt waren. Die Brüste sind intakt. (Das Gewebe dort war schon von zahlreichen Krebstieren befallen.)
E. Beide Nieren und die Leber sind entnommen worden und fehlen.
F. Enthauptung zwischen dem dritten und vierten Halswirbel. Der Kopf wurde im Abstand von 11 cm links neben der Leiche liegen gelassen.
G. Ein tiefer Querschnitt ist sowohl über als auch unter der Enthauptungslinie zu erkennen. Der Verlauf des Schnitts, wahrscheinlich vom linken Ohr quer über den Hals, deutet auf einen rechtshändigen Täter hin, der den Schnitt von hinten ausgeführt hat. Luftröhre und Halsschlagader sind durchtrennt.
H. Die Schädelhöhle ist erheblich vergrößert, vermutlich mit Hilfe eines Greifwerkzeugs. Teile des Hinterkopfes sind zerschmettert, wahrscheinlich durch Einwirkung eines stumpfen Instruments.
I. Beide Gehirnhälften sind entfernt worden und fehlen.
Das Kleinhirn ist intakt.
Ich schloss die Akte und holte langsam Luft, um meinen Magen zu beruhigen.
»Tut mir Leid«, sagte Moreland, »aber ich wollte keinen Zweifel lassen, dass ich Ihnen nichts verbergen möchte.« »Und der Mörder ist nie gefasst worden?« »Leider nicht.«
»Aber man nimmt an, ein Marinesoldat hätte es getan.«
Er blinzelte und fummelte an seiner Brille. »In all den Jahren, die ich hier schon lebe, hat es unter den Insulanern nie ernsthafte Gewalt gegeben, und so etwas schon gar nicht. Vielleicht war es ein Seemann von einem der Frachtboote,
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