Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Satans Bruder

Satans Bruder

Titel: Satans Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
irgendein ›Prophet‹ daher, verspricht Rettung und schon ist der Kult geboren. Ich habe es selbst erlebt, auf einer Insel, wo ich ansteckende Krankheiten zu untersuchen hatte. Der Prophet war ein ehemaliger kleiner Beamter. Ein hübscher Kerl mit reichlich Charisma. Am Ende schlachtete und fraß er seinen neugeborenen Sohn. Ich sehe noch sein Gesicht vor mir ...«
    »Manche Faktoren sind auf Aruk sicher vorhanden; zum Beispiel die Abhängigkeit von Weißen und dass diese die Inselbewohner plötzlich im Stich zu lassen scheinen.«
    Er lehnte sich vor. »Dennoch glaube ich nicht daran. Andere Faktoren fehlen nämlich vollkommen.«
    »Keine vorchristliche Kultur. Das sagten Sie schon.«
    »Und absolut kein Hinweis auf irgendwelche Kulte auf Aruk.« Er rieb seine Fingerknöchel an dem Ordner. »Ich bin fest überzeugt: Es war die Tat eines einzelnen, sadistischen Psychopathen.«
    »Jemand, der über Kannibalismus gelesen hatte und einen Kultmord vorzutäuschen versuchte?«
    »Vielleicht. Vor allem aber jemand, der inzwischen weitergezogen ist.«
    »Was macht Sie da so sicher?«
    »Weil es nicht noch einmal passiert ist.«
    Er sah so mitgenommen aus, dass ich es nicht übers Herz brachte, ihm zu widersprechen.
    »Eine Zeit lang dachte ich, er wäre einfach auf eine andere Insel gezogen und hätte dort weitergemacht, doch Dennis hat nach ähnlichen Verbrechen in der Region geforscht und nichts gefunden. Warum vergessen wir jetzt nicht einfach diese furchtbare Geschichte und machen weiter?«

12
    Die nächsten anderthalb Stunden verbrachten wir mit neutraler Wissenschaft, diskutierten Fälle und verschiedene Möglichkeiten, die Daten zu ordnen.
    Dann schaute Moreland auf seine Uhr und sagte: »Fütterungszeit für Emma und ihre Freunde. Danke für den anregenden Nachmittag. Ich habe selten Gelegenheit, mit einem Kollegen zu diskutieren.«
    Ich musste an seine Tochter denken, die schließlich eine auf öffentliche Gesundheit spezialisierte Ärztin war. »Es war mir ein Vergnügen, Bill.«
    Er ging zur Tür. »Es wird bald dunkel. Arbeiten Sie nicht zu hart. Ich habe Sie nicht herkommen lassen, um Sie zu versklaven.«
    Als ich allein war, lehnte ich mich zurück und schaute durchs Fenster zu dem Brillanten sprühenden Brunnen.
    Doch im Geist hatte ich noch die Fotos der ermordeten Anne-Marie Valdos vor mir: ein weißer Körper auf schwarzem Fels; die Einzelheiten, die Moreland und Laurent verschwiegen hatten.
    Wahrscheinlich war es das, hinter dem Creedman her war, als er von Ben erwischt wurde. Der Starreporter geht auf die Inseln, um sich selbst zu finden, findet stattdessen ein Blutbad und ruft seinen Agenten an.
    Dann gerät er mit Moreland aneinander und verliert den Zugang zu weiteren Informationen, was ihm überhaupt nicht gefällt.
    Seinen geliebten Insulanern hatte Moreland die Wahrheit vorenthalten und mir offenbarte er sie nach ganzen achtundvierzig Stunden unserer Bekanntschaft.
    Er wollte etwas von mir lernen, über menschliche Triebkräfte.
    Machte er sich mehr Sorgen über weitere Morde, als er zugab?
    Ein leuchtend gefärbter Vogel flog am Fenster vorbei. Der Himmel war immer noch pfauenblau, wie ich ihn bislang nur über Canyons gesehen hatte.
    Ich stand auf und machte mich auf den Weg zu Robins Studio. Was sollte ich ihr sagen?
    Ich entschied mich dafür, ehrlich zu sein - aber in Grenzen. Ich würde ihr erzählen, dass ich mit Moreland über den Mord gesprochen hatte und dass er ihn für einen Einzelfall hielt. Die Details würde ich jedoch auslassen.
    Ich ging in das Atelier, doch Robin war nicht da. Muschelstücke, eine Scheibe Akazienholz und zwei kleine Meißel lagen säuberlich auf der Künstlermappe ausgebreitet.
    Doch kein Körnchen Staub. An Arbeit war offenbar noch nicht zu denken.
    Ich machte mich auf die Suche und erspähte sie schließlich bei den Obstgärten. Zwischen den Zitrusbäumen sah sie aus wie ein weißer Schmetterling und Spike wie ein zappelnder, schwarzer Schatten.
    Ich lief zu ihr, sie hakte sich bei mir ein und wir spazierten zusammen weiter.
    »Wie war die Arbeit?«, fragte sie.
    »Sehr wissenschaftlich. Und was hast du inzwischen getrieben?«
    »Ich habe ein bisschen im Studio herumgespielt, aber es ist ziemlich frustrierend, wenn man nicht arbeiten kann. So beschloss ich, mit unserem Hübschen hier ein wenig herumzulaufen. Der Park ist wundervoll, Alex, riesengroß. Wir sind schon bis zum Rand des Banyanwaldes gekommen. Bill muss ein Vermögen in die Anlagen gesteckt haben.

Weitere Kostenlose Bücher