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Satans Bruder

Satans Bruder

Titel: Satans Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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von wo aus etwas wie ein Torpedo an uns vorbeischoss - eine kleine Meeresschildkröte, keinen halben Meter lang, den Kopf nach unten und die Beine eng angelegt, auf dem Weg zu tieferen Gewässern.
    Ich beobachtete, wie die Schildkröte in der Ferne verschwand. Dann paddelte ich zu Robin zurück und reichte ihr die Hand. Unsere Masken berührten sich zu einem Taucherkuss und wir schwammen zusammen weiter, verzückt und schwerelos wie Zwillinge in einem warmen, salzigen Mutterbauch.
    Als wir zum Strand zurückkamen, waren wir nicht mehr allein. Zehn Meter neben unseren Sachen hatten Skip Amalfi und Anders Haygood eine Pferdedecke ausgebreitet. Skip lag auf dem Rücken und hatte die Augen geschlossen. Sein Bauch hob und senkte sich, während er an einer Zigarette zog und den Rauch ausstieß. Haygood hockte in der Nähe, die haarigen Beine dick wie Baumstämme, die Zungenspitze im Mundwinkel, ganz darin vertieft, etwas Großem und Hässlichem die Glieder auszureißen.
    Es war der größte Krebs, den ich je gesehen hatte, mit einem blau gepunkteten Panzer und Scheren so groß wie Bärenfallen. Ein wahres Ungeheuer.
    Haygood schaute zu uns auf, riss ein Krabbenbein aus und winkte uns damit zu.
    Wieder ruhten seine grauen Augen auf Robins Körper und mir wurde bewusst, wie sie auf andere Männer wirken musste in ihrem Bikini, die tropfnassen Haare auf zarten, nackten Schultern, die Rundung ihrer Hüften in dem hoch ausgeschnittenen Bikinihöschen, der scharfe, betörende Kontrast zwischen bronzefarbener Haut und weißem Nylon.
    Skip setzte sich auf und die beiden schauten zu, wie Robin zu unserer Decke ging, wobei sie der Sand unter ihren Füßen die Hüften mehr wiegen ließ, als sie wahrscheinlich beabsichtigte.
    »Ganz schön groß für eine Krabbe«, rief ich den beiden zu. »Ein Steinkrebs«, klärte mich Haygood auf. »Schmeckt großartig. Wollen Sie ein paar Beine mitnehmen?«
    »Nein, danke.«
    »Bestimmt nicht?«
    »Vergiss es«, mischte sich Skip ein. »Der Alte isst doch keine Tiere.«
    »Ach ja, stimmt«, sagte Haygood. »Zu schade. Steinkrebse sind eine echte Delikatesse. Dieser hier hat sich von Kokosnüssen ernährt; daher seine blaue Färbung. Andere sind orange, je nachdem, was sie fressen. Ich habe auch schon größere gesehen, aber dieser hier ist ein ganz strammer Kerl.«
    »Aber nicht ungefährlich«, sagte Skip. »Wenn so einer einen Finger zu greifen bekommt, ist er ab - wie gefällt Ihnen das Schwimmen hier?«
    »Ausgezeichnet.«
    »Haben Sie auch Tintenfische gesehen?«
    »Nein, nur eine Meeresschildkröte.«
    »Eine kleine?«
    Ich nickte.
    »Wahrscheinlich ist die letzten Sommer ausgeschlüpft. Sie kommen jedes Jahr, legen ihre Eier und verbuddeln sie. Die Eingeborenen graben sie aus und machen Riesenomeletts daraus. Die, die es schaffen, suchen das Weite, sobald sie ausgeschlüpft sind, doch die meisten werden trotzdem gefressen. Und wenn eine wirklich blöd ist, kommt sie zurück. So eine haben Sie wahrscheinlich gesehen.«
    »Wahrscheinlich wollte sie sich in ihrer alten Heimat umsehen«, sagte Haygood und lachte, wobei er seine weißen, weit auseinander stehenden Zähne zeigte. »Wie lange wollen Sie hier bleiben, Doktor?«
    »Zwei Monate.«
    »Und es gefällt Ihnen hier?«
    »Es ist wunderschön.«
    Sie schauten sich an und Haygood riss noch ein Krebsbein aus.
    »Reichen Leuten würde es hier bestimmt gefallen, meinen Sie nicht?«, sagte Skip.
    »Ich glaube, jeder, der gern schwimmt und sich entspannt, würde hier Urlaub machen.«
    »Und was machen Sie gern?«
    »Alles Mögliche.«
    Er zog an seiner Zigarette und schnippte die Kippe in den makellosen Sand. »Mein Freund Hay und ich, wir wollen hier ein Feriendorf bauen, so ähnlich wie Club Med, mit Grashütten und so. Die Leute zahlen alles im Voraus, Pauschalpreis, und wir versorgen sie mit Essen, Trinken und allem anderen. Kein Telefon und kein Fernseher oder Videos, nur Schwimmen und am Strand spielen. Vielleicht würden wir auch ein paar Mädchen herholen und eine Tanzshow oder so was aufziehen.« Sein Blick wurde hart. »Was halten Sie davon?«
    »Klingt nicht schlecht.«
    Er spuckte in den Sand. »Die reichen Arschlöcher vom Festland würden die weite Reise dafür schon in Kauf nehmen, meinen Sie nicht? Sonst müssten wir nämlich diese Japanergruppen nehmen, wie alle anderen Inseln. Wir wollen aber Amerikaner hier. Schließlich sind wir hier in Amerika, obwohl niemand auf dem Festland sich einen Scheißdreck für uns

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