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Satans Bruder

Satans Bruder

Titel: Satans Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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butterte mir eine Scheibe Toast. »Wie wahr. Das Leben kann einem wie ein Gefängnis vorkommen, besonders an einem Ort wie Aruk.«
    Sie wischte sich den Mund ab.
    »Denken Sie nur an die Isolierung und Armut hier«, fuhr ich fort. »Und nun sieht es auch noch so aus, als grassiere hier der Wahnsinn.«
    »Ist es das, worum es in Ihrer Forschung geht?«
    »Mit der Forschung werde ich wohl keinen großen Erfolg haben. Wir sind so gut wie weg. Mit dem nächsten Boot geht's ab nach Saipan.«
    »Wirklich?« Sie ließ einen Löffel Marmelade auf ihr Rosinenbrötchen tropfen und sagte nichts weiter. »Und wie lange wollen Sie noch hier bleiben?« »Bis ich fertig bin.«
    »Sie machen also Windforschung. Da muss ich an die Katastrophe auf dem Bikiniatoll denken. Kennen Sie die Geschichte? Wegen einer plötzlichen Änderung der Windrichtung wurde die ganze Region mit radioaktivem Staub verseucht.«
    »Ich habe davon gehört, aber ich interessiere mich mehr für die theoretische Seite; Strömungsmodelle und so; Computersimulationen.«
    Sie nahm einen Bissen von ihrem Brötchen und schaute zum Himmel auf. »Es sind übrigens feuchte Luftmassen im Anzug. Es wird viel Regen geben. Schauen Sie sich nur die Wolken an.«
    Die Wolken waren noch näher gerückt und ich sah dunkle Flecken hinter der weißen Watte.
    »Wann wird der Regen hier ankommen?«, fragte ich.
    »In den nächsten Tagen. Es könnte auch Ihre Abreise verzögern. Die Versorgungsboote fahren nämlich nicht, wenn der Wind zu stark ist.«
    »Meinen Sie Wind oder Sturm?«
    »Das ist schwer vorauszusagen, aber das Haus wird schon nicht wegfliegen.«
    »Sehr beruhigend.«
    »Vielleicht wird es nur regnen, mit sehr wenig Luftbewegung, aber wenn der Wind stärker wird, bleibt man besser im Haus.«
    »Komisch. Die Charterfirma, die die Boote betreibt, hat von möglichen Verzögerungen gar nichts gesagt.«
    »Das tun sie nie. Sie streichen die Transporte einfach ohne Vorwarnung.«
    »Na großartig.«
    »So ist es hier eben«, seufzte sie. »Man plant einfach von einem Tag auf den anderen. Es gibt keine Regeln.«
    »Das klingt fast wie Washington.«
    »Washington hat seine eigenen Gesetze«, erwiderte sie und lächelte.
    »Das glaube ich sofort. Wie lange arbeiten Sie schon für die Regierung?«
    »Seit meinem Abschluss an der Universität.« Sie schaute wieder zu den Wolken hoch. »Sie sinken tiefer und saugen sich mit Wasser voll, und dann werden sie rabenschwarz und leeren sich in mächtigen Wolkenbrüchen. Sie werden sehen, es ist fantastisch.«
    »Waren Sie früher schon mal in der Region?«
    »Nein, aber ich kenne andere Gegenden mit ähnlichen Wettermustern. Es wird wie aus Eimern gießen. Die Gefahr ist dann, dass die Zisternen so volllaufen, dass die Filter nicht damit fertig werden und das Trinkwasser mit Bakterien verseucht wird.«
    »Ich dachte, Bill hätte die Wassersituation unter Kontrolle.«
    »Aber nicht, wenn er nicht ins Dorf kann. Sie haben Laurent gehört: Er sitzt hier fest, genau wie alle anderen - als ob wir alle an dem Mord schuld wären.«
    »Sie haben wenigstens Ihre Pistole.«
    Sie hob die Augenbrauen, legte ihr Messer hin, zielte lachend mit dem Finger auf die Kaffeekanne und drückte einen imaginären Abzug.
    »Sind Sie eine gute Schützin?«
    »Nein. Die Pistole hat Ly gehört.«
    »Ich frage mich, wie er sie durch den Zoll bekommen hat.«
    »Er hat sie erst in Guam gekauft. Er hatte immer eine Waffe bei sich, wenn er auf Reisen war.«
    »Waren seine Expeditionen so gefährlich?«
    Sie schaute mich über den Rand ihres Saftglases an. »Wie Sie schon sagten: Das Verbrechen ist überall.«
    »Ich glaube, das haben Sie gesagt. Ich habe nur gemeint, das Leben kann wie ein Gefängnis sein.«
    »Ach ja, natürlich, ich erinnere mich.« Sie stellte das Glas ab und biss in ihr Marmeladenbrötchen. »Kaum zu fassen, nicht wahr? Da hatten wir also die ganze Zeit einen geisteskranken Mörder im Haus. Dabei schien Ben ganz okay zu sein - vielleicht ein bisschen zu unterwürfig seinem Dr. Bill gegenüber, aber sonst ganz normal. Doch was in jemandes Kopf vorgeht, kann niemand wissen - oder können Sie's?«
    »Ich wünschte, ich könnte es.«
    Sie griff in den Brotkorb und nahm ein Croissant und zwei Brötchen heraus. Dann bediente sie sich von den Weintrauben auf dem Obstteller und stand auf. »Das wird mein Mittagessen«, erklärte sie. »Ich will nämlich heute durcharbeiten. Es war nett, mit Ihnen zu reden. Schade, dass Sie keine Zeit hatten, die

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