Satans Erbe (German Edition)
Sie neigte ihr Haupt und wandte sich dem Fleisch in der Pfanne zu, das köstlich duftete.
Ich spurtete auf den Dachboden, wo Jörg mich mit der freudigen Überraschung erwartete, dass wir vollständig wären, falls ich mit seiner Wahl einverstanden sei. Wir waren komplett. Fünf ehrfürchtige Jünger und ihr Meister!
Viel Zeit musste noch vergehen, obwohl mein Plan seit Monaten feststand. Auf meinen Wink verließ Jörg den Speicher und ließ mich mit unseren Reichtümern allein. Ich öffnete den Tresor und hob den Reliquienschrein vorsichtig heraus.
Unscheinbar und doch der größte Schatz auf Erden lag der sagenumwobene Kelch der Engel der Schwarzen Rose auf rotem Samt. Er wog schwer in der Hand und eine unsagbare Leichtigkeit durchströmte mich – die Kraft Satans. Ich griff erneut in den Tresor und nahm die Abschrift heraus.
Das Pergament! Ich kannte es auswendig und der Kelch in meiner Hand beschwor die Worte in meinem Kopf:
Ich aber, der ich bin der wahre Weltenlenker, gereiche dir, der du gefallen bist im Kampf um meine Gunst, die schwarze Rose zum Symbole. Denn schwarz ist die Farbe des Herrschtums und der Nacht.
Gefallen war ich! Ich war der Eine, der Wahre. Seit Basel erinnerte ich mich wieder an das dämonische Duell vor 1697 Jahren, an die Heimtücke meines Widersachers, der wie ich den Platz an Satans Seite einnehmen wollte. Er stach mich aus im Kampf um Satans Gunst und verbannte mich als Mensch auf die Erde. Mein, Ahrimans Schicksal!
Meine Engel tragen sie schützend an ihrer Hand – meinen Kelch zieret sie.
Voller Stolz trug ich die Tätowierung der schwarzen Rose und es war mir klar, dass ich meine Aufgabe unbewusst schon als 11-Jähriger gekannt hatte, lange bevor ich in den Besitz des Pergaments gekommen war, lange bevor ich mir die selbst gestochene Tätowierung professionell hatte verfeinern lassen.
Nie wieder soll es der Natur gelingen, eine schwarze Rose zu gebären, bevor du nicht erneut in mein Reich hinabgestiegen bist. Alle 666 Jahre …
… alle 666 Jahre öffne ich das Tor zu meinem Reich, um meine gefallenen Engel zu erretten, indem sie mir Beweis bringen …
14 Jahre, die mir blieben, um die Jünger ihren Prüfungen zu unterziehen, um das Kind zu zeugen und heranzuziehen, um mich der Ehre wert zu erweisen.
Ich legte den Rosenkelch zärtlich zurück in sein samtiges Bett. Tief durchatmend trat ich an den Schreibtisch. Lisa musste jetzt schwanger werden. Ich warf einen Blick auf den Kalender und rechnete zum wiederholten Male ihren Zyklus nach. Heute waren 16 Tage seit dem ersten Tag ihrer letzten Periode vergangen. Ich erschrak. Seitdem ich ständig mit Arno über Esoterik philosophierte, mich als Hermetiker ausgab und mein Wissen ernsthaft vertiefen musste, verging die Zeit wie im Flug. Jörg schleppte immer weitere Bücher aus dem Wissensgebiet an, die ich zumindest überflog, ehe ich sie Arno aushändigte. Ich musste schnellstens zurück nach Interlaken und eine Sitzung mit Lisa abhalten, bevor der richtige Zeitpunkt, sie zu schwängern, vorüber war.
»Ich brauche das Kind! Ich brauche es einfach!«
Das Pergament! Es enthielt genaue Instruktionen, die ich, der Auserwählte, zu befolgen hatte. Die Abschrift des Professors und die Übersetzungen ließen allerhand Spielraum für Interpretationen zu, doch in mühevoller Kleinarbeit hatten Jörg und ich alle Puzzleteile zusammengesetzt. Er hatte diese Bleibe besorgt und die Jünger angeworben, die ihr Leben für die heilige Aktion gaben. Jörg hatte seinen Teil erfüllt, nun folgte mein Part. Ich brauchte ein unschuldiges Kind und eine Frau, die es aufzog.
Ich ging hinunter in die Küche und trank die Tasse Kakao, die Marianne mir in die Hand drückte. Das heiße Getränk mit Zimt, Kardamom, Nelken, echter Vanille und Chilipfeffer heizte mir gehörig ein. Das Rezept zu dem aphrodisischen Liebeszauber stammte aus einer esoterischen Lektüre, was mir zum wiederholten Male vor Augen führte, dass ich mich auf dem richtigen Weg befand, denn die Esoterik hatte mir den Weg über Arno zu Lisa geöffnet und Lisa würde mir mein unschuldiges Kind schenken.
Seit einer halben Stunde saß ich äußerlich gelassen Arno gegenüber und versuchte, seinen Wissensdurst zu stillen und ihm die Angst um seine Tochter zu nehmen. Innerlich brodelte ich. Mir lief die Zeit am wichtigsten Tag meines Lebens davon. Draußen dunkelte es und Arno hatte ständig noch eine Frage auf Lager. Er wollte genau wissen, was ich dort unten im Keller machte.
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