Satans Erbe (German Edition)
Den von Felthens hat es immer geschmeckt und meine Weiterbildung als Patissier …«
»Sicher, Frau Simmens, aber wie gesagt …« Die Personalchefin stand grazil auf und überragte Martha wie John um mindestens eine Kopflänge, während sie ihr mit hochgezogenen Brauen die rot lackierten Fingernägel entgegenstreckte. »Sie können am Montag anfangen. Pünktlich um drei Uhr morgens. Bis acht müssen die Büros gereinigt sein.«
Martha schüttelte ihre Hand und verließ schleunigst das Büro. Sie hastete durch die langen Flure, bis sie auf dem Gehweg vor dem Bürohaus stand. Sie huschte um eine Ecke und konnte endlich ihren Tränen freien Lauf lassen. Alles erinnerte sie an John. John, John, wo bist du? Martha wollte sich beruhigen, doch es gelang ihr nicht. Sie hatte überall nach ihm gesucht. Er war wie vom Erdboden verschluckt, keiner hatte ihn gesehen. In der Villa Felthen arbeitete er nicht mehr, dort kümmerte sich nun ein Bursche mit Hasenscharte namens Jörg um den Garten. Johns Wohnung war von einem Gerichtsvollzieher im Auftrag des Vermieters geräumt worden und sie hatte es nicht geschafft, seine Sachen und Möbel zu erhalten, weil sie nicht mit ihm verwandt war. Dass sie den Jungs, die Johns Heim räumten, ihren Ring mit der Gravur zeigte und ihnen ihre Geschichte erzählt hatte … es war vergebens gewesen.
Sein Heiratsantrag war gerade mal ein Jahr her. Jetzt, im vergangenen Dezember, hatten sie sich im beschaulichen Kreis vermählen wollen. Martha schluchzte. Seit November war er verschwunden. Sie hatte bei seiner betagten Mutter in Frankreich angerufen, aber auch dort war er nicht. Hatte John sich aus dem Staub gemacht, weil er kalte Füße bekommen hatte? Sie hätten nicht heiraten müssen – sie wollte doch nur mit ihm zusammen sein.
Martha trocknete sich die Augen. Wie oft hatte sie in der letzten Zeit Buttergemüse und Petersilienkartoffeln zubereitet … und gewartet und gewartet, um endlich das tiefgefrorene Steak auftauen zu können. Es war so teuer gewesen. Es musste warten wie sie.
Mit hängenden Schultern schleppte sie sich in Richtung ihrer kleinen Wohnung, ein Zuhause war es nicht. Und würde es auch nicht.
80.
Villa Felthen
Interlaken, Schweiz
Juni 1987
S eit zwei Jahren reiste Arno rastlos durch die Welt. In den ersten Monaten, nachdem er die Schweiz verlassen hatte, rief er noch regelmäßig in der Villa an und unterhielt sich eine Zeit lang mit Kiruscha oder Ahriman. Alles lief wie am Schnürchen und Elisa gedieh prächtig.
Nun war der Zeitpunkt gekommen, an dem er sich nicht mehr um einen Besuch drücken konnte. Wichtige Unterlagen warteten darauf, unterzeichnet zu werden, der Vorstand der Felthen AG drängte seit Monaten. Arno hatte sich vorgenommen, allen Verpflichtungen in einem Rutsch nachzukommen. Der Höflichkeitsbesuch bei der kleinen Familie in seinem Haus, dann Benni im Sanatorium und das längst überfällige Gespräch mit dem behandelnden Arzt sowie die lästige Pflicht seines Erscheinens im Aufsichtsrat. Das sollte sich alles bequem an einem Tag erledigen lassen.
Er griff zum Telefonhörer und vereinbarte die entsprechenden Termine. Ahriman freute sich auf sein Kommen und auch der Doktor schien froh, ihn treffen zu können.
Nachdem Arno sein Flugticket gebucht hatte, legte er sich auf die Sonnenliege zurück und drehte sich auf den Bauch. Sofort ergriff die schwarze Schönheit das Kokosöl und Arno überließ sich wohlig der sanften Massage und den oberflächlichen Träumen seines Geistes.
Drei Tage später erreichte er Zürich.
Er schloss den Leihwagen auf und fluchte, weil er auf der falschen Seite stand. Hier herrschte Rechtsverkehr. Er warf seine Aktentasche auf die Beifahrerseite und ging um das Fahrzeug herum zur Fahrertür. Dabei beschlich ihn der Gedanke an John, der ihn so fürsorglich chauffiert hatte.
Was wohl aus ihm geworden war?
Unwirsch schob Arno die Vorstellung beiseite, er wollte sich nicht an die Vergangenheit erinnern.
Den Weg nach Thun fand er mühelos. Nichts schien sich in der Stadt verändert zu haben. Träge floss die Aare dahin und Arno gönnte sich eine halbe Stunde, um in der Altstadt zu bummeln. An einem Straßencafé hielt er inne und nahm Platz. Eine hübsche Bedienung, die ihn vage an jemanden erinnerte, brachte ihm einen Kaffee. Er verfiel ins Grübeln. War das nicht die Kleine, die er damals aus der Firma geworfen hatte, nachdem sie Lisa eine Eintrittskarte fürs Kino verkauft hatte? Er maß die
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