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Satans Erbe (German Edition)

Satans Erbe (German Edition)

Titel: Satans Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maylynn
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nur zwei Mal mit dem Arzt gesprochen und dessen Bitten, zu Besuch zu kommen, stets mit Ausreden abgewimmelt.
    Dr. Dietmar Ebeling erwartete ihn am Klinikportal. Die Perlen auf seiner Halbglatze leuchteten in der schräg stehenden Sonne wie winzige Kristallkugeln. Nach den üblichen Höflichkeitsfloskeln kam er gleich zur Sache: »Herr von Felthen, es geht Ihrem Bruder nicht gut. Seit seiner Einweisung hat sich sein Zustand nicht verändert. Wir wissen nicht, wie wir ihm helfen sollen.«
    »Er hat den Tod meiner Tochter Lisa und ihres Babys nicht verwunden.«
    »Das ist bekannt. Auch, dass er Ihrer Tochter sehr nahe stand, erwähnten Sie damals im Aufnahmegespräch.«
    »Wie würden Sie seinen Zustand beschreiben?«
    Dr. Ebeling fuhr sich über die Stirn. Nebeneinander gingen sie den kieselbestreuten Weg durch den Park der Klinik und stoppten bei einer der Sitzecken an einem Rondell.
    »Er hat eine partielle Amnesie. Uns fehlt eine sorgfältige Anamneseerhebung, bei der nur Sie behilflich sein können.«
    »Was müsste ich dafür tun?«
    »Wir würden ein paar Gespräche mit Ihnen führen, bei denen wir versuchen, die Lebensgeschichte Ihres Bruders zu ergründen. Darüber erhoffen wir uns Rückschlüsse auf Risikofaktoren und kausale Zusammenhänge«, setzte der Arzt fort, aber Arno fiel ihm ins Wort.
    »Das würde einen mehrtägigen Aufenthalt von mir vor Ort bedeuten, nicht wahr?«
    »Mehrere Tage, vielleicht einige Wochen.«
    »Es tut mir leid. Damit kann ich Ihnen nicht dienen. Mein Flieger geht in …«, Arno warf einen Blick auf die Armbanduhr, »knapp fünf Stunden.«
    Bedauern trat in den Ausdruck des Mediziners, aber Arno ignorierte es. »Kann ich meinen Bruder jetzt sehen?«
    »Selbstverständlich.«
    Er ließ sich zu dem komfortablen Zimmer führen. An Bequemlichkeit mangelte es Benni hier nicht. Zur Begrüßung legte er ihm eine Hand auf die Schulter. »Hi, Benni, ich bin’s, Arno.« Er schrak zusammen, als sein Bruder daraufhin einen furchtbaren Schreianfall bekam. Der Arzt zog ihn aus dem Raum.
    »Das passiert ständig, wenn man ihn mit seinem Spitznamen anspricht, so, wie Sie ihn uns bei der Einlieferung mitgeteilt haben.«
    Arno stutzte, aber Dr. Ebeling fuhr fort: »Wir haben schnell erkannt, dass das nur bei seinem Spitznamen passiert, und sind seitdem dazu übergegangen, Ihren Bruder nur noch mit seinem Vornamen anzusprechen.«
    »Bernhard«, flüsterte Arno. Der Klang des Namens begleitete ihn noch, als er bereits wieder im Auto saß und auf dem Weg zum Flughafen war.

81.
     

Psychiatrische Privatklinik
»Sanatorium Hardegg«
Interlaken, Schweiz
Juli 1995
     
     
    » A lles okay, Bernhard?« Ulrike sah von ihren Unterlagen auf, als sie hörte, wie sich jemand an den Türrahmen lehnte. Automatisch blickte sie auf ihre Armbanduhr. Es war fast drei Uhr in der Frühe. »Können Sie nicht schlafen?«
    »Nein.«
    Wahrscheinlich war Bernhard durch den Besuch einer entfernten Verwandten am Nachmittag seelisch aufgewühlt. Wie hieß die Frau noch? Ach ja, Christa. Sie war die Einzige, die ihm hin und wieder einen kurzen Besuch abstattete. Traurig darüber erhob sie sich. Das lange Sitzen hatte sie ermüdet. »Kommen Sie, Bernhard. Ich bringe Sie in Ihr Zimmer zurück.«
    Er schüttelte den Kopf. »Warten Sie, ich muss mit Ihnen reden, Schwester Ulrike.« Er sah über seine Schulter, als fürchtete er, dass sie Zuhörer haben könnten, aber der Wohnraum war um diese Zeit natürlich leer.
    Da sie nun einmal stand, zog sie Bernhard am Ärmel und schloss die Tür hinter ihm. »Ist es so besser?« Sie wartete sein Kopfnicken ab und schob ihn energisch in die Zimmerecke, wo neben der Pritsche und dem Monitor ein Sessel vor einem Glastischchen stand. Sie drückte ihn hinunter und Bernhard setzte sich willig hin.
    »Was haben Sie denn auf dem Herzen?« Ulrike konnte eine gewisse Neugierde nicht unterdrücken. Der Patient war als ruhig und beherrscht bekannt. Seitdem vor Jahren seine Schreikrämpfe aufgehört hatten, weil man ihn nicht mehr mit seinem Kosenamen ansprach, lebte er in sich zurückgezogen. Ab und zu erzählte er dem Personal eine Geschichte seiner Abenteuer in Australien. Viel mehr, als dass er sich als 24-Jähriger während seines Lebens auf dem weit entfernten Kontinent wähnte, war aus seiner Vergangenheit nicht bekannt. Ulrike rechnete nach. Wie alt war Bernhard jetzt? 48! Nur fünf Jahre älter als sie, der arme Kerl. Wäre eine gute Partie gewesen.
    Bernhard riss sie aus ihren Überlegungen.

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