Satans Erbe (German Edition)
Benni war bereits auf dem Weg zur Garderobe und griff nach seinem Parka.
»Ruf John«, stimmte Arno zu und stand gleich neben seinem Bruder. »Bleib bitte hier, Petra. Wir melden uns von einer Telefonzelle.« Er drückte ihren Arm.
Bis John vorgefahren kam, schwiegen sie. Die Weihnachtsstimmung war verflogen. Kurz darauf starrte Petra mit brennenden Augen den Männern im Wagen hinterher, der langsam die Einfahrt hinabrollte. Mochte Gott verhüten, dass etwas Schlimmes passiert war.
Im Wohnzimmer war das Kaminfeuer heruntergebrannt. Geistesabwesend griff sie einige Scheite und legte sie auf den glühenden Rest. Sofort züngelten Flämmchen an dem trockenen Holz und brachten das Feuer zum Aufflackern.
Sie nahm sich ein Glas Wein vom Tisch und verkroch sich in dem Sessel. Es war noch nie vorgekommen, dass ihre Schwiegereltern sich verspäteten. Petra machte sich Vorwürfe, weil die Männer sich nicht eher auf den Weg gemacht hatten, sie zu suchen. Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gebracht, vernahm sie Schritte in der Diele. Hastig sprang sie auf und verschüttete das halbe Glas Wein über die Sessellehne. Mist!
Sie stolperte in den Flur. Mit finsteren Mienen kamen ihr Arno und Benni entgegen.
»Die Schneedecke ist vereist, wir kommen keinen Meter voran«, fluchte Arno.
»Johnny steht mit dem Wagen vor dem Tor. Wir sind fast in die Beete gerutscht. Er legt ein paar Steine unter die Räder, dann kommt er zurück«, ergänzte Benni.
»John will die Schneeketten aufziehen, danach versuchen wir es noch mal.« Arno griff nach Petras Hand.
Sie standen erneut schweigend in der Diele, bis sie ein kurzes Hupen hörten, das Zeichen zum Aufbruch.
Arno drückte Petra einen Kuss auf die Haare und Benni legte ihr die Hand auf die Schulter.
»Viel Erfolg«, murmelte sie und stand noch geraume Zeit später in der geöffneten Haustür, als sich das Fahrzeug längst entfernt hatte und die Rücklichter nicht mehr zu sehen waren.
Martha berührte sie am Arm. »Kommen Sie rein, Frau von Felthen. Sie holen sich noch den Tod.«
Petra war sich nicht bewusst, wie die Kälte ins Haus und in ihre Knochen gekrochen war. Sie ließ sich von Martha an den Kamin zurückführen und sich fürsorglich eine Wolldecke umlegen. Martha schürte das Kaminfeuer erneut und zog sich zurück, doch schon kurz darauf kam sie mit einem dampfenden Becher Glühwein zurück.
Petra trank hastig und in kleinen Schlucken. Nach der Hälfte stellte sie das Glas auf das Couchtischchen. Sie rollte sich im Sessel zusammen und schloss die Augen. Sekunden später war sie vor Erschöpfung eingeschlafen.
Es kam ihr vor, als wäre sie nur für einen Moment eingenickt, als Arno sie weckte. Ihr Blick fiel auf die Uhr über dem Kamin. Vier Uhr in der Frühe. Schlaftrunken sah sie ihren Mann an. »Habt ihr sie gefunden?«
»Nein.« Arno schnaubte resigniert. »Wir sind die Strecke von hier bis zu ihrer Villa zwei Mal abgefahren. Keine Spur.«
Petra drückte seine Hand.
»Es ist zu dunkel, um überall etwas erkennen zu können. Die Strecke am Thunersee ist wie ausgestorben. Kein einziges Auto ist unterwegs. Wir waren bei ihnen im Haus, die Alarmanlage war eingeschaltet. Alles sah aus wie immer, aber ihr Jaguar stand nicht in der Garage.«
»Hätten die beiden sich bloß von John abholen lassen.«
»Du weißt doch, wie Papa ist. Er wollte noch nie gefahren werden. Solange ich selbst das Pedal treten kann, fahre ich! Das waren immer seine Worte …«
»Mein Gott, du klingst, als wäre er nicht mehr da.« Petra brach in Tränen aus.
Arno nahm sie in die Arme. »Komm, lass uns noch für ein paar Stunden zu Bett gehen. Wir können zurzeit nichts mehr tun. Sobald es hell wird, fährt Benni zur Polizei und ich werde mich mit John noch mal auf die Suche machen. Bis dahin sollten wir Kraft schöpfen.«
11.
Thun, Schweiz
24. Dezember 1974, einige Stunden zuvor
»H ast du die Fenster alle zugemacht?« Constanze hielt vor dem Schminktisch inne und kontrollierte zum wiederholten Mal ihr Aussehen. Kritisch suchte sie in ihrem Haar nach ersten silbernen Fäden. Sie konnte keine entdecken.
Dieses weiche Lederkostüm mit den passenden Stiefeln stand ihr gut, dachte sie zufrieden, strich den wadenlangen Rock glatt und drehte sich auf den halb hohen Absätzen vor dem Spiegel.
Thomas betrat das Schlafzimmer. Sie hatte ihn weder hereinkommen gehört noch seine Antwort mitbekommen, bis er sich geräuschvoll räusperte.
»Hast du die Fenster zugemacht?«,
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