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Satans Erbe (German Edition)

Satans Erbe (German Edition)

Titel: Satans Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maylynn
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musste sie flott ins Bett huschen, damit Martha nichts merkte. Kathy hätte ihr an der Nasenspitze angesehen, dass sie etwas ausgefressen hatte. Sie schloss die Augen und zog die Bettdecke bis an die Ohren, gerade als sich die Tür öffnete.
    »Lisa?« Martha flüsterte. »Lisa?«
    Sie hob den Kopf.
    »Du musst dich anziehen. Wir müssen bald in die Kirche.«
    Lisa nickte. Vor einer Woche war Lena beerdigt worden. Sie durfte nicht dabei sein. Onkel Benni hatte ihr erzählt, dass man zur Beerdigung ein Bett für Lena im Himmel bauen würde, das auf dem Friedhof vergraben und mit vielen Blumen und einem Stein mit Lenas Namen geschmückt wurde. Er hatte nicht gesagt, dass Lena in diesem Bett liegen würde, aber sie wusste es genau.
    Im letzten Sommer hatte sie mit John und Lena einen kleinen Holzkasten gebaut, in den sie Sammy, ihr niedliches weißes Meerschweinchen, betteten. Danach buddelten sie ein Loch im Garten, legten den Sarg hinein und füllten die Erde wieder auf. Sammy war schon alt. Lena und sie hatten ihn, seit sie denken konnte. Als er starb, hatte Mummy sie beide in den Arm genommen und ihnen erklärt, dass er im Tierhimmel wäre, wo es ihm gut gefallen würde, weil er wieder jung und fit war, immer zu ihnen hinabschauen konnte und alle seine Verwandten um sich versammelt hatte. Sie waren beide zwar traurig, aber auch glücklich, weil es Sammy jetzt so gut hatte. Deswegen konnte Lisa nicht verstehen, warum sie zu Lenas Beerdigung nicht mitkommen durfte.
    Heute aber war ein besonderer Tag. Auch das hatte Benni ihr erklärt. Man würde in der Kirche singen und beten, um an Lena zu denken und ihr alles Gute zu wünschen.
    Schnell hüpfte sie aus dem Bett. Martha hatte bereits ihr blaues Lieblingskleid zurechtgelegt. Als sie angezogen war, flocht Martha ihr einen Gretchenzopf. Lisa zappelte vor Ungeduld. Martha war viel zu langsam. Kathy machte das immer viel schneller. Sie dachte an die Haarspange, die sie versteckt hatte, doch sie traute sich nicht, sie hervorzuholen.
    An Marthas Hand ging sie ins Erdgeschoss. Benni sah aber komisch aus. Er trug schwarze Sachen und eine merkwürdige Hose mit Knick. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Nur ihren Papi, als er noch lieb war. Lisa rannte zu Benni und ließ sich von seinen ausgebreiteten Armen auffangen.
    »Fertig, meine Süße?«
    »Ja. Fahren wir jetzt?«
    »Johnny ist auf dem Weg. Wir können schon rausgehen.«
    Benni nahm Lisa an die Hand.
    Bis zu ihrem Ziel war es nicht weit. Lisa kannte die Kirche, sie war früher oft mit Lena und Mummy da gewesen. Papi hatte meistens gesagt, dass er noch arbeiten müsse, sie aber am Ende des Gottesdienstes immer abgeholt. Wenn sie die Kirche betraten, waren schon ganz viele Menschen dort versammelt. Mummy hatte gesagt, sie würden erst später hingehen, damit Lena und sie sich nicht langweilen würden. Doch sie fand das überhaupt nicht langweilig. Es gab so viel zu sehen, die ganzen Gesichter, die man betrachten konnte und der Pastor war auch immer so lustig, wie er in seiner Kanzel stand und beim Sprechen mit den Armen fuchtelte.
    Heute war die Kirche voller als sonst. Nicht nur die Sitzplätze waren belegt, Lisa sah auch jede Menge Menschen, die sich in den Seitengängen und hinter der letzten Reihe zusammenquetschten. Und draußen warteten noch mehr.
    Benni hielt sie die ganze Zeit an der Hand. Sie gingen durch den Mittelgang bis zur allerersten Bank, wo Papi saß. Daneben erblickte sie die Eltern von Mummy. Opa Abraham und Oma Lotte. Freudig rutschte Lisa auf den Sitz neben Oma und ließ sich von ihr drücken. Opa zupfte ihr hinter ihrem Rücken neckend am Zopf und warf ihr eine Kusshand zu. Sie ahmte ihn nach. Ihr Blick fiel auf Papi, der sie noch nicht angesehen hatte, als Oma ihr ins Ohr flüsterte: »Wo ist denn Kathy?«
    Kathy, ihre liebe Kathy. Sie wurde sofort wieder wütend, als ihr Kathys aufgeschlagenes Knie einfiel und die Schramme in ihrem Gesicht. Das war das Letzte, was sie von Kathy gesehen hatte, bevor sie mit John davonfuhr. Martha hatte Kathy in der Garage einen Verband um das Knie gemacht und Kathy hatte Lisa fest an sich gedrückt und ihr liebe Sachen ins Ohr geflüstert.
    »Na, wo ist denn Kathy?«, wiederholte Oma die Frage.
    Lisa sprang auf, stellte sich vor ihren Papi und trat ihm gegen das Schienbein. Noch mal und noch mal.
    »Böser Papi, böser Papi, böser Papi.« Erst als vor lauter Tränen ihre Stimme versagte, ließ sie sich auf Oma Lottes Schoß ziehen.

29.
     

Villa Felthen
Interlaken,

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