Satans Erbe (German Edition)
Unterricht, danach gibt es Mittagessen und die Nachmittage stehen ihr zur freien Verfügung. Sie liest gern und zwei Mal die Woche macht sie im Garten Sport.«
» Fehlt es ihr an Dingen zum persönlichen Gebrauch? Hat sie altersgerechtes Spielzeug, ist ihre Kleidung in gepflegtem Zustand, die körperliche Hygiene gewährleistet? – Ja, natürlich. Diesbezüglich fehlt es ihr an Nichts.«
» Wird Lisa geschlagen? – Nein. Sie hat zwar einmal eine Ohrfeige ihres Vaters bekommen, aber das ist Jahre her und seitdem ist so etwas nie wieder vorgekommen.«
»Herr von Felthen, es tut uns leid. Wir haben und sehen keine Handhabe, wie oder warum wir in diesem Fall eingreifen könnten oder sollten.«
Benni hatte bestürzt den Kopf gesenkt.
»Ihrem Bruder kann keine Vernachlässigung des Kindes vorgeworfen werden. Dass er ihr Freunde vorenthält und sie nicht öfter nach draußen lässt, ist kein ausreichender Grund.«
Betrübt war Benni abgezogen. Das Gespräch hätte er sich sparen können.
»Onkel Benni?«
»Ja, Lisa?«
»Warum gehst du nicht heimlich mit mir weg?«
»Lisa, das geht nicht – die Polizei würde uns suchen. Und wenn sie uns finden, käme ich ins Gefängnis und du müsstest wieder nach Hause. Willst du das?«
»Ich will, dass du bei mir bleibst, aber ich will hier weg.«
»Ich weiß, Süße. Wir werden die paar Jahre noch schaffen, bis du volljährig bist. Dann gehen wir zusammen weg.«
»Aber das ist noch so lange.« Lisas Augen fingen an zu glitzern, doch sie weinte nicht.
»Die Zeit vergeht schneller, als du glaubst.«
»Können wir nicht einfach öfter in den Garten gehen?«
»Draußen hängen überall Kameras.«
Lisa nickte und ihr Blick glitt aus dem Fenster. »Kannst du mir noch eine Aufgabe geben, die ich machen kann?«
»Lisa, du musst nicht so viel lernen.«
»Was soll ich denn sonst den ganzen Tag tun?«
»Komm, wir spielen Monopoly.«
»Das ist doof zu zweit.«
»Dann lass uns in die Küche gehen und Martha fragen, ob sie mitspielt.«
»Zu dritt ist es auch nicht viel besser.«
Benni fiel nichts mehr ein, was er erwidern konnte. Nach langem Überlegen entschied er sich, heute gegen die Regeln zu verstoßen und entgegen Arnos Anweisungen mit Lisa nach draußen zu gehen. Er stand auf und ergriff ihre Hand. Sie driftete ihm in letzter Zeit zu häufig in ihr Schneckenhaus ab und er befürchtete, dass sie sich in Depressionen steigern würde.
»Wozu hast du denn Lust?«
»Ich möchte ein Eis essen. Ich will in die Stadt.«
Benni wurde unsicher. Ob er das wagen sollte? »Weißt du was? Wir schicken Johnny ins Dorf zur Eisdiele und lassen uns zwei riesige Becher bringen. Dann setzen wir uns zusammen in den Garten, lassen uns die Sonne auf die Nase scheinen und schlecken das Eis, ja?«
Benni fing einen traurigen Blick auf, aber Lisa nickte.
Eine halbe Stunde später saßen sie auf der Bank am Teich und beobachteten die Bläschen, die sich an der Wasseroberfläche bildeten, wenn die Fische mit ihren Mäulchen nach oben stießen.
»Ob es denen so geht wie mir?«
»Wieso?«
»Irgendwie sind sie ja auch gefangen, in dem kleinen Teich.«
Zum zweiten Mal an diesem Tag verschlug es ihm die Sprache. Er wusste einfach nicht, was er seiner Nichte antworten sollte.
Martha rief zum Mittagessen.
»Jetzt habt ihr keinen Hunger mehr, nicht wahr?«, schimpfte sie, aber Benni sah ihr heimliches Grinsen.
»Doch doch, aber nicht ganz so viel.« Lisa klopfte sich auf den Magen. »Ein bisschen passt noch.«
Martha trug einen Sauerbraten auf, der köstlich duftete. Dazu gab es selbst gemachte Knödel und Rotkohl, natürlich auch nicht aus der Dose. Lisa und er liebten Marthas Essen gleichermaßen und ließen sich nur zu gern verwöhnen. Martha strahlte über das ganze Gesicht, wenn die Teller blankgeputzt waren.
Nach dem Essen zog sich Lisa in ihr Zimmer zurück. Sie hatte beim Abwasch helfen wollen, doch Martha scheuchte sie lachend aus der Küche. Benni ging ins Büro und setzte sich an Arnos Schreibtisch. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis er kommen würde. Freitags war er immer pünktlich. Immer.
Mit in die Hände gestütztem Gesicht erwartete er Arno, als dieser eintrat. Dessen erster Gang führte zu dem kleinen Fernseher mit dem Videoapparat. Im Schnelldurchlauf überflog Arno die Wiedergabe. Der Garten tauchte auf. Kurz waren Benni und Lisa auf der Bank am Teich zu sehen. Arno verzog keine Miene, ließ das Band bis zum Ende laufen und schaltete das Gerät aus. Er drehte sich zu
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