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Satans Erbe (German Edition)

Satans Erbe (German Edition)

Titel: Satans Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maylynn
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tobten.
    Küchentür und Haustür waren nachts verschlossen. Wenn Martha abends das Haus verließ, klimperte sie mit ihrem Schlüsselbund und jeder der Zurückbleibenden wusste, dass sie gewissenhaft alle Fenster und Türen verriegelt hatte. Aber Fenster ließen sich auch ohne Schlüssel öffnen, dachte Lisa und zog eine Grimasse.
    Sie tastete sich bis zur Küche vor. Eine der Flügeltüren war geöffnet und Lisa schloss sie vorsichtig hinter sich. Bis hierhin war sie gekommen, ohne Aufmerksamkeit erregt zu haben. Sie kletterte auf die leere Küchentheke. Das Fenster ließ sich ohne den winzigsten Ton öffnen. Schere und Schlappen auf dem Fenstersims zurücklassend, hüpfte sie hinaus. Gut gemacht! Lisa zog die Pantoffeln wieder an und presste den kühlen Stahl der Schneide an die Stirn. Das tat gut. Sie glühte vor Aufregung.
    Hatte sie Angst?
    Nein, du hast keine Angst. Wehr dich. Wehr dich.
    Beim nächsten Schritt knirschte der Kies unter ihren Füßen. Erschrocken hielt Lisa inne. Sie trat nach links, weg von der Hauswand, dorthin, wo der Rasen begann. Den Atem anhaltend wartete sie. Nichts geschah. Sie ging weiter, lugte um die Hausecke.
    Wer sollte da lauern? Wer sollte sie sehen?
    Niemand! Geh weiter , donnerte es in ihrem Kopf. Wehr dich!
    Schon aus mehreren Metern Entfernung schlug ihr der geliebte Duft entgegen. Lisa schloss die Augen und sog die Luft ein, so tief sie konnte. Noch einmal, noch einmal.
    Als sie die Sträucher erreichte, hob sich ihre Hand wie von allein. Der erste Kopf fiel, dann noch einer und noch einer.
    Die Dornen rissen ihre Hände auf, aber Lisa merkte es nicht. Sie spürte nicht, wie das Blut nach und nach trocknete, neue Wunden ihre Haut zerrissen, kaum verkrustete wieder aufbrachen.
    Ab und zu strich ein Windhauch über ihr erhitztes Gesicht, trocknete den Schweiß auf Stirn und Nacken. Strauch um Strauch arbeitete sie sich im fahlen Mondlicht vor. Sie vergaß Raum und Zeit, bis sie am anderen Ende der Terrasse angelangt war.
    Erschöpft ließ sie sich auf ein Mäuerchen sinken und betrachtete ihr Werk. Der Mond hatte sich verabschiedet und gab dem ersten roten Schimmer am Horizont Platz, als Lisa sich erhob, die Schere mit Wucht in den Rasen rammte und ihren Rückweg aufnahm. Obwohl sie sich keine besondere Mühe mehr gab, leise zu sein, erreichte sie unbehelligt ihr Zimmer, wo sie von tosendem Applaus empfangen wurde.
    Pausenlos murmelte sie »Ich hasse Rosen, ich hasse Rosen, ich hasse Daddy!« vor sich hin. Sie hatte noch immer den süßen, betörenden Geruch in der Nase, der sie den ganzen Weg begleitet hatte. Sie nahm ihn mit in ihre Träume.

47.
     

Psychiatrische Privatklinik
»Sanatorium Hardegg«
Interlaken, Schweiz
7. November 2008
     
     
    » W ir stimmen in der Annahme überein«, sagte Sibylle, »dass Elisa während ihrer Kindheit missbraucht wurde.« Sie sah den Bären an, der ihr gegenüber am Schreibtisch Platz genommen hatte. Vor beiden stand jeweils eine Tasse heißen Kaffees. Sibylle hielt ihre umklammert, um das nervöse Zittern der Hände zu unterdrücken. Sie verbrannte sich fast ihre Finger.
    Der Bär nickte. »Zu diesem Schluss bin ich auch gekommen   – und nicht nur das.«
    Er hatte teilweise eine Art an sich, die Sibylle wahnsinnig machte. Zwar mochte sie seine ruhige und besonnene Sprechweise, aber dass er ihre Gespräche so spannend machte und in die Länge zog, überstieg ihre Geduldsgrenze. Sie riss sich zusammen und schwieg, damit der Bär fortfuhr.
    »Unzweifelhaft hat sie traumatisierende Situationen erlebt. Ich halte Elisa mittlerweile für eine sehr resiliente Persönlichkeit.«
    »Da stimme ich Ihnen zu. Von meiner Diagnose Hospitalismus ist nicht viel übrig geblieben.« Der Bär erwiderte nichts und Sibylle zog sich in ihre Gedanken zurück.
    Seit Elisa durch das erste Blatt, das ihr jemand unter der Tür hindurch zugeschoben hatte, sozusagen erwacht war, hatte sich ihr Zustand von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde verbessert. Es waren seitdem keine zwei Wochen vergangen, aber Elisa benahm sich, als hätte sie nicht die letzten neun Jahre stumm und reaktionslos in dieser Klinik verbracht. Es gab für Sibylle keinen größeren Wunsch als die Genesung ihrer Patientin. Die rasanten Fortschritte übertrafen jedoch alles, was sie sich je erhofft hatte.
    Ihr war klar, dies musste einer der außergewöhnlichsten Fälle sein, die es je gegeben hatte.
    »Dazu fällt mir spontan ein Fall ein«, fuhr der Bär endlich fort und Sibylle sah auf. »Ich

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