Satans Erbe (German Edition)
den Ritualen wie weicheirige Aristokraten auf einer Cocktailparty. Bloß nichts verschütten, bloß keinen Kratzer verursachen, bloß keinem Tier ein Haar krümmen, bloß auf das Image achten, es hing mir zum Hals raus. Nie beschmutzte sich einer von denen auch nur annähernd die Finger. Sie vergötterten ausschließlich sich selbst, was an sich richtig war, doch diese Gesellschaftslöwen meinten sich und ihr Geld und hatten keinerlei Ahnung von gnostischen Ophiten oder dem 1. Mose. Das waren alles Tölpel und Stümper. Den Gedanken, sie anzuführen, hatte ich umgehend verworfen. Sie konnten mir niemals das Wasser reichen. Ich war zu gut für sie.
Das Blubbern im Whirlpool verstärkte sich und die Vögel im angrenzenden Park schienen nur für mich zu trällern. Der Wasserstrahl aus den Düsen massierte meinen Rücken und es dauerte eine Weile, bis ich bemerkte, dass ich nicht allein war.
Zwei oder drei Frauen ließen ihre Fingernägel über meine Brust wandern und lutschten an meinen Ohrläppchen, bevor ich mitbekam, dass mich jemand unter Wasser zu verwöhnen begann. Ich stöhnte auf und gab mich dem Rausch hin.
Ich erwachte im Halbschatten eines Baumfarns und fühlte mich ausgeschlafen und ausgehungert. In der monströsen Küche mit Kochinsel stellte ich mir ein Essen aus Baguette, Riesengarnelen, Hummer und Hash Browns zusammen, das ich mir auf meinem Balkon mit einem Cabernet Sauvignon einverleibte. Ich ließ den Blick über die Weinberge streifen. Wenn ich nicht bald etwas unternahm, würde ich alt und träge werden. Ich schob den Teller von mir und kniff mir in den Bauchspeck. Seitdem ich in Australien war, hatte ich bestimmt zwei oder drei Kilo zugenommen.
Das liegt daran, dass es dir zu gut geht , predigte eine Stimme in meinem Hinterkopf. Als du noch um dein Essen kämpfen musstest, warst du rank und schlank und blitzschnell mit deinen Entscheidungen. Du rostest, weil du rastest. Das sieht der Leibhaftige nicht gern.
Ich stand ruckartig auf und holte meine Satanische Bibel aus der Nachttischschublade. Es war tatsächlich lange her, dass ich darin gelesen und gebetet hatte. Ich ließ mich auf das Kingsize-Bett fallen und überlegte, wann ich mich das letzte Mal wahrhaftig und rein gefühlt hatte.
Da musst du überlegen? , tadelte mich die Stimme. Kurz bevor du auf Janice getroffen bist, was hast du da gemacht?
Ich sprang auf und betete die neun Grundsätze auswendig herunter, während ich Kniebeugen machte.
Du weißt es!
Ich wusste es. In London. Kurz vor Sonnenuntergang hob ein Rentner Geld vom Automaten ab. Es war so leicht. Er schlenderte nichts ahnend nach Hause und kam doch nie dort an. Ich trug einen Regenmantel und Handschuhe. Das Messer besaß ich heute noch. Mit dem Zaster lud ich Janice zum Essen ein, für mehr reichten die paar Kröten nicht.
Ich legte mich auf den Boden und hob Oberkörper und Beine an, um meine Bauchmuskeln zu stählen – die neun Grundsätze waren ein Witz. Das Buch Luzifers war ein Witz.
Ich musste los. Ich musste was tun.
Erschöpft ließ ich meine Glieder sinken.
Werd endlich fit! Und dann mach!
Ja, das würde ich tun. Wie mein Vater schon sagte: Wenn du willst, dass etwas gut gemacht wird, dann mach es selbst!
Niemand war so gut wie ich!
Die Tür meines Zimmers sprang auf.
»Du bist noch nicht fertig?« Janice verschränkte die Arme vor dem engen Kleid, das aus goldfarbenen Pailletten bestand und ihre Brüste wie straffe Bälle empordrückte. Es sah nach Party aus, mal wieder.
Ich setzte zu einer rüden Antwort an, bis mir siedend heiß einfiel, dass sie heute in ihren Geburtstag hineinfeierte; sie und 300 geladene Gäste der High Society. Vor Tagen war bereits mit den Dekorationen im alten Teil des Schlosses begonnen worden.
Sie schenkte mir ein Lächeln, weil sie dachte, ich sei verlegen und rauschte mit aufreizendem Hüftschwung von dannen.
Ich schüttelte den Kopf. Sie wurde 40. Was machte ich hier? Es wurde Zeit, dass ich die Koffer packte, am besten mit ihren Anleihen und dem Schmuck aus dem Tresor.
54.
Villa Felthen
Interlaken, Schweiz
27. September 1982
L isa sah Benni auf sich zukommen, der schweigend seinen Zeigefinger auf den Mund legte und den Kopf schüttelte. Sein Blick war bittend.
Lisa reagierte sofort. »Nein, Tante Christa, es tut mir leid. Onkel Benni ist vor fünf Minuten weggefahren. Soll ich ihm etwas ausrichten?« Sie musste sich zusammenreißen, um am Telefon nicht loszuprusten. »Ja, s’isch guat. Sag ich
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