Satans Erbe (German Edition)
ihm. Ja. Danke, dir auch. Tschau, Tante Christa.«
Der Hörer flog auf die Gabel und sie schüttelte sich vor Lachen. »Was war denn das jetzt, Onkel Benni?«
»Ich hatte echt keinen Nerv. Vielen Dank, Lisa.« Mit hängenden Schultern wandte Benni sich um und ging zur Treppe. Er sah erschöpft und müde aus.
»Onkel Benni?«
»Hm?«
»Du wolltest mit mir in die Stadt fahren, zum Einkaufen. Wann kann es losgehen?«
»War das heute?«
»Ja.« Lisa verzog das Gesicht. »Das musst du doch wissen.«
Benni zuckte zusammen. »Martha begleitet dich doch, Süße«, antwortete er matt.
»Ja schon, aber du hast versprochen, mitzukommen.«
»Ich weiß. Ich habe nicht dran gedacht, dass es heute ist und mein Kopf platzt vor Kopfschmerzen.« Er fuhr sich wie zur Bestätigung mit den Fingern über die Schläfen.
»Oh, das tut mir leid.« Lisa senkte den Blick. »Aber ein bisschen traurig macht es mich schon, dass du es einfach vergessen hast.«
»Tut mir leid, Schatz. Das liegt nur an meinem verdammten Kopfweh.«
»Meinst du, ich kann mit Martha allein gehen?«
»Mach nur. Johnny wird euch fahren und Arno hat schließlich nichts davon gesagt, dass ich mit dabei sein muss.«
Lisa überlegte einen Moment. Vielleicht war es so noch besser. »Das stimmt. Okay, dann bis heute Abend.«
Sie sah Benni hinterher, wie er schlapp die Treppe hinaufschlich, und rief ihm hastig »Gute Besserung« nach. Der Anflug eines schlechten Gewissens war im Nu vorüber.
Zum ersten Mal, seit sie zurückdenken konnte, durfte sie ohne Arno das Haus verlassen. Sie hatte seine Erlaubnis, auch wenn sie nicht viel mehr als das Kaufhaus von innen sehen würde. Nichts konnte sie davon abhalten, sich diebisch darauf zu freuen. Lisa eilte in die Küche.
»Martha, bist du fertig? Benni hat gesagt, dass wir ohne ihn fahren sollen, ihm tut der Kopf weh.«
»Dann muss es ihm ziemlich schlecht gehen.«
Lisa fing einen besorgten Blick auf. »Er sah recht mitgenommen aus«, gab sie zu.
»Sollen wir das nicht lieber auf morgen verschieben, Lisa?«
Sie riss die Augen auf. »Auf keinen Fall! Hinterher überlegt Arno es sich anders.«
»Du sollst deinen Vater doch nicht beim Vornamen nennen.« Martha klang leicht indigniert, aber nach kurzem Zögern fuhr sie freundlich fort: »Na gut. Ruf John und ich sehe mal eben nach Benni und bringe ihm einen Tee. Danach können wir los.«
»Okay.« Lisa war es nicht möglich, einen einzigen Schritt zu tun, ohne vor Freude herumzuspringen. Dies war ihr großer Tag, ihr Glückstag, ihr Freudentag, ihr Freiheitstag.
Der letzte Einkaufsbummel, an den sie sich erinnerte, war, als sie in den Osterferien damals mit Oma Lotte ihren Schulranzen ausgesucht hatte. Der vergammelte mittlerweile auf dem Dachboden. Ihr kam es vor, als wäre das eine Ewigkeit her. Nein, dachte sie. Es kam ihr nicht nur so vor, es war so lange her. Sechs Jahre! Dass sie sich überhaupt daran erinnerte … Bei der Diskussion mit ihrem Vater am vergangenen Tag hatte sie es zum ersten Mal geschafft, sich gegen ihn durchzusetzen.
»Ich brauche BHs und Unterwäsche, da will ich dich nicht dabeihaben und ich will auch nicht, dass du die Sachen kaufst.«
Für gewöhnlich zog sich jede Debatte mit Arno Stunden in die Länge oder sie lief darauf hinaus, dass er sie mit einer Anweisung – einem Befehl – beendete, ohne weitere Argumente zuzulassen.
Lisa schüttelte den Kopf. Bloß weg hier. Sie war froh, als sie John mit dem Wagen vorfahren hörte.
Sie waren erst wenige Minuten unterwegs, da fragte sie: »John, kannst du nicht schneller fahren?«
»Wir sind schon da. Schau, da drüben ist das Parkhaus.« Er setzte den Blinker, bog ab und lenkte den Wagen routiniert die enge Auffahrt zum Parkdeck hinauf.
Lisa wurde fast schwindelig. Oben angekommen konnte sie es nicht abwarten, zu den Aufzügen zu gelangen. Martha schaffte es gerade, mit John Zeit und Ort für die Rückfahrt festzulegen.
»Das hättet ihr doch auch unterwegs machen können. Nun komm schon, Martha.« Lisa ergriff ihre Hand und zog sie mit sich. Die Rastlosigkeit setzte sich im Kaufhaus fort. Sie flitzte von Stand zu Stand, von Regal zu Regal und konnte sich nirgends sattsehen. Zwischendurch blieb sie immer wieder stehen und ihre Augen verschlangen alles, was sie in dem kurzen Moment aufnehmen konnte.
Als sie auf die Rolltreppe zusteuerten, beobachtete Lisa, wie sich eine Menschenschar darauf langsam nach oben bewegte, viel zu langsam für ihren Geschmack. »Ich nehme die
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