Satans-Krone
»Wer sind Sie eigentlich, dass Sie so etwas verlangen? Was gibt Ihnen das verdammte Recht, hier hereinzuplatzen und…«
»Wir beschäftigen uns damit.«
Sie lachte Suko an. »Alles, was recht ist, wie Wissenschaftler sehen Sie gerade nicht aus.«
»Das sind wir auch nicht. Es ist mehr unser Hobby.«
»Wie bei Lambert, wie?«
»Genau.«
»Sie haben es mir ja schon gezeigt«, sagte Isaak.
»Ja, ich weiß. Die Bude liegt im alten Bau, in der ehemaligen Pension. Sie ist ja nicht mehr weiter betrieben worden. Auch deshalb nicht, weil die Stadt es nicht gewollt hat. Es sprach sich herum, wer hier gewohnt hat. Aber wenn Sie wollen, können Sie die Bude gern besichtigen.« Sie stemmte sich hoch.
»Dann kommen Sie mal mit.«
Das taten wir gern. Hinter der Frau gingen wir her und verließen den Speisesaal durch die Tür, durch die wir auch gekommen waren. Allerdings blieben wir nicht im unteren Bereich, sondern stiegen die graue Steintreppe hoch in die obere Etage hinein, in der es nicht eben wie in einer Parfümerie roch.
Es war nicht zu erkennen, was Neu- und was Altbau war. Das ging nahtlos ineinander über. Der Gang war recht breit. Rechts und links standen die Türen der Zimmer offen. Wir konnten Blicke hineinwerfen.
Feldbetten, alte Metallspinde, mal ein Tisch, auch Stühle. Keine Luxusräume, die erwartete auch niemand, im Winter jedoch angenehmer, als draußen zu liegen. Ich dachte über Clara nach. Bisher hatte sie auf mich nicht den Eindruck einer Person gemacht, die mit irgendwelchen finsteren Mächten in Verbindung stand. Okay, sie war mir nicht eben sympathisch, und das musste auch nicht sein, aber eine Verbindung zum Erbe des Aleister Crowley hatte ich bei ihr nicht feststellen können. Und natürlich auch nicht zur Satans-Krone.
War sie hier? Wurde sie hier von Clara und ihren Leuten versteckt? Das konnte, aber es musste nicht sein. Auch für uns war es nur ein Versuch, ein vorerst letzter, nicht mehr und nicht weniger. Wenn wir hier nicht fündig wurden, sah es schlecht aus, dann mussten wir uns etwas anderes einfallen lassen.
Am Ende des Flurs und in einer Umgebung, in der die Luft noch schlechter war, blieb Clara stehen.
Sie deutete auf eine schlichte Zimmertür. »Da sind wir.«
»Ist die Tür abgeschlossen?«
»Nein, warum?« Clara schaute mich erstaunt an.
»Nur so.«
Suko öffnete die Tür. Er schob sie sehr sanft nach innen, wie jemand, der damit rechnet, dass etwas Überraschendes passiert. Das war hier nicht der Fall, und auch mein Kreuz zeigte keine Reaktion. Es steckte noch immer in der Seitentasche, und ich hielt es mit meiner Hand umfasst.
Hintereinander betraten wir den Raum, und mir war schon komisch, als ich daran dachte, wer hier gelebt hatte. Für einen normal denkenden Menschen war Aleister Crowley ein Hundesohn und Menschenverächter gewesen, für andere wiederum, die einen neuen Weg nach dem großen Krieg hatten gehen wollen, war er so etwas wie ein Gott gewesen. Eine große Gruppe von Gläubigen hatte er um sich versammelt, und all die Menschen hatten buchstäblich an seinen Lippen gehangen, wenn er gepredigt hatte. Ihm war es vor allen Dingen um den reinen Sexismus gegangen. Ihn hatte er mit allerlei Magie - vielleicht auch Hokuspokus - verbunden.
Ich persönlich sah ihn nicht als einen Scharlatan an. Dieser Mensch hatte Verbindungen zu den dunklen Welten gehabt, und er hatte alles ausprobiert. Vor allen Dingen war es ihm immer wieder gelungen, Frauen hörig zu machen. Schon vor seiner großen Magierzeit und nicht einmal zwanzig, hatte er sich eine Geschlechtskrankheit geholt. Soviel wusste selbst ich über ihn.
Dass er sich allerdings im Besitz der Satans-Krone befunden hatte, das war mir neu. Er war gestorben, aber die Krone gab es noch. Er musste sie versteckt gehalten haben. Und später war sie dann gefunden worden, wie wir ja gesehen hatten. Wo sie sich jetzt befand, das war uns leider unbekannt.
Wir schauten uns im Zimmer um.
»Verändert habe ich so gut wie nichts«, sagte Clara, die an der Tür stehen geblieben war. »Es sind ja immer wieder Menschen gekommen, die eine Besichtigung wollten. Seine Anziehungskraft hat auch nach dem Tod kaum nachgelassen.«
Da stand das Bett. Es war aus Holz gebaut worden. Mit einer hohen Kopf- und Fußstütze. Eine Decke lag darauf, die leicht gelblich schimmerte. Es konnte Farbe, aber auch Schimmel sein. Ein Schrank.
Ein Regal, in dem keine Bücher standen. Ein Tisch, ein Stuhl, auch ein Waschbecken aus grauen Steinen,
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