Satans-Krone
verstreichen. Irgendwann schüttelte sie den Kopf. »Du kannst jetzt lachen, aber ich weiß noch nicht, wer du in Wirklichkeit bist. Ich komme mit dir nicht zurecht.«
»Sieh mich als einen Freund an.«
Clara hob die blassen Augenbrauen und schob die Brille bis dicht vor ihre Augen. »Sorry, aber das ist mir zuwenig. Freund hin, Freund her, es reicht mir nicht.«
»Dein Problem. Ich bin Crowley-Forscher. Als solcher hast du mich ja kennen gelernt.«
»Noch zuwenig, Lambert.«
Isaak schüttelte den Kopf. »Rede dir nichts ein. Du kennst dich aus. Du selbst weißt, wer Crowley gewesen ist. Wer in dem Haus lebte, in dem er einst gestorben ist, der muss einfach über ihn Bescheid wissen. Der wird tagtäglich mit diesen Dingen konfrontiert. Dein Verhalten zeigt mir zudem, dass du ihm nicht negativ gegenüberstehst. Du bist von Crowley beeinflusst worden. In deinem Besitz befindet sich die Satans-Krone. Das ist doch was. Damit kann man regieren. Damit kann man verdammt stark werden. Wenn du willst, kannst du dich als eine Nachfolgerin des großen Aleister ansehen. Allein durch den Besitz der Krone. Was würden andere nicht alles geben, um an die Krone heranzukommen. Aber du hast sie, Clara.«
»Ja, ich habe sie. Und ich werde sie auch nicht wieder hergeben. Falls du das mit deinen Andeutungen gemeint haben solltest.«
»Nein, habe ich nicht. Ich bin ja auf eine gewisse Art und Weise froh, dass sie sich in deinem Besitz befindet. Wo wäre sie besser aufgehoben?«
Clara glaubte ihm nicht. Scharf lachte sie ihn an. »Hör auf, so zu reden. Ich lasse mir keinen Honig um die Lippen schmieren. Ich mir nicht, mein Lieber. Ich weiß, wie wichtig die Krone ist. Befände sie sich in deinem Besitz, du würdest einen Teufel tun und sie nicht mehr hergeben.« Sie deutete mit dem linken Zeigefinger auf ihn. »Ich habe mir hier etwas geschaffen, das ich als eine eigene Welt ansehe. Du bist außen vor, aber du bist nicht allein, obwohl du bisher immer allein gekommen bist. Abgesehen von diesem Tag. Ich will endlich wissen, wer hinter dir steht.«
Isaak Lambert strich über das graue Haar an seinen Schläfen. Dabei runzelte er die Stirn. »Ja, Clara, du hast ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Ich stehe einer Gruppe vor.«
»Welcher Gruppe?« fragte sie.
»Lass mich ausreden.« Lambert registrierte, dass sich die Frau gespannt vorgebeugt hatte. »Diese Gruppe besteht aus Männern und Frauen, die sich alle mit dem großen Aleister Crowley beschäftigt haben. Sie mögen ihn, sie haben viel über ihn gelesen. Sie gehen seinen Weg oder versuchen, seinen Pfad zu beschreiten. Sie und ich, wir zusammen, wollen in seinem Geist weitermachen. Sein Wissen nicht verkommen lassen. Aleister soll in uns weiterhin leben und vorhanden sein. Wir werden nach seinen Vorschlägen unser Leben einrichten. Wir treffen uns hin und wieder an geheimen Orten, um die alten Rituale durchzuführen.«
»Kannst du da genauer werden?«
»Sicher, Clara, ich vertraue dir. Du hast dich über Aleister Crowley informiert. Du weißt, dass er damals viel gereist ist, um von der Welt einiges zu sehen. Während seiner Reisen hat Crowley ja sein Buch des Gesetzes geschrieben. Es wurde ihm diktiert. Von einem Schutzengel namens Aiwaz. Er war zugleich der Abgesandte des ägyptischen Gottes Hoor-pa-Kraat. Das Gesetz bezog Crowley auf sich. Er war das Maß aller Dinge. Tu, was du willst. Das war einzig und allein seine große Überzeugung. Als er damit fertig war, gründete er seine berühmte Abteil Thelema. Es war eine alte Villa an der Nordküste Siziliens. Angeblich wollte er diese Abtei zu einem Zentrum der Gelehrsamkeit machen. Das war natürlich nur äußerlich. Tatsächlich aber verfolgte er andere Ideen. Allerdings schafft er es, die Aufmerksamkeit einiger englischer Reporter auf sich und seine Villa zu ziehen. Einer von Sunday Express ist in der Villa gewesen und hat dabei sein können. In der Zeitung berichtete er von Orgien, die einfach unbeschreiblich waren. Von blutigen Opfern, von Perversionen, von Kindesmord sogar. Der Artikel erregte Aufsehen. Sogar Mussolini wurde er zugetragen. Der Diktator, der gerade an die Macht gekommen war, verwies Crowley und seine Schüler des Landes. Das geschah 1923.«
Clara fragte: »Und was war mit der Krone? Befand sie sich damals schon in seinem Besitz?«
»Ich gehe davon aus. Nun war Crowley so etwas wie ein Europäer. Er wollte seine Lehren über den Kontinent hinweg verbreiten. Nur Italien war ihm verschlossen,
Weitere Kostenlose Bücher