Satans-Krone
unserer Wünsche.«
»Fast!«
Lambert gefiel die Antwort nicht. Er schüttelte den Kopf. »Wie kommst du darauf?«
»Es sind keine Zweifel. Zumindest nicht bei mir, Isaak. Ich kann sie tragen…«
Lambert riss seinen Mund auf und lachte schallend. »Ja, ich weiß, auf was du hinauswillst, Clara. Du kannst sie tragen, du bist würdig, aber du fragst dich dabei, ob ich das gleiche bin.«
»So ist es.«
Isaak senkte den Blick und starrte die Krone an. »Keine Sorge, ich werde den Versuch starten.«
»Es wäre für alle gut.«
Clara hatte genug gesagt. Sie wollte jetzt nur zuschauen, was geschah, wenn Lambert die Krone aufsetzte. Sie wusste auch nicht, ob sie sich freuen sollte, wenn er tatsächlich würdig war, denn dann müsste sie die Macht mit ihm teilen, und das würde sie ungern tun. Aber er gehörte zu ihr. Er hatte Verbindungen, er konnte etwas in die Wege leiten, und so mussten ihre eigenen Interessen zurückstehen.
Isaak Lambert kümmerte sich nicht mehr um Clara. Ihm ging es einzig und allein um die Krone, die er regelrecht anstierte und dabei leicht den Kopf schüttelte wie jemand, der noch immer nicht glauben konnte, dass er am Ziel seiner Wünsche angelangt war. Es war auch für ihn ein langer Weg gewesen.
Einer mit zahlreichen Kurven, die auch in die Irre geführt hatten. Nun aber lag die Krone im wahrsten Sinne des Worte zum Greifen nahe vor ihm. Er streckte ihr die ausgebreiteten Hände entgegen und fluchte innerlich über sich selbst, weil er das leichte Zittern einfach nicht unterdrücken konnte. Wie ein Schüler kam er sich vor, der zum ersten Rendezvous ging.
Von zwei Seiten umfasste er die Krone des Satans. Bevor er sie berührte, schoss ihm die Vermutung durch den Kopf, dass der Satan persönlich sie einmal getragen hatte oder zumindest sein Adept Aleister Crowley.
Er griff zu. Die Wärme des Metalls irritierte ihn für einen Moment. Die Haut an seinem Nacken zog sich zusammen, und er fragte sich, ob es schon die Wärme der Hölle war, die sich innerhalb des Metalls verewigt hatte. Es konnte, musste aber nicht sein.
Er hob sie an. War sie schwer, war sie leicht? Lambert wusste es nicht zu sagen. Dererlei Empfindungen waren bei ihm nicht mehr vorhanden. Die Umwelt gab es nicht mehr, auch nicht die Frau, die ihm mit verzerrtem Gesicht zuschaute. Er schloss die Augen. Noch eine kleine Weile der Konzentration, dann war es soweit.
Dann hob er die Krone an!
Es ging so glatt, so wunderbar glatt. Keine Schwierigkeiten. Alles klappte wie geprobt. Er hob die Krone vom Tisch weg und dann noch höher, so dass ihr unterer Rand noch über seinen Kopf hinwegreichte. Das musste auch so sein, wenn er sie aufsetzen wollte.
Er tat es! Dabei stand er unbeweglich, den Rücken so steif wie nie. Er war zu einer Figur geworden, die nur in der Lage war, die Arme zu bewegen.
Die Krone schwebte über seinem Kopf. Noch hielt Lambert sie fest. Dann senkte er sie langsam, sehr langsam nach unten, spürte die erste Berührung, danach den Druck, der sich noch leicht verstärkte, als die Krone endlich auf seinem Kopf saß.
Ja, sie saß fest! Sie passte!
Sie fiel nicht ab, und er schloss für einige lange Momente die Augen. Dann öffnete er sie wieder. Es hatte sich nichts verändert, abgesehen vom Gesichtsausdruck der Frau, denn als er schräg nach rechts schaute, da kam ihm dieser Ausdruck und auch der Blick der Augen schon leicht verwundert vor.
»Ich bin würdig…«, flüsterte Isaak Lambert. »Ich bin würdig, die Krone zu tragen.«
»Ja, das bist du wohl.«
»Nicht wohl!« zischte er ihr zu. »Ich bin es. Und ich bin es ebenso wie du!«
»Das sehe ich!«
Er ließ die Krone auf dem Kopf. »Es ist ein Gefühl, das ich nicht beschreiben kann. Fremde Gedanken rieseln durch meinen Kopf. Aber ich weiß genau, wer so denkt. Es sind nicht die Gedanken des Teufels. Oder vielleicht doch? Ich weiß es nicht. Sie sind einfach da. Sie haben mich, nein, ich habe sie.«
»Was hast du?«
»Die Macht, Clara. Ja, ich spüre, dass ich die Macht habe. Ich bin sehr, sehr nahe dran. Wer will mich noch besiegen? Niemand, denn ich merke, dass Aleister zu mir spricht. Er ist in ihr. Ich habe endlich den Kontakt gefunden…«
Clara schwieg. Auch sie hatte die Krone schon auf ihrem Kopf getragen. Sie wusste nicht, ob alle das gleiche erlebten, aber sie konnte sich gut in seine Euphorie hineinversetzen.
Isaak Lambert sprach wieder. »Ich habe keine Angst mehr«, sagte er leise. »Dieses Gefühl ist mir fremd geworden. Es
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