Satanskuss (German Edition)
Familienangehörigen?“
Es gelang Mariella nicht, ihren Blick von dem Leichnam zu lösen, der in dem kalten Keller aufgebahrt lag. Sie konnte sehen, dass die ehemalige Nonne unter dem dünnen Tuch nackt war – und jeglicher Würde beraubt.
„Wieso ist sie nackt? Sie sollte nicht nackt sein!“ Sie konnte die Tränen fühlen, noch bevor sie in ihre Augen traten.
Andros nutzte die Gelegenheit, um Mariella zu berühren. Er wusste der kurze Hautkontakt würde ihm später vieles erleichtern – und im Moment würde er trösten.
„Wir mussten überprüfen, ob es äußere Verletzungen gab.“
Mariella warf dem hübschen Mann einen verwirrten Blick zu. Sie hatte kaum bemerkt, wie er sie stützte, doch nun registrierte sie seine unschickliche Nähe. Trotzdem brachte sie es nicht über sich, Andros´ Berührung zu entfliehen.
Die Situation machte ihr Angst. Nicht nur, dass eine ihrer Nonnen tot vor ihr lag – auch die ungewohnte Aufmerksamkeit eines Mannes, der sehr gut aussah, war erschreckend. Er hatte ihr wiederholt durch Blicke zu verstehen gegeben, dass er sie für interessant hielt – vielleicht sogar für schön. Und obwohl sie wusste, dass beides nicht der Fall war, wollte sie ihm gerne glauben. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie das Gefühl, nicht die zweite Geige zu spielen.
Marcus überließ Andros die Führung des Gespräches. Es war offensichtlich, dass der junge Mann von der etwas älteren Nonne eingenommen war.
Wer hätte das gedacht? Der Hübsche steht auf unerreichbare Frauen. Beinahe hätte der Polizeipräsident gehässig gekichert. Nun, immerhin war SEINE Frau nicht mehr unerreichbar – sie hatte den Schutz des Klosters verlassen und sich vermutlich sofort in Ermittlungen gestürzt.
„Sie hat keinen Namen!“, sagte Mariella. „Wir alle lassen unseren Namen und unsere Familie zurück.“
„Das ist aber nicht in jedem Kloster der Fall, oder?“ Andros beugte sich ein wenig vor, um der Oberin noch näher zu sein.
Mariella konnte spüren, wie sie rot wurde. „Nein, nur bei uns. Wir sind ins Kloster gegangen, um jeder weltlichen Verbindung zu entgehen.“ Sie hätte sich selbst für ihre Wortwahl verfluchen können.
„Jeder weltliche Verbindung…“, sinnierte Andros und spielte mit der Vorlage, die ihm sein Opfer geboten hatte. „Also hat die Tote keinen Namen, keine Familie…?“
„Bei uns heißt sie Lucrezia.“
Hieß , dachte Marcus korrigierend und strich die Oberin von der Liste der Verdächtigen. Jemand, der noch im Präsens von einer bereits toten Person sprach, war so gut wie nie für ihr vorzeitiges Ableben verantwortlich.
„Gibt es sonst noch etwas, was wichtig sein könnte?“, erkundigte sich Andros. „Ging Lucrezia weg? Hatte sie Freunde? Was waren ihre Aufgaben? Hatte sie Krankheiten und nahm Medikamente? Wie war ihr Umgang mit Männern?“ Den letzten Satz hatte er in so einer geschickt gewählten Tonlage geäußert, dass Mariella sofort auf seinen Köder einging.
„Sie hatte keinen Umgang mit Männern – Nie! Sie war noch Jungfrau!“ Sie hielt Andros Blick stand. „Genau wie Minerva!“
„Wer ist Minerva?“, mischte sich Marcus ein.
„Simone ist bis vor einem halben Jahr Novizin bei uns gewesen – man hat sie vor sechs Wochen tot aufgefunden.“
Marcus erinnerte sich. Eine aus der Reihe der Opfer. Eine Verbindung ins Kloster?
„Sie war ebenfalls Jungfrau?!“, erkundigte sich der Polizeipräsident. Andros meinte sich selbst innerlich fluchen zu hören. Ein Fluch, der selbst dem Teufel die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte. Simon!
„Ja, sie war definitiv Jungfrau!“
Marcus wollte gar nicht wissen, woher die Oberin so etwas Intimes über ihre Schützlinge wusste. Aber es war eine Verbindung. Im Kloster! Im Kloster, in dem Bella Leone gelebt hat!
Sein Einfall ließ Marcus lachen. Wenn sie ihn nicht freiwillig erhören würde, hatte er jetzt einen Grund sie zu inhaftieren. – Und er würde einen Grund finden, sie im Gefängnis zu lassen. Unter meiner Aufsicht! Mein Eigentum!
Die Fakten und die Zeugin verblassten, während sich in Marcus Kopf dieselbe Szene abspielte, von der er jede freie Sekunde träumte: Ariel unter ihm, mit halb geschlossenen Augen, stöhnend seine Stöße annehmend, wimmernd und um Gnade flehend.
Eine Gnade, die er ihr erst gewähren würde, wenn sie ihn endlich als ihren Mann akzeptieren würde.
Er konnte förmlich ihre weiche Haut spüren, wie sie ihn einlud; ihren Duft, den er selbst Nachts in seinen
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