Satori - Winslow, D: Satori - Satori
Sri Lanka von solch ausgesuchter Fingerfertigkeit und Schönheit verwendete, dass er wohlwollend bereit war, die Möglichkeit der Existenz eines gütigen Gottes in Erwägung zu ziehen. Er zog sich an, küsste das Mädchen auf die Wange, ließ ein großzügiges Trinkgeld auf dem Nacht tisch liegen und ging. Es war noch nicht zu spät für die Pho-Suppe im La Bodega.
Aber so bin ich nun mal, dachte er wehmütig, als er die Tür hinter sich schloss. Die Ansprüche eines Gourmets und die Brieftasche eines trocken Brot fressenden Bauern.
Eine riesige Pranke legte sich fest auf seinen Mund, er spürte, wie starke Arme ihn hochhoben, dann befand er sich in einem Zimmer.
»Halten Sie jetzt ausnahmsweise mal die Klappe«, hörte er Guibert sagen.
136
H averford ging neben dem überlebenden Angreifer in die Hocke, steckte ihm eine Zigarette in den Mund und zündete sie für ihn an. »Sprichst du Französisch?«
Der völlig verängstigte Mann nickte.
»Gut«, sagte Haverford. »Pass auf, die Sache ist die, mon ami , ich kann dich aus der Scheiße rausholen, in der du steckst – ich bin nicht nachtragend, schließlich ging’s nur ums Geschäft, stimmt’s? Ich kann mich aber auch einfach umdrehen und gehen, und dich den Binh Xuyen überlassen. Du hast die Wahl.«
»Was muss ich tun?«
»Du musst gar nichts tun«, sagte Haverford. »Du musst mir nur etwas verraten.«
»Was?«
»Wer hat dich bezahlt?«, fragte Haverford.
»Die Korsen«, krächzte der Mann.
»Wer?«, fragte Haverford noch einmal, weil er nicht damit gerechnet hatte.
»La Corse«, sagte der Mann.
137
» M ein Leben liegt in Ihrer Hand«, sagte Nikolai, als er De Lhandes absetzte.
Er wusste, es war grob und unflätig gewesen, den Zwerg einfach hochzuheben, aber er hatte keine andere Möglichkeit gehabt.
»Bei der syphilitischen Fotze einer Marseiller Hure …«
»Viele Menschen«, sagte Nikolai, »würden eine Menge Geld zahlen, um zu erfahren, wo ich mich aufhalte.«
»Das ist richtig«, ereiferte sich De Lhandes, noch immer wütend über die unsanfte Behandlung. »Warum legen Sie Ihr Leben dann ausgerechnet in meine Hand?«
»Ich brauche einen nützlichen Verbündeten, dem ich vertrauen kann«, entgegnete Nikolai.
»Ich gebe Ihnen Recht, dass ich nützlich bin«, erwiderte De Lhandes, »ganz außerordentlich nützlich sogar. Aber wie kommen Sie auf die Idee, dass Sie mir vertrauen können?«
Nikolai wusste, dass alles von seiner Antwort abhing, also überlegte er genau, bevor er fortfuhr. Endlich sagte er: »Sie und ich, wir sind uns sehr ähnlich.«
De Lhandes sah zu dem groß gewachsenen, breitschultrigen, gut aussehenden Mann auf, und Nikolai sah, wie sein Rückgrat sich versteifte. »Das glaube ich kaum.«
»Dann denken Sie weiter«, erwiderte Nikolai. Jetzt, wo er damit angefangen hatte, konnte er keinen Rückzieher machen. Sowohl sein Leben wie auch das von De Lhandes standen auf dem Spiel, denn der Zwerg würde diesen Ort entweder als sein Verbündeter oder überhaupt nicht mehr verlassen. Nikolai musste sich entweder mit ihm anfreunden oder ihn töten. »Wenn Sie über die augenfälligen Unterschiede hinwegsehen, werden Sie erkennen, dass wir beide Außenseiter sind.«
Nikolai merkte, dass De Lhandes darauf ansprang, also fuhr er fort: »Ich bin ein Mensch aus dem Westen, der in Asien aufwuchs, und im Westen sind Sie …«
Er wusste, dass er sich vorsichtig ausdrücken musste, doch dann führte De Lhandes den Gedanken für ihn zu Ende. »Ein kleiner, hässlicher Mann in einer Welt voller großer, schöner Menschen.«
»Wir stehen immer draußen und schauen zu«, sagte Nikolai. »Wir können also entweder ewig an der Peripherie der Welt stehen bleiben oder wir erschaffen uns unsere eigene.«
»Eine eigene Welt erschaffen?«, wiederholte De Lhandes spöttisch.
Aber Nikolai sah, dass ihn die Idee faszinierte. »Wenn Sie natürlich mit der aktuellen glücklich sind, wenn Ihnen das ein oder andere Schäferstündchen mit einer erstklassigen Hure oder ein gutes Essen hier und da genügt, schön. Aber das sind Almosen, die man Ihnen zuwirft wie einem Hund einen Knochen. Ich spreche von Reichtum, von Wohlstand, der Ihnen ein Leben in Würde und einer gewissen, wie soll ich sagen, Qualität ermöglicht.«
»Wie soll das gehen?«, fragte De Lhandes.
»Es ist riskant.«
»Was hab ich zu verlieren?«
Nichts, dachte Nikolai. Aber ich kann alles verlieren, vielleicht sogar mein Leben. Wenn ich dich von hier fortlasse und mich in dir
Weitere Kostenlose Bücher