Saturn
ist mehr als ein Spielplatz für
Wissenschaftler«, sagte Eberly, nachdem sie sich wieder
beruhigt hatten. »Es ist mehr als eine wissenschaftliche
Expedition. Es ist unsere Heimat: eure und meine. Und doch
wollen sie uns sagen, wie wir zu leben haben und dass wir
ihnen zu dienen hätten.
Sie halten es für selbstverständlich, dass wir eine strenge
Bevölkerungskontrolle betreiben, obwohl dieses Habitat mit
Leichtigkeit das Zehnfache der gegenwärtigen Population
beherbergen und ernähren könnte.
Aber wie können wir uns eine wachsende Bevölkerung
überhaupt leisten? Unsere Ökologie und Ökonomie sind starr
und geschlossen. In ihren Plänen für unsere Zukunft ist kein
Raum für Bevölkerungswachstum, für Babies.
Ich habe einen anderen Plan. Ich weiß, wie wir leben und
wachsen und glücklich sein können. Ich weiß, wie jeder
Einzelne von euch reich werden kann!«
Eberly spürte das aufkeimende Interesse der Menge. Er hob
den Arm und sagte:
»Um den Saturn kreist der größte Schatz im Sonnensystem:
Billionen Tonnen von Wasser. Wasser! Was würden Selene
und die anderen Städte auf dem Mond wohl für eine
unerschöpfliche Wasserversorgung zahlen? Was würden die
Mineure und Prospektoren im Asteroidengürtel zahlen? Mehr
als Gold, mehr als Diamanten und Perlen ist Wasser die
wertvollste Ressource im Sonnensystem! Und wir sitzen auf so
viel Wasser, dass wir alle reicher sein werden als Krösus.«
»Nein!«, schrie Nadia Wunderly und sprang inmitten des
Publikums auf. »Das können Sie nicht tun! Das dürfen Sie
nicht tun!«
Drei Tage, drei Stunden und elf Minuten bis zur
Ankunft
Eberly sah, wie eine kleine, pummelige Frau mit stachligem
rotem Haar sich einen Weg durch die Menge bahnte.
»Sie dürfen die Ring-Partikel nicht absaugen!«, rief sie,
während die Leute ihr eine Gasse freimachten. »Sie werden
die Ringe ruinieren! Sie werden sie zerstören!«
Eberly gebot der Menge mit erhobener Hand zu schweigen
und sagte trocken: »Wie es scheint, sind wir nun beim Frage-
und Antwort-Teil dieser abendlichen Veranstaltung
angelangt.«
Nachdem sie sich durch die Menge gekämpft und den Rand
der Plattform erreicht hatte, blieb Wunderly stehen. Auf
einmal wirkte sie verlegen und unsicher. Sie lief rot an und
schaute sich um.
Eberly schaute lächelnd auf sie hinunter. »Wenn die anderen
Kandidaten keine Einwände haben, würde ich diese junge
Frau hier gern aufs Podium bitten, damit sie uns ihre Ansicht
darlegen kann.«
Das Publikum applaudierte: lauwarm, aber es war immerhin
Applaus. Eberly warf einen Blick auf Urbain und
Timoschenko, die hinter ihm saßen. Urbain wirkte unsicher,
beinahe verwirrt.
Timoschenko saß mit über der Brust verschränkten Armen
da und hatte einen Ausdruck irgendwo zwischen Langeweile
und Abscheu in seinem dunklen Gesicht.
»Kommen Sie herauf«, sagte Eberly. »Kommen Sie her und
sagen Sie uns allen Ihre Meinung.«
Wunderly zögerte für einen Moment. Dann erklomm sie mit
grimmigem Gesicht und entschlossen zusammengepressten
Lippen die Stufen zur Plattform und ging ans Podium.
Während Eberly ein Mikrofon am Revers ihres Gewands
befestigte, sagte sie ernst: »Sie können die Ringe nicht
ausbeuten…«
Eberly brachte sie mit erhobenem Finger zum Schweigen.
»Einen Moment noch. Würden Sie uns bitte erst Ihren Namen
nennen. Und Ihre Tätigkeit.«
Sie schluckte, ließ den Blick übers Publikum schweifen und
sagte: »Dr. Nadia Wunderly. Ich gehöre zum Fachbereich
Planeten Wissenschaften.«
»Eine Wissenschaftlerin.« Dachte ich mir schon, sagte Eberly
sich. Nun habe ich die Gelegenheit, den Wählern zu zeigen,
wie egozentrisch die Wissenschaftler sind, wie rechthaberisch
sie sind und dass sie sich keinen Deut um den Rest von uns
scheren.
»Das stimmt, ich bin eine Planetenwissenschaftlerin. Und Sie
können die Ringe nicht abbauen. Sie würden sie zerstören. Ich
weiß wohl, dass sie groß wirken, aber wenn Sie alle Ring-
Partikel zusammennehmen, würden sie einen Eiskörper mit
einem Durchmesser von nicht einmal hundert Kilometern
bilden.«
»Möchten Sie sich an dieser Diskussion beteiligen, Dr.
Urbain?«, wandte Eberly sich an Urbain.
Der Quebecer erhob sich von seinem Stuhl und ging zum
Podium. Timoschenko saß mit noch immer über der Brust
verschränkten Armen reglos da und schaute finster.
»Die Ringe sind fragil«, sagte Wunderly ernst. »Wenn man
ihnen tonnenweise Partikel entzieht, werden sie
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