Saturn
Holly ernst. »Manny, ich möchte dir danken,
dass du mir das Leben gerettet hast. Kananga hätte mich sonst
getötet.«
Sein Gesicht verhärtete sich. »Ich habe es ihm zu leicht
gemacht. Damals im barrio hätten wir mit ihm das Gleiche
gemacht, was er dir und Raoul angetan hat. Und dann hätten
wir ihn von einer Autobahnbrücke geworfen.«
»Ihr sprecht von mir?«
Tavalera fuhr im Rollstuhl in Hollys Zimmer und blieb an
der anderen Seite des Bettes stehen.
»Ich wollte gerade zu Ihnen rüberkommen«, sagte Cardenas.
»Was macht die Lunge?«
»Sie macht sich. Die Ärzte haben mich heute Morgen
untersucht. Sie waren überrascht, dass ich solche Fortschritte
mache.«
»Die Regeneration des Lungengewebes wird noch ein paar
Tage dauern«, sagte Cardenas. »Bei den Rippen war es
einfacher.«
Tavalera nickte. »Es ist schon komisch. Ich scheine fast zu
spüren, wie diese kleinen Roboter in mir werkeln.«
»Das ist reine Einbildung.«
»Dann muss ich aber eine lebhafte Phantasie haben«, sagte
er.
»Raoul«, sagte Holly, »ich rechne es dir hoch an, dass du
mich beschützen wolltest.«
Er wurde rot. »Leider war ich dir keine sehr große Hilfe.«
»Du hast es immerhin versucht«, sagte Holly. »Als ich
wirklich Hilfe brauchte, warst du da und hast mir helfen
wollen.«
»Und ich habe eine Ladung Nanobots im Körper, die als
Beweis dienen.«
Cardenas begriff, was er damit sagen wollte. »Keine Sorge, in
ein paar Tagen werde ich sie wieder aus Ihnen entfernen, und
Sie können nach Hause zurückkehren. Sie werden keine
einzige Nano-Maschine mehr im Leib haben, wenn Sie die
Erde erreichen.«
»Du wirst aber allein zurückkehren müssen, amigo«, sagte
Gaeta. »Ich werde für immer hier bleiben.« Und er legte
Cardenas den Arm um die Schulter.
Holly sah das Leuchten in Cardenas' Augen. »Und was ist
mit den Technikern?«, fragte sie. »Werden sie auch hier
bleiben?«
»Nee«, sagte Gaeta mit einem Kopfschütteln. »Fritz will zur
Erde zurückkehren und einen neuen pendejo suchen, den er zu
einem Medienstar aufbauen kann. Aber den Anzug werde ich
behalten. Dieses Baby gehört mir.«
Tavalera schaute angespannt. »Darüber habe ich auch schon
nachgedacht.«
»Worüber?«, fragte Holly.
»Hier zu bleiben.«
»Wirklich?«, fragte Holly und machte große Augen.
»Ja. Irgendwie. Ich meine… so schlecht ist es hier gar nicht.
In diesem Habitat, meine ich. Ich frage mich, Dr. Cardenas, ob
ich weiter in Ihrem Labor arbeiten könnte? Als Ihr Assistent?«
»Ich brauche Ihre Hilfe, Raoul«, antwortete Cardenas wie
aus der Pistole geschossen. »Ich hatte mich schon gefragt, was
ich ohne Sie anfangen soll.«
»Dann bleibe ich«, sagte Tavalera und schaute Holly an.
Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Nicht zu fest, Raoul«,
sagte sie, als er sie ergriff. »Sie ist noch ziemlich empfindlich.«
Er grinste und ließ ihre Hand in seiner liegen.
Cardenas stand auf. »Ich habe zu arbeiten. Ich werde heute
Nachmittag noch mal bei euch beiden vorbeischauen. Komm,
Manny.«
Gaeta lehnte sich auf dem knarrenden Stuhl zurück. »Wohin
soll ich denn gehen? Ich bin doch im Ruhestand, nicht wahr?«
Cardenas packte ihn am Kragen. »Komm endlich, Manny.
Ich werde schon noch etwas für dich finden.«
Er ließ sich von ihr hochziehen. »Na, wenn du es sagst…«
Sie gingen. Holly legte sich wieder hin. Tavalera hielt noch
immer sanft ihre Hand.
»Du bleibst doch nicht etwa wegen mir, oder«, fragte sie ihn.
»Nein, nicht…« Er hielt inne. »Doch. Ich bleibe wegen dir«,
sagte er fast trotzig. »Das ist die Wahrheit.«
Holly lächelte ihn an. »Gut. Das wollte ich nur hören.«
Er erwiderte ihr Lächeln.
»Telefon!«, rief Holly. »Verbinde mich mit Pancho Lane im
Hauptquartier der Astro Corporation in Selene.«
Tavalera ließ ihre Hand los und wollte vom Bett wegrollen.
»Geh nicht, Raoul«, sagte Holly. »Ich möchte, dass du meine
Schwester kennen lernst.«
Professor Wilmot saß in seinem Lieblingssessel und schwenkte
vorsichtig das Whiskyglas, das er in der rechten Hand hielt.
Obwohl sein Blick auf den Bericht gerichtet war, den der
diktierte, ging er in Wirklichkeit weit über die Worte hinaus,
die vor ihm in der Luft hingen. Er ließ die Ereignisse der
letzten Tage Revue passieren und versuchte den weiteren
Gang der Ereignisse vorherzusehen.
Er saß lange Zeit allein da, schwenkte langsam den Whisky
und fragte sich, was er seinen Vorgesetzten auf der Erde
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