Saturn
war nicht mit ihr zu spaßen.
»Und was soll ich Ihrer Ansicht nach dagegen tun, Mr.
Perkins? Wir befinden uns im freien Fall. Erwarten Sie
vielleicht von mir, den Rückwärtsgang einzulegen und die
Gravitationsquelle des Saturns zu verlassen?«
»Äh… nein, Ma'am. Ich wollte nur…«
»Sie tun einfach nur Ihre Pflicht und hören auf zu jammern
wie ein altes Weib. Wir haben die Abriebrate schon vor dem
Ausscheren aus dem Mondorbit berechnet, nicht wahr? Der
Schirm wird nicht beschädigt werden.«
Der Erste Offizier senkte den Kopf und starrte auf den
Computermonitor, als ob sein Leben davon abhinge.
»Und Sie«, wandte sie sich an den Navigator, »behalten diese
anfliegende Eiskugel im Auge. Falls uns überhaupt Gefahr
droht, dann von ihr.«
»Sie folgt der prognostizierten Flugbahn mit einer minimalen
Abweichung«, sagte der Navigator.
»Sie beobachten sie trotzdem«, sagte Captain Nichol-son
schroff. »Und wenn die Astronomen noch so viele Prognosen
erstellen ‒ wenn dieses Ding uns erwischt, sind wir erledigt.«
Timoschenko grinste säuerlich. Sie ist ein beinhartes altes
Weib. Trotzdem werde ich sie vermissen, wenn sie uns
verlässt.
Wenn sie und die beiden anderen uns verlassen, werde ich
das dienstälteste Besatzungsmitglied sein, wurde er sich dann
bewusst. Das dienstälteste und das einzige.
»Er hat uns gelinkt«, zischte Vyborg. »Der Hund hat uns
gelinkt.«
Kananga, der die Echtzeit-Übertragung von Eberlys
gescheiterter Versammlung für sein improvisiertes Aufgebot
verfolgte, lachte laut. »Nein«, sagte der Ruander. »Er hat
versucht, uns zu linken. Aber es hat nicht geklappt.«
Sie befanden sich in Morgenthaus Büro. Sie saß am
Schreibtisch und schaltete die Übertragung der Spionage-
Kamera ab. Dann beugte sie sich auf dem knarrenden Stuhl
vor. »Wie verfahren wir nun mit ihm?«, fragte sie.
»Er ist ein Verräter«, insistierte Vyborg. »Ein
opportunistischer Wendehals, der seine eigene Mutter für ein
paar Silberlinge verkaufen würde.«
»Der Ansicht bin ich auch«, sagte Morgenthau mit einem
grimmigen Gesichtsausdruck. »Aber was sollen wir nun mit
ihm tun?«
»Dafür haben wir doch die Luftschleusen«, sagte Kananga
lächelnd. »Für ihn und das Mädchen.«
»Und Cardenas?«, fragte Morgenthau. »Und der Stuntman?
Und Wilmot und alle anderen, die gegen uns sind?«
Kananga wollte schon zustimmend nicken, bis er sich ihrer
Worte bewusst wurde. Er rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Wir können nicht jeden exekutieren, der nicht auf unserer
Linie liegt«, sagte Vyborg. »Leider.«
»Ja«, sagte Kananga. »Selbst meine besten Leute werden
irgendwo eine Grenze ziehen.«
»Dann müssen wir sie eben kontrollieren, anstatt sie zu
exekutieren«, sagte Morgenthau.
»Aber wie sollen wir Eberly jetzt noch kontrollieren? In ein
paar Stunden wird er als Leiter dieser Gemeinschaft eingesetzt
werden.«
»Das hat gar nichts zu sagen«, versicherte Morgenthau. »Sie
haben doch gesehen, wie diese Leute auf sein Hilfeersuchen
reagiert haben. Die Querulanten und Freidenker an Bord des
Habitats werden keinen Finger rühren, um ihm gegen uns zu
helfen.«
»Sie haben ihn aber gewählt.«
»Ja, und nun erwarten sie von ihm, dass er den Laden
schmeißt, ohne sie zu belästigen. Sie wollen nicht mit den
Pflichten eines Staatsbürgers behelligt werden.«
»Aha«, sagte Kananga. »Ich verstehe.«
»Solange wir die Leute in Ruhe lassen, werden sie uns bei
unseren Plänen auch freie Hand lassen.«
»Dann hat Eberly also den Titel, aber wir sorgen dafür, dass
er keine Macht hat.«
»Exakt. Er wird nach unserer Pfeife tanzen müssen. Er hat
gar nichts zu melden.«
»Und Wilmot?«
»Den haben wir schon abserviert.«
»Cardenas? Und der Stuntman?«, fragte Vyborg.
»Der Stuntman wird uns nach seiner Show verlassen. Er
wird mit dem Schiff zurückfliegen, das die Wissenschaftler
von der Erde herbringt.«
»Cardenas«, wiederholte Vyborg. »Ich will sie nicht hier
haben. Sie und ihre Nano-Maschinen.«
»Und diese Lane«, sagte Kananga und fasste sich an die
Backe, wo ihn ihr Tritt getroffen hatte. »Sie muss aus dem Weg
geräumt werden. Und zwar für immer.«
»Man könnte sie wegen Romeros Ermordung exekutieren«,
sagte Morgenthau.
»Es wäre aber besser, wenn sie bei einem Fluchtversuch
umkommt«, sagte Kananga.
»Ja, das stimmt wohl.«
»Und was ist mit Cardenas?«, insistierte Vyborg.
Morgenthau sog die Luft ein. »Ich mag sie auch nicht.
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