Saturn
brauchst dir keine Sorgen um
mich zu machen. Ich kann schon auf mich selbst aufpassen.«
»Schon wieder dieser Kananga und seine Schläger?«
Sie zögerte. »Du solltest dich da raushalten, Raoul. Du
könntest sonst große Schwierigkeiten bekommen.«
Selbst auf dem winzigen Bildschirm sah sie sein entschlossen
vorgeschobenes Kinn. »Wenn du in Schwierigkeiten bist,
werde ich dir helfen.«
Wie sollte sie ihn nur loswerden, ohne seine Gefühle zu
verletzen? »Raoul, du bist wirklich ein feiner Kerl«, platzte
Holly heraus. »Aber ich muss nun gehen. Bis später.«
Sie schaltete das Telefon aus und steckte es ein. Dann hob sie
die Tasche auf und verließ das Apartment. Ich will ihm nicht
schaden, sagte sich. Er soll nicht auch noch in diesen
Schlamassel hineingezogen werden.
Ihr folgten nur zwei Sicherheitsleute, als sie den Pfad
entlangging: ein massiger Mann und eine schlanke Frau, die
entweder hispanischer oder orientalischer Abstammung war;
Holly vermochte das bei der Entfernung, in der sie ihr folgten,
nicht zu sagen. Beide trugen schwarze Gewänder und Hosen,
mit denen sie vorm Hintergrund der weißen Gebäude des
Dorfs wie Tintenkleckse auf einem Schneefeld wirkten.
Sie grinste. Ich hänge diese beiden Clowns ab, sobald ich in
den Tunnels verschwinde.
Den dritten Sicherheitsagenten, der ihr weit vorausging,
bemerkte sie allerdings nicht. Aber sie entging ihm nicht.
Hollys gesamte Garderobe war mit einem monomolekularen
Geruchsstoff besprüht worden, der die Agenten in die Lage
versetzte, sie wie Bluthunde zu verfolgen.
»Du verpasst noch die Amtseinführung«, sagte Gaeta.
Cardenas zuckte die Achseln. »Dann verpasse ich sie eben.«
Gaetas massiver Panzeranzug stand wie eine groteske Statue
mitten in der Werkstatt. Die Kammer war mit dem
Hintergrundsummen elektrischer Ausrüstung erfüllt und der
stummen Konzentration der Spezialisten, die ihre Arbeit
verrichteten. Fritz und zwei seiner Techniker benutzten den
Laufkran, um den klobigen Anzug langsam in eine
waagrechte Position zu bringen und auf den achträdrigen
Transportwagen zu verladen. Für Cardenas sah es so aus, als
ob eine Statue vom Sockel geholt würde. Ein dritter Techniker
war in den Anzug gekrochen: Cardenas sah einen hellbraunen
Haarschopf durch die offene Luke an der Rückseite. An einer
Konsole an der Wand der Werkstatt saß Nadia Wunderly und
verfolge die Flugbahn des eisbedeckten Asteroiden, der sich
im letzten Anflug auf den Hauptring befand, bevor er in eine
Umlaufbahn um den Saturn gehen würde. Berkowitz tigerte
nervös von einem zum anderen und zeichnete alles mit seiner
Digicam auf.
Gaeta ging zum Diagnoserechner und beugte sich darüber.
Konzentriert studierte er die Reihen der grün leuchtenden
Lampen.
Er will mich wirklich verlassen, sagte Cardenas sich. Ich
sollte überhaupt nicht hier sein. Ich sollte ihn nicht ablenken.
Er sollte sich ausschließlich auf seinen Job konzentrieren.
Und doch blieb sie und trat unbehaglich von einem Fuß auf
den andern, während die Männer um sie herum ihre
Aufgaben erledigten, bevor sie den Anzug zur Luftschleuse
brachten. Von dort würde man ihn an Bord des Raumboots
schaffen, das Manny zu den Ringen bringen würde.
Während Gaeta ihnen dabei zusah, wie sie den Anzug sachte
absenkten, wurde Cardenas sich bewusst, dass dieses Gehäuse
für die nächsten zwei Tage seine Heimat sein würde. Er wird
darin leben müssen, darin arbeiten… und vielleicht darin
sterben.
Aufhören!, befahl sie sich. Was soll der Quatsch. Er hat so
schon genug Sorgen, ohne dass du ihn auch noch mit deinen
belästigst.
Es bedurfte einer enormen Willensanstrengung, doch
schließlich hörte Cardenas sich sagen: »Manny, ich gehe am
besten wieder in mein Apartment. Ich…« Sie verstummte,
berührte seine starke, muskulöse Schulter und küsste ihn
leicht auf den Mund. »Wir sehen uns nach deiner Rückkehr«,
sagte sie.
Er nickte mit einem todernsten Gesichtsausdruck. »In zwei
Tagen.«
»Viel Glück«, sagte sie und vermochte kaum die Hand von
seiner Schulter zu nehmen.
»Kein Grund zur Sorge«, sagte er und rang sich ein kleines
Lächeln für sie ab. »Das wird ein Spaziergang werden.«
»Viel Glück«, wiederholte sie. Dann wandte sie sich rasch
von ihm ab und ging zur Werkstatttür. Ihre Gedanken
überschlugen sich. Er wird es schon schaffen. Er hat schon
gefährlichere Stunts als diesen überstanden. Er weiß, was er
tut. Fritz wird schon nicht
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