Saturn
Sicherheitsdiensts
und der Kommunikations- und Personal-Abteilung
aufgefordert worden waren, der Amtseinführung
beizuwohnen, hatte gerade mal die Hälfte der Belegschaft sich
bequemt, zu erscheinen.
»Eliminieren?«, sagte Eberly schroff und versuchte die
Furcht zu verbergen, vor der er innerlich zitterte. »Sie können
jemanden von Cardenas' Format doch nicht einfach so
eliminieren. Dann werden Ermittler von der Erde mit
Ionentriebwerks-Schiffen herfliegen und der Sache auf den
Grund gehen.«
Morgenthau schaute ihn von der Seite an. »Dann eben
neutralisieren. Ich will jedenfalls nicht, dass sie hier an diesen
fluchwürdigen Nano-Maschinen arbeitet.«
»Sie wollen?«, sagte Eberly, ohne den Schritt zu
verlangsamen. »Seit wann geben Sie denn hier die Befehle?«
»Von Anfang an. Und dass Sie das nur nicht vergessen.«
»Ich bin derjenige, der ins Amt eingeführt wird«, sagte
Eberly mit einer Verve, die eigentlich gar nicht echt war. »Ich
werde als Anführer dieser Gemeinschaft eingesetzt.«
»Sie tun trotzdem, was ich Ihnen sage«, sagte Morgenthau
mit leidenschaftsloser und harter Stimme. »Wir wissen, dass
Sie versucht haben, uns zu hintergehen. Sie und Ihr
Aufgebot.« Sie lachte sarkastisch.
»Das war ein notwendiges taktisches Manöver. Ich hatte
doch nie die Absicht…«
»Fügen Sie Ihrem Sündenregister nicht noch eine weitere
Lüge hinzu. Ich müsste nur einen Anruf nach Amsterdam
tätigen, um Sie aus diesem Habitat entfernen und wieder in
Ihre Gefängniszelle in Wien verfrachten zu lassen.«
Eberly verkniff sich die Antwort, die ihm auf der Zunge lag.
Sie hatten nun das Naherholungsgebiet am Seeufer erreicht,
wo hunderte Stühle in ordentlichen Reihen vor der
Orchestermuschel aufgestellt worden waren. Einige Dutzend
Leute hatten bereits Platz genommen. Professor Wilmot saß
allein oben auf der Bühne und machte einen müden bis
gelangweilten Eindruck. Die Musiker, die sich an einer Seite
der Bühne versammelt hatten, nahmen ihre Instrumente und
formierten sich zu einem mehr oder weniger ordentlichen
Haufen.
Eberly blieb hinter der letzten Reihe der überwiegend leeren
Stühle stehen. Alles lief genau nach Plan. Dies war der
Moment, auf den er seit jenem Gespräch im Gefängnis
Schönbrunn hingearbeitet hatte. Er hatte diese
Amtseinführungs-Zeremonie bis ins kleinste Detail geplant.
Das Einzige, worauf er keinen Einfluss hatte, war die
erschreckende Gleichgültigkeit der Habitat-Bevölkerung. Das
und Morgenthaus zunehmend feindselige Haltung ihm
gegenüber. Es stimmt alles bis ins Detail, sagte Eberly sich,
aber der Tag ist trotzdem im Eimer.
»Sie müssen drei Schritte hinter mir gehen«, wandte er sich
an Morgenthau.
»Natürlich«, sagte sie mit einem wissenden Lächeln. »Ich
verstehe es sehr wohl, die Rolle des gehorsamen Frauchens zu
spielen.«
Eberly holte tief Luft. So wird das endlos weiter gehen,
wurde er sich bewusst. Sie wird mir das Leben zur Hölle
machen.
Dennoch setzte er ein Lächeln auf und richte sich zu seiner
ganzen Größe auf. Er blieb hinter der letzten Reihe der Stühle
stehen, bis er Blickkontakt mit dem Bandleader herstellte.
Eberly nickte und ging den breiten Gang zwischen den leeren
Stühlen entlang. Zwischen dem zweiten und dritten Schritt
stimmte die Band eine halbherzige Interpretation von ›Hail to
the Chief‹ an.
Holly verfolgte die Amtseinführungs-Zeremonie von ihrem
Apartment aus; sie war zutiefst verunsichert, was die Zukunft
wohl für sie bereithalten würde. Malcolm hatte versucht,
Kananga an die Wand zu spielen und hatte nichts erreicht.
Was wird er tun, nachdem er offiziell ins Amt eingeführt
wurde?
Was wird Kananga tun?
Holly kam zu dem Schluss, dass sie nicht warten durfte, bis
andere über ihr Schicksal entschieden. Sie schnappte sich ein
paar Kleidungsstücke, stopfte sie in eine Sporttasche und ging
zur Apartmenttür. Ich sollte mich lieber an einem sicheren Ort
verstecken, sagte sie sich, bis ich genau weiß, was sie
vorhaben.
Das Telefon summte. Sie stellte die Tasche ab und holte den
Palmtop heraus.
Raoul Tavaleras Gesicht erschien auf dem winzigen Monitor.
Er wirkte erschöpft und derangiert.
»Holly? Bist du in Ordnung?«
»Mir geht es gut, Raoul«, erwiderte sie mit einem
Kopfnicken. »Aber ich kann jetzt wirklich nicht mit dir
sprechen.«
»Ich mache mir Sorgen um dich.«
»Ach…« Holly wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war
wirklich gerührt. »Raoul, du
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