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Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)

Titel: Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Blum
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umherlaufen konnte.
    »Jetzt wird es ernst«, erklärte Lunke düster. »Da vorne liegt das Dorf der Menschen. Wir sind früh dran – die meisten schlafen noch.« Es klang, als würde er sich bestens dort auskennen.
    »Bist du schon mal im Dorf gewesen?«, fragte Kim zaghaft.
    »Klar.« Lunke nickte und grinste. »Am liebsten fresse ich Käfer und Blumenzwiebeln – die gibt es im Dorf in fast jedem Garten. Macht Spaß, sie auszugraben.« Sein mächtiger schwarzer Rüssel legte sich in Falten. Kim wusste nicht, ob das eine Art Kunststück sein sollte.
    Er wandte sich ab und machte zwei Schritte einen Graben hinunter. Mit einem braunen Tier im Maul kam er wieder zum Vorschein.
    »Habe alles vorbereitet«, knurrte er mit voller Schnauze. »Ein Kaninchen, um den Hund abzulenken.«
    Angewidert starrte Kim auf das Tier. Bewegte es sich noch? Sie war sich nicht sicher, aber dann lief Lunke auch schon mitten auf der Straße auf das Dorf zu, genau auf einem weißen Streifen, als wäre der dafür gemacht.
    Halt!, hätte Kim am liebsten geschrien. Lass uns umkehren! Das ist doch viel zu gefährlich, geradewegs unter die Menschen zu laufen! Dann dachte sie an den toten Munk und an die abgeführte Dörthe.
    Lunke schien es zu gefallen, im ersten Sonnenlicht auf der harten Asphaltstraße dahinzutraben. Er schnaufte zufrieden. »Solange du an meiner Seite bleibst, kann dir nichts passieren«, grunzte er undeutlich und warf ihr einen gönnerhaften Blick zu. Das Kaninchen in seiner Schnauze schwang hin und her.
    Kim sagte nichts, sondern bemühte sich, Schritt zu halten.
    Im Dorf gingen eine nach der anderen die Laternen aus. Ein Wagen fuhr weit vor ihnen eine andere Straße entlang. Kim hätte sich am liebsten irgendwo in einem Graben versteckt, aber Lunke zuckte mit keiner Borste, sondern lief stur geradeaus, dabei hatte er das Auto todsicher entdeckt.
    »Die meisten Menschen haben Angst vor uns – das ist unser Glück«, raunte er ihr zu.
    Kim spürte, wie sie immer unsicherer wurde. Was redete Lunke da? Vor ihr hatte noch nie ein Mensch Angst gehabt. Die Besucher, die Munk und Dörthe gehabt hatten, hatten sie bestaunt und dann meistens gefragt, wann sie geschlachtet werde. Von Angst und auch nur leiser Furcht war bei ihnen nie etwas zu spüren gewesen.
    Tatsächlich waren im Dorf keine Menschen zu sehen. Zwei Katzen kreuzten ihren Weg, eine war weiß, die andere schwarz, aber die beiden beachteten sie nicht weiter.
    »Aus denen mache ich Hackfleisch, wenn sie mir dumm kommen«, grunzte Lunke und kicherte mit dem Kaninchen im Maul. Das hatte wohl witzig sein sollen.
    Kim wäre gerne ein wenig langsamer geworden und hätte sich genauer umgesehen. Die Häuser waren viel höher als das von Munk, überall standen Autos, und jede Menge Gerüche flogen heran, von seltsamen Pflanzen und Menschen, doch Lunke hielt stur sein Tempo.
    Dann kamen sie an einem großen steinernen Gebäude vorbei, mit einem gewaltigen Turm, aus dem ein Schwarm Vögel laut krächzend herausstürzte, als hätten sie etwas dagegen, dass zwei Schweine durchs Dorf trabten.
    »Hier«, sagte Lunke, und wieder schwang das tote Kaninchen in seiner Schnauze hin und her, »gibt es tolle Blumenzwiebeln.« Mit dem Kopf deutete er auf ein Beet vor dem mächtigen steinernen Gebäude.
    Aus einem anderen Gebäude zog der warme süß liche Duft von Brot. Hinter dem halb geöffneten Fenster konnte sie Menschen bei der Arbeit hören.
    Ein paar Häuser weiter sah Kim es – aus einem riesigen Fenster blickte sie sich an. Nein, das war nicht sie, aber es hätte ihre Schwester oder ihr Bruder sein können: ein großes rosiges Schwein, kein Mini wie Cecile, kein Schwein mit einem weißen Fleck wie Che.
    »Ja«, sagte Lunke, der ihr Zögern bemerkte, »hier ist es – hier ist Kaltmanns schrecklicher Laden. Von jetzt ab müssen wir vorsichtig sein. Der verdammte Köter liegt meistens schon frühmorgens auf der Lauer.«
    Kim schaute ihr Ebenbild an und brauchte einen Moment, um zu verstehen. Das also war die Schlachterei – und hier hing man so ein wunderbares Bild hin, um dann Schweine zu töten und sie ohne Haut und Knochen zu verkaufen? Was sollte dieser Unsinn?
    Sie hielt ihren Rüssel in den leichten Wind. Tatsächlich, da war der Geruch von Fleisch und Blut, und noch etwas war zu riechen: Angst und Schrecken, letzte Wünsche und gequälte Atemzüge – ein ganzes Panorama des Entsetzens erstand vor ihren Augen. Plötzlich begriff sie auch Ches Hass besser – er hatte schon

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