Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)
gekommen, um vor unseren Augen zu fressen. Ich rieche so viele Leckerbissen, dass mir schwindelig wird. Kartoffeln, Senfsoße, Hühnerbrühe, Spargel, Möhren, dazu Sahnepudding.« Während er die Worte leise vor sich hin sprach, machte sein Kiefer mahlende Bewegungen.
Kim wunderte sich, woher er all diese Speisen kannte. »Und sie essen Schweine«, sagte sie und spürte erneut einen Schauer, der sie durchlief.
»Ja«, erwiderte Brunst und schmatzte, »leicht angebraten, in einer Meerrettichsoße.« Er grunzte leise und zog sich auf den hinteren Teil der Wiese zurück, um sich über die letzten Kohlköpfe herzumachen. Zum Glück hatte Dörthe eine ganze Schubkarre davon abgeladen.
Dörthe begrüßte jeden der Ankömmlinge an der Tür, und dann traten sie alle nacheinander ein und begaben sich in Munks Atelier, wo sie von den weiß gekleideten Männern erwartet wurden, die feierlich, mit Tabletts voller Gläser, dastanden. Die Menschen nickten ihnen zu, wenn sie ein Glas nahmen. Das Männlein hatte sich unterdessen vorne an einem schmalen Tisch postiert und betrachtete das Treiben gleichmütig und ein wenig gelangweilt. Schredder hielt sich abseits und sprach in seinen silberfarbenen Apparat hinein, die blonde Frau neben ihm hielt stumm zwei Gläser in der Hand und blickte über alle anderen hinweg.
Einmal hatte auch Munk so ein Fest gefeiert, fiel Kim ein, aber nicht in seinem Atelier, sondern draußen auf dem Hof in einem weißen Zelt. Sie hatten die ganze Nacht nicht schlafen können, weil die Musik so laut gewesen war und die Menschen so viel geredet hatten. Gegen Morgen, als es schon hell wurde, war Munk dann mit einer Frau, die grüne Haare hatte und fast nackt gewesen war, in den Stall gekommen. Erst hatte Kim gedacht, sie würden auf den Heuboden gehen, um sich zu küssen und Geräusche zu machen, aber stattdessen hatten sie Brunst geweckt und auf die Wiese getrieben. Die Frau hatte versucht, auf ihn zu klettern und auf seinem Rücken umherzureiten, aber Brunst hatte sie immer wieder abgeworfen. Dabei hatte er sich in eine Wut hineingesteigert, dass Kim, die alles heimlich beobachtet hatte, schon erwartet hatte, er würde sich auf die Frau stürzen. Schließlich hatte Munk die Gefahr erkannt und die Frau, die unentwegt schrill und übertrieben gelacht hatte, zum Zaun geleitet. Hinterher hatte Che gesagt, Brunst hätte ein Zeichen für die Würde aller Schweine setzen sollen und die Frau für ihren Angriff bestrafen müssen, aber Brunst hatte nur verächtlich gegrunzt und eine Woche mit niemandem gesprochen.
Nach und nach begannen die Menschen, auf den Stühlen Platz zu nehmen. Kaltmann hatte sich in die letzte Reihe verdrückt. Er war auch der Einzige, der einmal zur Wiese geschaut hatte. Kim war seinem Blick hastig ausgewichen.
Cecile trabte neugierig heran. »Warum sind all diese Menschen gekommen?«, fragte sie mit piepsiger Stimme. »Wissen die alle schon, dass ihr den Mann im Wald umgebracht habt?«
Kim warf ihr einen wütenden Blick zu. »Wir haben niemanden umgebracht«, erwiderte sie barsch. »Der Mann hat sich selbst erschossen.«
Cecile kicherte. »Aber warum hätte er das tun sollen?«
»Wie geht es Doktor Pik?«, fragte Kim, um die Kleine loszuwerden. »Tu mir einen Gefallen und behalte ihn im Auge.«
»Ich will aber sehen, was die Menschen hier machen«, entgegnete sie nörgelnd.
Ein Wagen raste mit eingeschalteten Scheinwerfern auf den Hof. Kim spürte, wie sich die Borsten in ihrem Nacken aufrichteten. Kroll ist gar nicht tot, dachte sie. Gleich steigt er mit einem schrecklichen Lächeln aus und erschießt uns. Er war ein Mensch, der alle täuschen konnte. Doch nur die Fahrertür öffnete sich, und Ebersbach wuchtete sich schnaufend ins Freie. Kim roch, wie sehr er schwitzte. Es schien ihm nicht gut zu gehen; mit bleichem Gesicht watschelte er auf das Haus zu und vergaß in seiner Eile sogar, ihnen auf der Wiese einen Blick zuzuwerfen.
»Der dicke Mann ist unglücklich«, sagte Cecile, die Ebersbachs Auftritt ebenfalls aufmerksam beobachtet hatte.
»Wenn du dich ein wenig um Doktor Pik kümmerst, verrate ich dir ein Geheimnis«, erklärte Kim. Das Gerede der Kleinen begann sie abzulenken und ihr auf die Nerven zu gehen.
»Was für ein Geheimnis?« Cecile starrte sie mit aufgerissenen Augen an. »Wie man fliegen lernt?«
Eigentlich hatte Kim an Doktor Piks Kartentrick gedacht, aber vermutlich hätte das nicht gereicht, um Cecile loszuwerden. »Genau«, sagte sie deshalb, »wie man
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