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Sauberer Abgang

Sauberer Abgang

Titel: Sauberer Abgang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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er ja Miete zahlen mußte. »Wenn du endlich was Vernünftiges studierst, Willi, unterstütze ich dich gerne, aber für brotlose Kunst gibt’s bei mir nichts.« Sogar Marga hatte den Alten nicht überzeugen können. »Musik! Und Soziologie! Was für ein hirnverbrannter Blödsinn!«
    Mit hochrotem Kopf hatte sein Vater im Flur gestanden, er trug noch den Geschäftsanzug, er war gerade erst zurückgekommen aus »der Firma«.
    Will stand mit gepackten Sachen vor der Wohnungstür. Der Abschied von seiner Mutter war tränenreich geworden, am liebsten hätte er mitgeweint. Es lenkte ab, sich über den Alten zu erregen. »Ich will herausfinden, warum Leute wie du so geworden sind!« schleuderte er seinem Vater entgegen.
    »Wie was?« Karl war rot geworden im Gesicht und hatte sich hinter den Krawattenknoten gegriffen, um ihn zu lockern.
    »Wie ein Betonkopf!«
    Will zog sich die Bettdecke unters Kinn und verzog den Mund. Wenigstens hatte er nicht »wildgewordener Spießer« oder »faschistoider Kleinbürger« gesagt, aber das geriet damals gerade aus der Mode.
    Karl Bastian hatte nur »Raus!« gebrüllt.
    Will seufzte und drehte sich auf die Seite. Und jetzt kehrte der verstoßene Sohn reumütig zurück. Auch wenn es nur Frikadellen gab und kein gemästetes Kalb.
    Im Halbschlaf dachte er an Marcus und sandte ihm schöne Grüße hoch zur Wolke, auf der er ihn sitzen sah. Es gab eindeutig Schlimmeres als Frikadellen beim Vater. Noch war das Leben besser als der Tod.

7
    Es war schon nach halb sieben. Die Luft war frühlingshaft milde heute morgen, und Dalia schwitzte, als sie durch die Drehtür ins Foyer des Bankhauses einlief. Milan vom Empfang guckte sie für ihr Empfinden ein bißchen zu lange an, bevor er ihr die Schlüssel für ihr Revier hinschob. War das Mißtrauen? Sie lächelte ihm zu, raffte die Schlüssel zusammen und ging zur Sicherheitsschleuse. Es war kindisch, aber sie kam sich immer vor wie Lieutenant Uhura vom »Raumschiff Enterprise«, wenn sie in die gläserne Röhre trat. Erst mußte man seinen Ausweis gegen das ovale Zeichen an der Wand halten, dann öffnete sich das Glasetui, man trat hinein und wartete, daß es auf der anderen Seite wieder aufging. Sie hatte schon Frauen erlebt, die entsetzt zurückgewichen waren, weil sie glaubten, sie würden da drinnen durchleuchtet werden. Sie hingegen dachte gerne an geheimnisvolle Strahlen, zum Beispiel an solche, die sie in eine ferne Galaxie transportierten – ganz so wie in der Fernsehserie, nach der ihre Mutter süchtig gewesen war.
    Diesmal blieb die Schleuse geschlossen, nachdem sie eingetreten war. Nüchtern erwog sie die Möglichkeit, daß man sie erkannt und vorsorglich festgenommen hatte, als das Glashalbrund sich endlich zur Seite schob.
    Dalia überquerte das Parkett in der Eingangshalle, über das einer der Männer von Pollux die orangene Taski schob, ein Monstrum von Bohnermaschine, die keine Frau anrührte. Bohnern war Männerarbeit, ebenso wie die Entsorgung der Müllsäcke, die für Frauen zu schwer waren. Auch Fensterputzen war Männersache, wogegen sie nichts hatte, obwohl es gut bezahlt wurde: Sie war nicht schwindelfrei.
    Im Putzraum hinten bei den Toiletten hängte sie ihren Mantel in den Schrank, schlüpfte in die Turnschuhe und zog sich den blauweißen Kittel über. Dann machte sie den Wagen fertig. Erst den für die Küche, die kam immer zuerst dran. Danach arbeitete sie sich durch jedes Zimmer und jeden Konferenzraum ihres Reviers, und zum Schluß putzte sie die Toiletten.
    Bei Pollux putzte man nach Revier, nicht in Kolonne. Ihr war das recht, sie war lieber allein als in einer Gruppe von Frauen, die sich in einer Sprache verständigten, die sie nicht verstand. Manchmal sah sie tagelang niemanden von den anderen, höchstens Dragutin, den Objektleiter, bei der Kontrolle, manchmal auch die Chefin, die ebenfalls regelmäßige Rundgänge machte, und das reichte ihr vollauf für den Rest der Woche.
    Die Küche wurde selten benutzt, Banker brauchen offenbar nicht viel – außerdem gab es in der Kantine alles kostenlos. Man machte sich hier höchstens einen Kaffee oder einen Tee, verstaute die Kaffeesahne im Kühlschrank, wo auch der Joghurt stand und das Fitneßgetränk und die Flasche Wein. Irgend etwas wurde immer vergessen und moderte dann vor sich hin, aber in der Objektbelehrung war sie darauf hingewiesen worden, daß sie weder Lebensmittel noch Getränke fortnehmen dürfe, auch nicht solche, die schon von alleine gehen konnten. Und

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