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Sauberer Abgang

Sauberer Abgang

Titel: Sauberer Abgang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Sie hatten Pornohefte und Whiskyflaschen in den Schreibtischschubladen, mailten einander schlechte Witze oder pinnten grelle Karikaturen an die Wand, die dort hängenblieben, bis sie vergilbt waren. Und was sich alles in den Papierkörben fand!
    Besser wurde es, je höher einer aufgestiegen war in der Hierarchie, am besten da, wohin es noch keine Frau geschafft hatte. Marcus Saitz war so einer gewesen: Sein Büro wirkte stets aufgeräumt, weshalb es ihr auch kein Problem bereitet hatte, ihn auszuspionieren. Sie wußte mittlerweile, wie Männer sich tarnten. Die meisten waren so einfallslos, daß sie sich fragte, wie es ihnen gelang, ihre krummen Touren geheimzuhalten. Wahrscheinlich nur, weil die anderen Männer genauso beschränkt waren – oder eitlerweise einfach nicht glauben wollten, daß ein Geschlechtsgenosse so blöd sein konnte.
    Sie tupfte sich mit der Papierserviette den Mund ab, lockte Wotan und ging über den großen Platz vor der Alten Oper hinüber in die Parkanlage. Auf den Bäumen schwatzten Vögel und in den Zwillingstürmen der Deutschen Bank spiegelte sich der Abendhimmel. Die Stadt war auf eine unromantische Weise schön. Dalia liebte es, im Dämmerlicht hinüber- und hinaufzusehen zu den Hochhäusern, in denen Lichter aus- und andere wieder angingen. Noch fuhren Radfahrer durch den Park, den man auf den Resten der alten Wallanlage errichtet hatte. Aber unter den Bäumen war das Licht schon gedämpft, schien das Rauschen des Feierabendverkehrs leiser zu werden.
    Wotan verharrte, stellte die Ohrchen auf und hechtete mit einem für seine Statur rührend eleganten Satz unter den Busch am Wegesrand. Sie wartete eine Weile, bis sie sanft an der Hundeleine zog. Der stämmige weiße Hund hatte den Kopf tief im Vorjahreslaub vergraben und wedelte zur Antwort verträumt mit dem Stummelschwanz. Was der Geruchssinn eines Hundes wohl für Welten entwarf? Und erschienen sie ihm in bunt oder schwarzweiß?
    Sie stellte sich eine wilde Kakophonie der Farben und Formen vor, zu dem das Hundehirn die olfaktorischen Eindrücke zusammensetzte. Oder zeichnete es eine präzise Topographie der Geruchslandschaft, komponiert aus vermodertem Laub, Hasenkot und Männerpisse?
    Sie schüttelte sich und zog den Hund weiter. Ihr war nicht wohl. Sie hatte das Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben. Aber welchen? Sie hatte sich nichts zuschulden kommen lassen. Noch nichts. Und davon mal abgesehen: Wer verdächtigt schon eine Putzfrau?
    Andererseits … Sie hatte etwas mitgehen lassen, etwas, das der Tote in der Hand gehalten hatte. Sie hatte es vorhin nach dem Waschen ihrer Arbeitskleidung in der Waschmaschine gefunden. Es war eine Art Amulett. Wichtig? Wahrscheinlich nicht.
    Der Weg nach Hause führte wie ein Querschnitt durch die Stadt. Vor den Cafés am Opernplatz wurden von Herbst bis Frühjahr die gasflaschenbetriebenen Wärmestrahler entzündet, damit die Flaneure im besten Mittelalter draußen sitzen konnten bei ihrem Apero oder Champagnercocktail. Normalerweise ging sie durch die Freßgaß’ Richtung Hauptwache, manchmal auch durch die Goethestraße, der Schaufenster wegen. Nur heute nicht – wenn sie sich Sorgen machte, hatte sie keinen Spaß daran, ihr Geld für einen Kaschmirpullover von Strenesse auszugeben oder für ein Jackett von Rena Lange. Dabei war genug Kohle da – sie mußte schon längst nicht mehr leben von dem bißchen Putzlohn bei Pollux.
    Sie ließ Wotan an den Straßenbäumen an der Hauptwache schnuppern, da, wo halbwüchsige Buben ihre Skateboards ausreizten. Dann kämpfte sie sich über die Zeil, über die umsatzstärkste Einkaufsmeile der Republik. Wotan hielt sich ganz dicht an ihren Beinen, aus Furcht vor Radfahrern, Skatern, Betrunkenen und Jungs in der Pubertät. Aber vielleicht wollte er umgekehrt sie beschützen?
    Zu viele Menschen, zu wenig Platz. Zu viel Nähe, zu wenig Fluchtmöglichkeiten. Wotan gab ein tiefes Grollen von sich. Der Mann vor ihr zerrte mit rotem Gesicht seine unerzogene Töle weg, die einen Bulldog offenbar für ein leichtes Fressen hielt, nur weil er ein paar Handbreit kleiner war.
    Dalia schob sich durch die Menschenmassen und flüchtete in eine Seitenstraße. In der Töngesgasse ließ sie Wotan an den Auslagen von Samen-Andreas schnuppern und lief dann in den schützenden Hafen ein. Als sie die Tür zum Café Mozart hinter sich zufallen ließ, atmete sie auf.
    Sie glitt in einen der dunkelroten Ledersessel. Wotan rollte sich zu ihren Füßen zusammen. Inka, die

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