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Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Titel: Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Jacobs
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es und schnuppere ein paarmal daran. Wahrscheinlich denken die Leute, dass ich Klebstoff schnüffle – aber ich bin so tiefenentspannt, dass mir das völlig egal ist.
    Check-up: Monat 22
Gewicht: 72,1 kg
Selbstmassage, Tagesdurchschnitt: 4 Minuten
Schlaf, Nachtdurchschnitt: 7 Stunden
Zimtverwendung (verbessert angeblich die Insulinempfindlichkeit): in jeder dritten Mahlzeit.
    Mein kleines Nasenabenteuer war sehr hilfreich: Ich habe wieder zu meinen Spinatsalaten zurückgefunden, zur Meditation und zur modifizierten Basstechnik. Und wenn ich die Augen zusammenkneife, kann ich in der Ferne die Ziellinie meines Projekts erkennen. Es soll ja nicht länger dauern als zwei Jahre, meinen Nerven und denen meines Verlegers zuliebe.
    Trotzdem spuken morbide Gedanken in meinem Gehirn herum. Einige Fragen erfüllen mich mit tiefster Sorge: Was, wenn das alles umsonst ist? Was, wenn meine DNS schon lange mein Todesurteil gefällt hat, wenn sie in meinem Körper eine tödliche Krankheit versteckt, der ich noch vor Jahresende erliegen werde?
    Diese Angst brachte mich dazu, in ein dünnes Röhrchen zu spucken und es an ein Labor in Kalifornien zu schicken.
    Diesen Monat habe ich die Ergebnisse bekommen. Und eigentlich müsste ich meinen Eltern zutiefst dankbar sein angesichts der Tatsache, dass sie mich für meinen Lebensweg mit einer ganz passablen DNS ausgestattet haben.
    Die Analyse förderte kein größeres genetisches Gefahrenpotential zutage. Ich habe ein leicht erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden und an Arthritis oder Restless-Legs-Syndrome zu erkranken. Ich reagiere überempfindlich auf den Blutverdünner Warfarin. Doch im Großen und Ganzen liegt laut der Analyse keine erhöhte Anfälligkeit für eine schreckliche Krankheit vor.
    Ich sollte also dankbar sein. Doch stattdessen brüte ich über einem meiner Laborwerte: Mein Gen FADS2 weist eine C-Mutation auf. Laut Website des Genlabors kann »die C-Mutation den IQ um sechs bis sieben Prozent steigern, sofern der Träger der Mutation als Säugling gestillt wurde«.
    Ich wurde nicht gestillt.
    Weshalb mein IQ um sechs bis sieben Prozent niedriger ist, als er sein könnte. Jedenfalls theoretisch. Eine verstörende Nachricht. Sechs bis sieben Prozent? Das ist nicht wenig. Stellen Sie sich nur mal vor, was aus mir alles hätte werden können! Vielleicht würde der brustgefütterte A. J. lieber DVD s von François Truffaut ausleihen als Filme von Mel Brooks. Vielleicht würde er das Mahabharata in der Originalsprache Sanskrit lesen. Vielleicht würde er selbst Genome entschlüsseln, anstatt seine Spucke per Fedex ins Labor zu schicken.
    Was soll ich jetzt machen? Soll ich die Sache meiner Mutter gegenüber zur Sprache bringen und ihr einen Schuldkomplex bescheren? Ich kann ihr doch deswegen unmöglich Vorwürfe machen. Damals galt industriell hergestellte Säuglingsnahrung als genauso gut wie Muttermilch, wenn nicht sogar als besser.
    Vielleicht kann ich diesen IQ -Mangel ja noch kompensieren. Etwa indem ich häufiger die literaturwissenschaftlichen Vorlesungen der Yale University auf YouTube anschaue. Oder mir ein Mathematikbuch kaufe. Positiv betrachtet, läuft mein geringfügig niedrigerer IQ darauf hinaus, dass auch meine Gedächtnisleistung nicht so hoch ist, wie sie sein könnte. Da werde ich möglicherweise sowieso schon bald vergessen, dass es um meinen IQ besser bestellt sein könnte.
    Außerdem führe ich mir immer wieder vor Augen, dass dieses Analyseergebnis genau genommen noch lange nicht der Stein der Weisen ist. Ich habe mich zwar an eines der renommiertesten Genlabors gewendet, doch derzeit steckt die Gendiagnostik noch in den Kinderschuhen. Verlässlicher als Tarotkarten, aber wesentlich weniger verlässlich als Röntgenaufnahmen. Bis sie sich flächendeckend als Diagnosemethode durchsetzt, wird noch viel Zeit vergehen.
    Das größte Problem besteht darin, dass nur selten ein eindeutiger Kausalzusammenhang zwischen einem bestimmten Gen und einer bestimmten Eigenschaft existiert. Es gibt kein »Glatzen-Gen«. Stets sind Dutzende Gene beteiligt, die miteinander und mit Umweltfaktoren interagieren. Und wir werden noch ein Weilchen brauchen, um diese Knäuel zu entwirren.
    Aus den Analysen der Genlabors lassen sich immerhin einige nützliche und sofort umsetzbare Gesundheitstipps ableiten. Dies gilt insbesondere für die Angaben zur Medikamentenverträglichkeit. Doch im Augenblick bieten die Analysen nicht viel mehr als eine Ansammlung interessanter

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