Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
Frauen, beim Laufen den Hintern so weit wie möglich einzuziehen. Aber ich sage immer: ›Ganz im Gegenteil! Ihr müsst herzeigen, was Ihr habt!‹«
Ich versuche herzuzeigen, was ich habe. Mit herausgestrecktem Hinterteil und vornübergebeugtem Oberkörper gehe ich um die Couch herum und lasse die Arme baumeln. »Ich komme mir vor wie ein Affe«, sage ich.
FitzGordon strahlt. »Genau das wollte ich hören. Auf zum Affengang, junger Mann. Das ist einer meiner wichtigsten Lehrsätze.« Die Wirbelsäule von Gorillas ist im unteren Teil stabförmig nach vorne geneigt – daher können sie sich gar nicht zurücklehnen.
Achselzuckend werfe ich Julie einen pseudobescheidenen Blick zu, der sagt: »Ich kann auch nichts dafür, wenn ich auf einmal Lehrers Liebling bin.«
Julie lächelt pseudofreundlich zurück.
Ich frage FitzGordon, was er von den klassischen Haltungsempfehlungen hält. Kommt ganz drauf an, sagt er.
Es ist durchaus sinnvoll, das Telefonbuch auf dem Kopf zu balancieren: »Dadurch lernt man, die Halswirbelsäule gerade zu halten«, sagt er. Auf der anderen Seite »ist der Rat, die Schultern zurückzunehmen, so ziemlich das Dümmste überhaupt«. Wer die Schultern zurücknimmt, kann nur noch flach atmen, erklärt er. Die allseits empfohlene Bauchatmung wird da zum Ding der Unmöglichkeit.
Nach dem Gehkurs versuchten wir noch ein paar Tage lang, FitzGordons Empfehlungen zu beherzigen.
Wir waren beide angetan von seinem Rat, möglichst aufrecht zu stehen. »Haltung!«, ermahnten wir einander eine ganze Weile, wenn wir gemeinsam in der Küche standen. Mit geradem Rücken verströmte ich automatisch mehr Entschiedenheit und Selbstbewusstsein. Ganz so, als sei ich Admiral einer mittelgroßen Kriegsflotte. An der Redewendung »du musst Rückgrat zeigen« ist offenbar einiges dran.
Im erzieherischen Umgang mit den Kindern wurde ich sehr viel bestimmter. Wenn ich »Bitte fasst meinen Computer nicht an« sagte, wichen sie immer gleich zurück, quasi ein »AyeAye, Sir!« auf den Lippen. Würden sie genauso reagieren, wenn ich immer noch Full-Time-Schlurfer wäre? Vielleicht nicht.
Großartig fand ich auch FitzGordons Rat, kleinere Schritte zu machen. Sie vermitteln mir das Gefühl, leistungsfähiger zu sein. Durch meine neue Schritttechnik bin ich schneller geworden, physisch wie mental. Eines habe ich im Laufe dieses Projekts begriffen: Der Körper hat Einfluss auf den Geist. Je schneller meine Schritte aufeinander folgen, desto schneller denke ich.
Nur beim Hinternrausstrecken kommen Julie und ich uns immer noch sehr seltsam vor, obwohl wir es inzwischen oft versucht haben. Wir drücken den Po raus, aber ein paar Minuten später rutscht er schon wieder nach vorn.
Um sicherzugehen, dass Julie und ich auf dem richtigen Weg waren, rief ich auch einen Schulmediziner an, den Rückenexperten Dr. Jeffrey Katz, Harvard-Professor und Autor des Buches Heal Your Aching Back .
Seine Haltungstipps fielen wesentlich weniger detailliert aus als die von FitzGordon. Im Grunde liefen sie auf »Machen Sie sich darüber nicht so viele Gedanken« hinaus: »Die evidenzbasierte Medizin hat sich mit Fragen der Körperhaltung bisher noch nicht sehr intensiv beschäftigt.« Was auch daran liegt, dass die Pharmaindustrie an der Finanzierung entsprechender Studien eher wenig Interesse hat. Laut Katz ist daher derzeit zum Thema nicht viel mehr verfügbar als der Rat, möglichst aufrecht zu stehen und die Wirbelsäule zu strecken. Von Po-Rausstrecken sagt er nichts. Gut, dann muss ich wenigstens kein schlechtes Gewissen haben, wenn mir das nicht gelingt.
In seinem Buch führt Katz diverse Strategien auf, durch die sich Rückenschmerzen lindern lassen. Ich habe sie allesamt einem Praxistest unterzogen:
Nackenübungen. Legen Sie die Hand etwa zehn Sekunden lang auf die Stirn und neigen Sie den Kopf gegen den sanften Widerstand der Hand langsam nach vorn. Die Geste hat ein bisschen was von »Oh Gott!« – was eigentlich sehr passend ist, denn genau das dachte ich, als mir klar wurde, dass ab sofort Übungen für einen weiteren Körperteil auf dem Programm stehen (Hände, Beine, Nacken: Inzwischen bin ich bei über einer Stunde täglich).
Wenn Sie am Schreibtisch sitzen, schieben Sie den Po so weit wie möglich nach hinten. Für Julie und mich ist das eine wichtige Anregung: Im Sitzen sehen wir bisher beide aus wie Mehlsäcke.
Wenn Sie etwas vom Boden aufheben, gehen Sie mit möglichst geradem Rücken in die Knie und setzen Sie die
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