Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
die Glücksgefühle in den Ecken und Ritzen meines Gehirns im f MRT aufleuchten.
Zunächst war auch Julie sehr angetan. Ich erntete sogar ein paar »Ahhhs« und »Ohhhhs«. Doch ihre Begeisterung kennt Grenzen. Als ich versuchte, während eines Streits über Erziehungsfragen ihre Hand zu halten, entzog sie sich mir so abrupt, als hätte ich ihr eine Brennnessel hingehalten.
»Aber so können wir verhindern, dass unser Stresspegel während des Streits ansteigt«, sagte ich.
»Wenn ich streite, will ich mich aufregen. Das ist doch gerade der Sinn der Sache!«
Meine Söhne sind da weniger wählerisch. Und das muss ich ausnutzen, solange sie mich noch lassen. Schade, dass Händchenhalten zwischen Männern in den USA anders als im Nahen Osten gesellschaftlich verpönt ist. Auf dem Weg zur Schule Jaspers kleine Hand zu halten, ist für mich jedenfalls unglaublich beglückend – obgleich auch dieses Glück nicht ewig währt.
Tastatur-Tipperkrampf
Dank Finger Fitness sind meine Hände so geschickt und kräftig wie nie. Julie beglückwünschte mich sogar zu meinen neuen Talenten, als wir uns daran machten, für die Kinder diese modischen Freundschaftsbänder fürs Handgelenk zu flechten. Würde mein demnächst anstehender Triathlon auch die Disziplin »Origami« umfassen – ich wäre bestens vorbereitet.
Trotz der Topform meiner Finger habe ich ausgerechnet für dieses Kapitel ein bisschen länger gebraucht als sonst. Denn nach einem Gespräch mit Dr. Michael Hausman, einem bekannten New Yorker Handchirurgen, habe ich meinen Tipprhythmus geändert.
Hand- und Handgelenkschmerzen sind weiter verbreitet denn je. Jeden Tag machen neue Handerkrankungen von sich reden: Wikipedia nennt in diesem Zusammenhang BlackBerry-Daumen, Rubik’s-Cube-Arm und Rubik’s-Cube-Daumen, Stylus-Finger und – mein absoluter Favorit – Raver’s Wrist: Handgelenkbeschwerden, die auf das stundenlange Herumwedeln mit Knicklichtern zurückzuführen sind. (Seht ihr, Kinder, Ecstasy ist wirklich ungesund!)
Der Run auf Apple-Produkte hat die Lage nicht gebessert. Denn auch die Touchscreens verursachen Handprobleme, unter anderem Swiper’s Finger vom ständigen Herumwischen und Fingerkrämpfe vom exzessiven Vergrößern und Verkleinern des Bildschirminhalts (keine Ahnung, ob die Fingerkrämpfe inzwischen auch einen eigenen Namen haben).
Doch die Hauptursache der ganzen Handmalaisen ist vermutlich das Tastaturtippen. »Erinnern Sie sich noch an die Wagenrücklauftaste?«, fragte mich Dr. Hausman. »Die Wagenrücklauftaste brachte immer eine kurze Pause mit sich. Heute hingegen tippt man stundenlang Seite für Seite. Und das führt dazu, dass sich Milchsäure in den Muskeln ansammelt. Die Folge sind Verspannungen. Ich rate den Leuten immer, sich eine von diesen eigentlich nervtötenden Digitaluhren anzuschaffen, sie so einzustellen, dass die Erinnerungsfunktion alle zehn Minuten piepst – und dann jedes Mal gründlich die Hände auszuschütteln.«
Ich habe Dr. Hausmans Rat befolgt. Seitdem meldet sich mein iPhone alle zehn Minuten. Ich habe »Spielautomaten-Jackpot« als Sound eingestellt und berausche mich jedes Mal spontan an einem Dopamin-High, bevor mir klar wird, dass ich nichts gewonnen habe, sondern einfach nur die Hände ausschütteln soll.
Wahrscheinlich werde ich diesen künstlich herbeigeklingelten Zehn-Minuten-Rhythmus nicht beibehalten. Denn Studien belegen, dass Störungen bei der Arbeit ungesund sind. Die Ablenkung kann Stress und Depressionen verursachen.
Dann müssen eben meine Hände dran glauben. Will sagen: Ich setze sie dem Risiko aus, Verletzungen durch wiederkehrende Belastung zu erleiden, auch RSI , Repetitive Stress Injury-Syndrome genannt. Aber wenigstens werde ich nicht an Karpaltunnelsyndrom ( KTS ) erkranken. Dabei kommt es zu einer schmerzhaften Verengung des Mittelarmnervs im Bereich der Handwurzel. Laut Dr. Hausman ist das KTS entgegen einer weitverbreiteten Annahme im Wesentlichen auf genetische Veranlagung zurückzuführen. Es gebe nur ganz wenige Tätigkeiten, die im Verdacht stehen, es zu verursachen, etwa der Umgang mit stark vibrierendem Elektrowerkzeug in einer sehr kalten Umgebung. » KPS wurde bei Leuten diagnostiziert, die beruflich mit Leichen hantieren, also beispielsweise aus gerichtsmedizinischen Gründen Gliedmaßen absägen müssen«, erklärte er mir. Und fügte hinzu: »Der Killerkannibale Jeffrey Dahmer hatte bestimmt auch Karpaltunnelsyndrom.«
Check-up: Monat 23
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