Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
und Schaumstoffecken für die Tische. Aber das reichte mir nicht. Ich hab’s dann ein bisschen übertrieben, wie Julie gerne bestätigen wird: Im Internet suchte ich ein ganzes Weilchen nach Herstellern von Babyhelmen. Am Ende kaufte ich keinen – doch immerhin zog ich eine solche Anschaffung eine Zeitlang durchaus in Erwägung. Die Schädelknochen von Babys sind doch noch so weich, wissen Sie? Julie machte sich deswegen ziemlich ausgiebig über mich lustig. Sie machte sich auch darüber lustig, dass ich unseren Söhnen nicht Ein Kater macht Theater vorlesen wollte. Aber dazu stehe ich. In der Geschichte geht es schließlich um einen Jungen und ein Mädchen, die allein zu Hause sind. Und was tun sie? Sie lassen einen wortgewandten Fremden ins Haus. Und dann versuchen sie auch noch, ihren Eltern den ganzen Vorfall zu verschweigen.
Aus dem Grund dachte ich jedenfalls immer, ich sei in Sicherheitsfragen quasi von Haus aus bestens gerüstet. Doch weit gefehlt. Offenbar bin ich ein Unfallpräventionsschlamper. Unsere scheinbar so harmlose Wohnung ist in Wirklichkeit eine Todesfalle. Jedenfalls nach Meinung von Leuten, die noch besessener vom Thema Sicherheit sind als ich.
Ich habe Meri-K Appy zu uns nach Hause eingeladen, die Vorsitzende der gemeinnützigen Organisationen Home Safety Council und Safe Kids USA . Genau wie meine Tante Marti unsere Wohnung auf Giftstoffe filzte, soll Appy unser Daheim auf Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen kontrollieren.
Als ich die Wohnungstür öffne, mustert Appy gerade die Treppenhausdecke.
»Ich will nur rasch nachschauen, ob es im Gebäude eine Sprinkleranlage gibt.«
Nein, gibt es nicht. Verstoß Nr. 1.
Wie man es von einer Sicherheitsexpertin erwartet, ist Appy eine gepflegte Erscheinung. Ihr braunes Haar ist zu einem akkuraten Bob geschnitten. Sie trägt einen adretten blauen Blazer und eine schwarze Bluse. Ich hatte befürchtet, sie würde sich als Schwester-Ratched-mäßiger Drachen erweisen. Doch sie hat keinerlei Ähnlichkeit mit dem Inbegriff der fiesen Krankenschwester aus Einer flog über das Kuckucksnest . Sie ist warmherzig und humorvoll und schickt jedem Hinweis auf gröbere Sicherheitsverstöße ein »Okay, das ist wieder ein Fall für die Besserwisserin« voraus.
Appy ist sprachlos über die Nonchalance, mit der unsere Gesellschaft das Thema Sicherheit behandelt. Beispiel Brandmelder: Für viele Leute gehören seine Warntöne mehr oder weniger in dieselbe Kategorie wie Fahrstuhlmusik – ein Hintergrundgeräusch, das man nach Belieben mental ausblenden kann. Sie erzählt, dass ein Brandmelder zu piepsen anfing, als sie neulich in einem Chinarestaurant essen war. Mit Ausnahme von Appy und ihrer Familie blieben alle Gäste sitzen und löffelten fröhlich weiter ihre Wan-Tan-Suppen in sich hinein. Woraufhin Appy es sich nicht verkneifen konnte, im Rausgehen einer der brandmelderresistenten Tischgesellschaften ordentlich die Leviten zu lesen.
»Ich sage immer: Vor so vielen furchtbaren, grauenhaften Todesarten gibt es kein Entrinnen. Liegt es da nicht nahe, wenigstens etwas gegen die Gefahren zu tun, vor denen man sich schützen kann?«
Wir beginnen in der Küche. Der Raum entpuppt sich als eine einzige Hochrisikozone. Die Messer sind zu leicht zugänglich. Die Topflappen hängen zu nahe an den Herdplatten.
Wir haben einen Rauchdetektor in der Küche, immerhin. Aber wozu? Es gibt ja sogar Leute, die die Dinger in der Küche lahmlegen, weil sie gerne beim Kochen lospiepsen.
So etwas habe ich noch nie gemacht, Hand aufs Herz. Doch so leicht lässt Appy mich nicht davonkommen: Der Rauchmelder ist zu alt (er darf nicht älter sein als zehn Jahre). Seine Batterien müssen jedes Jahr ausgewechselt werden. Und um wirklich sicherzugehen, müsste unser Rauchmelder mit den anderen im Gebäude zusammengeschaltet werden.
»Und einmal im Monat sollten Sie ihn mit dem Handstaubsauger absaugen, um Staubablagerungen zu entfernen«, sagt sie. »Die beeinträchtigen nämlich seine Funktion.
Oh, und sehen Sie zu, dass im Haus eine Sprinkleranlage installiert wird.«
»Mir schwirrt schon der Kopf«, sage ich.
»Ich weiß, das ist alles ziemlich viel. Aber ich mache Sie einfach auf alles aufmerksam, und Sie kümmern sich dann um die Sachen, die am wichtigsten sind.«
Doch sogar Appy, die Königin der Unfallprävention, schafft es nicht, alle Regeln zu befolgen. Sie gesteht, dass sie die vorderen Platten ihres Herds benutzt, obwohl die hinteren unter Sicherheitsaspekten
Weitere Kostenlose Bücher