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Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Titel: Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Jacobs
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Machen Sie sich im Zweifelsfalle mehr Gedanken über anstehende Autofahrten als über anstehende Flugreisen. Machen Sie sich mehr Gedanken über potentielle Brandrisiken als über potentielle Entführer. Treiben Sie Sport, aber nicht so exzessiv, dass dadurch Ihr Familienleben beeinträchtigt wird.
    Und vielleicht, ganz vielleicht sollten Sie den Kauf eines Helms in Erwägung ziehen.

KAPITEL 27
    Die Ziellinie
    Wann immer ich mich dieser Tage auf Skype einlogge, passiert etwas Seltsames. Meine Skype-Adressliste wird angezeigt, und ganz vorne, unter den ersten Einträgen, steht immer noch: »Grandpa Ted«. Und, noch seltsamer: Neben Großvaters Nummer leuchtet ein grüner Punkt, ganz so, als sei er gerade online. Als gäbe es im Jenseits WLan .
    Ich überlege jedes Mal, ob ich seine Nummer anklicken und ihn anrufen soll. Aber dann lasse ich es sein. Es wäre einfach zu deprimierend, wenn er sich nicht meldet.
    Solche Schicksalszeichen fallen mir immer öfter ins Auge – nicht nur am Computer und nicht nur, was meinen Großvater betrifft. Je älter ich werde, desto mehr füllt sich mein mentaler Stadtplan von New York mit Gedenkstätten für tote Freunde und Familienmitglieder.
    Wenn ich an Nick & Toni’s vorbeikomme, einem italienischen Restaurant, muss ich immer daran denken, wie ich vor 15 Jahren dort einmal mit meiner damaligen Freundin Ravioli aß. Sie litt unter Depressionen und nahm sich letztes Jahr das Leben.
    In dem Feinkostladen drüben an der Ecke traf ich gelegentlich Bob, unseren Technikexperten bei Esquire , und unterhielt mich ein Weilchen mit ihm. Er starb mit 51 an einem Herzinfarkt. Allmählich könnte ich eine ganze Memento-mori-Wanderung durch Manhattan machen.

    Und heute begebe ich mich mitten hinein in die Welt meiner Erinnerungen, in die Wohnung meines Großvaters an der 61st Street. Alle Enkel sollen noch einmal vorbeischauen und sich aus seinen Sachen das eine oder andere Andenken aussuchen, bevor dann alles eingelagert, verkauft oder verschenkt wird.
    Meine Mutter schließt die Eingangstür von Wohnung 11-F auf, und sofort steigt mir der vertraute Großvatergeruch in die Nase: eine Mischung aus Muff und Babypuder. Tag für Tag schüttete er sich so viel davon in die Schuhe wie Milch in sein Morgenmüsli.
    Fast habe ich das Gefühl, er sei nur kurz aus dem Haus gegangen, um sich ein Roastbeef-Sandwich zu kaufen. Seine schwarze rechteckige Leselupe liegt noch auf dem Wohnzimmertisch. Die durchsichtigen, würfeligen Figuren auf seinem Plastik-Schachspiel sind ordentlich aufgestellt, als warte er nur darauf, die nächste Partie zu beginnen. Sein Computer mit der riesigen schwarzen Tastatur steht auch noch da, startklar für die Erledigung seiner E-Mail-Korrespondenz.
    Auf dem Weg ins Schlafzimmer trete ich aus Versehen auf ein Hühnerbein aus Plastik, das einer seiner Urenkel unter dem Küchentisch liegengelassen hat.
    Auf Großvaters Bett sind große Pappkartons gestapelt. Eine seiner Töchter hat sie alle mit Filzstift beschriftet: »Bücher 1«, »Bücher 2«, »Fotos 1« und so weiter. Manchmal sind auch anrührende Kommentare auf die Pappe gekritzelt, etwa »New York war seine Stadt« auf einem Karton, in dem eine Biografie des Stadtplaners Robert Moses und eine Auszeichnung der Bürgerrechtsbewegung Urban League verstaut sind.
    Ich bin auf der Suche nach einem ganz bestimmten Andenken – dem Anzug, den Großvater auf Julies und meiner Hochzeit trug. Das war nämlich kein gewöhnlicher Anzug, sondern ein rot-weiß kariertes Ensemble aus Hose und Jackett. Dieser Anzug war echt gewagt und echt klasse, und als ich ihn damals das erste Mal sah, musste ich unwillkürlich an diese kultigen Fernsehsketche aus den Siebzigern denken, in denen Dan Aykroyd und Steve Martin zwei tschechische Möchtegernplayboys spielten. Genau so ein Anzug hätte auch bei ihnen im Kleiderschrank hängen können.
    Ich weiß nicht, ob ich je den Mut aufbringen werde, ihn in der Öffentlichkeit zu tragen. Aber mir gefällt der Gedanke, dass er demnächst in meinem Kleiderschrank hängt, ein kariertes Denkmal zu Ehren eines Menschen, der sein Leben bis zur Neige genoss.
    Ich öffne die Kleiderschranktür. Jede Menge grellbunte Klamotten, aber von dem Anzug keine Spur.
    »Er war bestimmt so abgetragen, dass ihn schon jemand weggeworfen hat«, sagt meine Mutter entschuldigend.
    »Aber wie wär’s denn hiermit?« Sie nimmt einen Kleiderbügel aus dem Schrank, auf dem ein rot-blau geblümtes Hawaiihemd hängt. Nicht

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