Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

die in der Sitcom Modern Family die junge Ehefrau mit dem starken Akzent und den Stilettos spielt. Wir tranken einen Kaffee zusammen und plauderten nett. Das war nicht der Stressauslöser. Doch während des Interviews ließ sie sich lang und breit darüber aus, wie seltsam weibliche Hollywood-Stars doch aussehen, nachdem sie sich einmal zu oft beim Schönheitschirurgen unters Messer gelegt haben. Madonnas Wangenknochen bezeichnete sie als »ziemlich daneben«. Ich fand das lustig, es passte zu dem, was sie sonst noch sagte, also verwendete ich das Zitat in meinem Artikel.
    Als der dann erschien, hieß es in den Klatsch-Blogs gleich, Sofia hätte Madonna den Krieg erklärt. Aufgebrachte Madonna-Fans bombardierten sie mit Hass-Mails. Und was machte Sofia daraufhin? Sie stritt alles ab und twitterte, der Reporter (= ich) hätte versucht, ihr eine Zickenfehde anzudichten. Woraufhin mich andauernd irgendwelche Leute von Entertainment Tonight anriefen, um für ihre Sendung etwas über die Fehde und meine Rolle darin herauszufinden.
    Ich war fuchsteufelswild. »Ich kann’s nicht fassen, dass sie behauptet, ich hätte das Zitat erfunden!«, sagte ich Julie. »Ich habe es schließlich auf Band! Warum sollte ich so was erfinden? Wozu?«
    »Warum regst du dich so darüber auf? Das ist doch albern. Morgen ist die ganze Sache Schnee von gestern.«
    »Nein. Du verstehst das nicht. Was einmal im Internet ist, das bleibt da auch. Bis in alle Ewigkeit. Das Internet vergisst nichts.«
    Sofia Vergara hat meinen Ruf besudelt. So ist das nämlich.
    Ich ging zurück in mein Arbeitszimmer und betrachtete meinen lächelnden Cartoonschädel. Das entspannte mich ein bisschen. Aber nicht völlig – seine freundliche Memento-mori-Mahnung könnte schließlich bald Makulatur sein. Denn für immer gespeicherte Internet-Inhalte sind nicht mehr das Einzige, das womöglich ewig währt, ob uns das nun gefällt oder nicht.
    Wie ich schon sagte, üben Bücher zur Unsterblichkeit eine geradezu zwanghafte Faszination auf mich aus. Einige Wissenschaftler prophezeien, das ewige Leben werde schon bald von der Utopie zur Realität, vielleicht sogar schon zu unseren Lebzeiten.
    Einer Titelgeschichte des Time Magazine zufolge, die sich auf neueste Schätzungen beruft, dürfte es 2045 so weit sein. Die Gentherapie wird dafür sorgen, dass meine kostbaren Telomere lang und stark bleiben. Sirtuine werden meine Muskelkraft bewahren. Und Sofias Beschuldigungen werden mir mein ganzes Tausende Jahre währendes Leben nachhängen, ein ewiger Eintrag im öffentlichen Internet-Strafregister.
    Vergänglichkeit ist eine furchteinflößende Vorstellung. Sie hält jedoch durchaus auch einen kleinen Trost bereit. Man weiß: Irgendwann ist Schluss. Unsterblichkeit hingegen bringt eine ganze Reihe ganz neuer Probleme mit sich.
    Time Management
    Einer der größten Stressfaktoren meines Lebens ist mein chronischer Zeitmangel. Mein Gesundheitsprojekt ist mehr oder weniger eine Vollzeitstelle. Denken Sie nur mal an das, was ich jeden Tag alles machen muss:

Dehnübungen (10 Minuten),
Meditieren (10 Minuten),
Kauen (10 Minuten),
Vor Mahlzeiten das 80-Prozent-Mantra murmeln (Sie wissen schon, das ist diese Selbstverpflichtung, nur zu essen, bis man zu 80 Prozent satt ist) (1 Minute),
Summen (3 Minuten),
Zähneputzen (4 Minuten),
Zahnzwischenräume mit Zahnseide reinigen (2 Minuten),
Ernährungslogbuch führen (5 Minuten),
Feuchtigkeitscreme und Sonnenschutz auftragen (2 Minuten),
Ausdauertraining (45 Minuten),
Hochleistungstraining (20 Minuten),
Wort des Tages auswendig lernen (1 Minute),
Nickerchen machen (25 Minuten),
Vor dem Einschlafen lesen (10 Minuten),
Halswirbelübungen machen (die Ärztin und Autorin Nancy Snyderman empfiehlt Rechts-Links-Nickübungen fünf Mal täglich, um Nackenbeschwerden vorzubeugen) (2 Minuten),
Wohnung lüften (2 Minuten),
Keimbehaftete Oberflächen wie z. B. Fernbedienung und Handy abwischen (5 Minuten),
Kreuzworträtsel und andere Gehirnübungen (20 Minuten),
Treppensteigen statt Aufzugfahren (2 Minuten),
Laufen anstatt Bus- oder Taxifahren (20 Minuten),
Gemüse dämpfen (20 Minuten),
Lachs grillen (20 Minuten),
Salat zubereiten (20 Minuten),
Kopfhörer mehrfach auf-/absetzen (1 Minute),
Sozialkontakte pflegen (1 Stunde),
Gemüse schrubben, um chemische und bakterielle Rückstände zu entfernen (3 Minuten),
Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, u. a. Omega-3-Fischöl, Vitamin B12 und Coenzym Q10 (3 Minuten),
Zukünftiges Selbst achten (1