Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Wahrscheinlich einem Freund aus Highschool-Zeiten. Damals war sie ja ziemlich unterwegs.
    Vielleicht ist sie an einer Salzbrezel erstickt.
    Oder sie ist in der U-Bahn auf die Gleise gefallen und wurde überrollt.
    Ich suchte das Internet nach aktuellen New Yorker Horrormeldungen ab. Nichts über Julies Ermordung oder einen Gasangriff auf das Loews Cineplex.
    Drei Stunden und 40 Minuten später höre ich endlich, wie das Türschloss aufgesperrt wird. Eine Welle der Erleichterung überflutet mich. Aber auch des Triumphgefühls: Ich habe dafür gesorgt, dass ihr nichts passiert ist. Gott sei Dank habe ich das Schicksal mal wieder ausgetrickst.
    Es stellte sich dann heraus, dass die Hauptdarstellerin Juliette Lewis nach Ende der Vorführung überraschend im Kino auftauchte, um mit dem Publikum über ihren Film zu diskutieren. Wahrscheinlich eine Art »Mundpropaganda-Marketing«-Aktion. Deshalb kam Julie so spät nach Hause.
    Ich weiß, solche Sorgen sind ebenso irrational wie ungesund. Stinking Thinking , wie die Psycho-Experten sagen. Schwarzmalerei. Hirnverpestung. Aber mein Gehirn liebt nun mal seine Ängste und hängt sehr an ihnen.
    Vor einigen Wochen kam mir überraschend eine Leserin aus Portland namens Bella zu Hilfe. Sie mailte, sie hätte meinen Esquire -Artikel über den Selbstversuch gelesen, einen Großteil meiner Aktivitäten extern erledigen zu lassen. Ich hatte dafür in Bangalore, Indien, ein mehrköpfiges Team engagiert und mit der Annahme meiner Anrufe und der Beantwortung meiner E-Mails betraut.
    Und nun schrieb Bella: »Vielleicht könnte ich ja einen Teil meiner Sorgen extern an Sie vergeben. Ich bin auf der Highschool in der Abschlussklasse und bemühe mich gerade um einen Platz auf dem College. Ich bin total gestresst, weil ich nicht weiß, ob ich angenommen werde und auf wie viel finanzielle Förderung ich Anspruch hätte. Ich wende mich an Sie, weil Sie in Ihrem Artikel geschrieben haben, es hätte Ihnen sehr geholfen, jemanden zu haben, der Ihnen das Sorgen abnimmt. Vielleicht beruhigt es mich ja ein bisschen, zu wissen, dass Sie sich für mich sorgen. Ich habe zwar kein Geld und könnte Sie daher für Ihre Tätigkeit nicht bezahlen, aber möglicherweise könnten wir ja ein Tauschgeschäft machen: Ich übernehme eine Ihrer Sorgen, und Sie sorgen sich um meine Zulassung zum College. Ich bin eine sehr gute Sorgenmacherin! Eigentlich sogar eine zu gute …«
    Bella macht sich meine Sorgen? Klasse Idee. Ich schrieb zurück, wir seien im Geschäft.
    Am nächsten Tag sorgte ich mich für sie, wie es wohl im Zulassungsbüro von Vassar laufen würde, eine der Universitäten, für die sie sich beworben hatte. Was, wenn der zuständige Mitarbeiter nun ein verdorbenes Hühnchensandwich isst, kurz bevor er sich Bellas Bewerbung durchliest? Was, wenn er sich gerade noch mit seiner Frau gestritten hat? Unser Schicksal – ein Spielball des Zufalls.
    Bella schrieb mir, sie würde sich um den drohenden Abgabetermin für mein Gesundheitsbuch sorgen:
    »Heute habe ich mir viele Sorgen über den Monat Februar gemacht, weil er so kurz ist. Aber dann fiel mir ein, dass Januar und März ja beide einen Tag mehr haben, da können Sie die Arbeitstage, die Ihnen im Februar fehlen, wieder hereinholen. Das hat mich ein bisschen beruhigt.«
    Eine ziemlich abwegige Methode. Aber wissen Sie was? Sie funktioniert erstaunlich gut. Immer wenn ich beim Gedanken an meinen herannahenden Abgabetermin in Stress gerate, sage ich mir, dass Bella die Lage voll im Griff hat. Und bei Bella ist es genauso. Unser Sorgentausch bewährt sich auch für sie.
    Er bietet Magischen Denkern wie mir alle Vorteile ordentlicher Sorgen, doch ohne den sonst üblichen nervenzermürbenden emotionalen Tribut. Ich für mein Teil kann Ihnen einen Sorgentausch nur wärmstens empfehlen.
    Julie allerdings fragte mich, ob ich nicht in Sorge sei, Bella würde mich belügen und sich in Wirklichkeit gar nicht um meine Sorgen kümmern. Vielleicht sollte ich mir jemanden suchen, an den ich diese Sorge extern vergeben kann.
    Des Menschen allerbester Freund
    In New York gibt es ein Gesetz, das Erwachsenen den Zutritt zu Kinderspielplätzen ausschließlich in Begleitung eines Kindes gestattet. Ein Erwachsener darf da nicht einfach reinmarschieren und am Klettergerüst herumlungern.
    Ich bin froh, dass für die New Yorker Hundezonen keine solche Vorschrift existiert. Man braucht keinen Hund, um sich auf Hundewiesen aufhalten zu dürfen. Also habe ich mich in den letzten